Part 12

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"Sie wollen doch sicherlich mit ins Krankenhaus?" Erst bei diesem Satz setzte mein Gehirn wieder ein, hektisch nickte ich und stand auf, doch fiel taumelnd wieder zurück auf den stein, aufdem ich gesessen hatte.
Der Arzt nickte und stützte mich. Wir gingen in den Wagen und fuhren mit lauten sirenen zurück ins Krankenhaus. Allerdings waren wir nicht wie gewöhnlich hinten im Wagen, sondern ich saß auf dem Beifahrer platz. Wieso eigentlich?
Genau das fragte ich den Arzt auch, kurz darauf antwortete er: "ihre Mutter hatte einen schweren Unfall. Meine Kollegen versuchen gerade alles mögliche, um sie stabil zu halten." Es sammelten sich noch mehr Tränen in meinen Augen als vorher.
Es ist möglich, dass sie meinetwegen stirbt. Alleine meinetwegen.
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und fing an zu schluchzen. Normaler weise ist mir das vor Fremden, oder generell anderen Menschen, total peinlich, aber in diesem Moment war mir alles egal. Ich sah verschwommen und spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Alles tat weh.

"Gibt es weitere Angehörige?" Ich blickte auf.
"Ja." Wisperte ich; "Ja, meine Oma."
"Sonst noch jemanden? Einen Mann, Geschwister, weitere Kinder,...?"
"Nein. Nur meine Oma."
"Okay, dann werden wir Ihre Oma umgehend verständigen, sobald wir angekommen sind." Ich nickte. Mein Blick richtete sich stur auf die Straße. Meine Augen verschwommen unter einem tiefen Tränenmeer der Trauer.

(...)

Die plastikstühle waren ziemlich unbequem, weshalb ich nicht auf ihnen saß. Ich lief den Flur auf und ab, doch entfernte mich nie weit von der Tür, aus der wir jeden moment gute Nachrichten bekommen würden. Hoffentlich.
Oma hingegen saß zitternd auf dem ersten Plastikstuhl, was auch besser für ihren Rücken war. Es war still. Das einzige was zu hören war, waren meine schritte, vereinzelnde Ding Töne vom Fahrstuhl und das leise schluchzen meiner Oma.

"Ich.. ich hätte nicht gedacht, dass ich den Tod meiner Tochter mitbekommen würde." Wisperte Oma leise.
"Nein, Oma. Sag sowas nicht! Wir müssen hoffen." Ich ging auf sie zu und legte meine Hände auf ihre Knie, die sie mit ihren Händen umschloss. Sie versuchte mich anzulächeln, doch schaffte es nicht.
"Ich meine.. dass du und Tanja zu meiner Beerdigung kommen würden, war mir klar. Aber dass Tanja vor mir diese erde verlassen würde, da-"
"Oma!" Unterbrach ich sie und sah sie energisch an.
Omas Unterlippe bebte. Sie würde jeden Moment in Tränen ausbrechen und sich auf dem ungemütlichen Stuhl zusammen kauern.
"Ich hätte an ihrer stelle sein müssen." Gab sie kleinlaut von sich und schwieg.

Die Tür ging auf. Der selbe Arzt, der vorhin versuchte mich zu beruhigen trat heraus und zeigte uns mit einer Handbewegung, dass wir rein kommen sollten.

Oma und ich sprangen auf und liefen in den Raum, in dem Mama seelenruhig im Bett lag. Ihr atem war ruhig, der Herzschlag langsam und schwach, doch er war da.
Ich stürtzte mich zu ihr und zerquetschte beinahe ihre linke hand. Ich lächelte sie an, als mir erneut Tränen in die Augen schossen.
Doch es waren andere Tränen. Sie waren ebenfalls heiß, und meine Blick verschwamm. Doch ich war froh. Ich war glücklich, richtig glücklich! Wir wissen doch alle, wie gefährlich Autounfälle sein konnten. Doch meine Mutter hatte es geschafft!
Sie hielt sich tapfer am Leben.
Sie war stark.
Das war sie schon immer.
Sei es die Trennung von meinem Vater oder der Tod ihres Vaters. Sie blieb immer positiv und war immer lebensfroh.
Ich hätte es mir niemals verzeihen können, wenn ich an ihrem Tod schuld gewesen wäre. Was für ein Sohn wäre ich denn bitte?

Oma legte ihren Kopf auf Mamas Brust und kniff die augen zusammen: "ich glaub es nicht.. sie lebt tatsächlich." Weinte sie glücklich und setzte sich neben mich.
"Bleib bei uns, Tanja." Flüsterte Oma.

Der Arzt kam zu uns und schien sich zu freuen, wie glücklich wir waren: "mein Name ist übrigens Doktor Schütz." Er stellte sich ins Blickfeld von Oma und mir und fuhr fort: "Ich will ihre gute Laune in keiner Art und Weise verderben, doch ich hoffe, Sie wissen, dass dieser Autounfall wirklich nicht ohne war. Frau Hazy könnte jeder Zeit-" ein schrilles piepen unterbrach ihn.
Es klang alarmierend. Sehr alarmierend.
Sofort stürmten mehrere Ärzte in den Raum und sprinteten zu meiner Mutter.

Panisch fiel mein Blick zu den Bildschirmen, auf denen man ihre Atmung sowie ihren Herzschlag sehen konnte.
Eine lange lienie zog sich über den Bildschirm. ||

die Formel des Lebens || dizzi Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt