~Die schrecklich schönen Dämonen~

6.7K 509 54
                                    

Lucian

Adrian musterte mich nochmal, dann hielt er mir die dritte Schrift hin. Mir fiel auf, dass die Schrift genauso aussah wie die meines Vaters, selbst das Siegel war dasselbe. Wieder zitterten meine Finger, als ich diese Schrift an mich nahm. Wieder brach ich das blutrote Siegel. Sofort fiel mir auf, dass die Schrift eine andere war, eher weiblich.

Lucian, mein kleiner Junge, wenn du das hier liest ist der Dämon befreit und du bei ihm. Du hast wahrscheinlich auch schon den Brief deines Vaters gelesen. Es tut mir unglaublich leid, dass wir dir das angetan haben. Kyle wirkte nur so überzeugt. Ich habe eine Maßnahme getroffen, mit der du doch noch glücklich werden kannst.

Bitte gib Adrian diesen Brief, wenn du wissen möchtest, was dein Vater vor dir verborgen hat. Er wird wissen, was gemeint ist.

Deine Mutter

PS: Ich hoffe, dass du glücklich wirst.

El fin es el principio del amor

Ich zögerte noch kurz, dann reichte ich das Schriftstück an Adrian. Er nahm es an und überflog den Text, bis er schließlich die unteren Zeilen erreichte.

Er zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe und meinte dann: „Du willst wirklich, dass ich den Zauber spreche? Denk gut darüber nach."

Ich sah dem Dämon direkt in die Augen und sagte entschlossen: „Ja, das möchte ich."

Adrian nickte bloß, was mich schon etwas verwunderte. Warum wohl? Es wirkte fast so, als wüsste er, was passieren würde. Gerade wollte ich nachfragen, da erinnerte ich mich daran, dass wir hier waren, damit er mir zeigen konnte, dass er mein Vertrauen verdiente. Also klappte ich meinen Mund wieder zu.

„Setz dich am Besten auf den Samt, dass könnte etwas anstrengend werden", warnte Adrian mich vor.

Ich stand zögernd auf und ließ mich dann vorsichtig in den Sarg fallen der, nebenbei erwähnt, unglaublich bequem war. Und groß, wahrscheinlich sogar groß genug für drei ausgewachsene Troll. Neugierig beobachtete ich, wie der Dämon sich ebenfalls von den Stufen erhob und sich dann auf den Weg zu einer Truhe machte, die etwas am Rand des Raumes stand.

„Warum ist dein Sarg eigentlich so groß? Ich meine, ich kann ja verstehen das es Leute gibt, die bei allem eine Extrawurst wollen, aber das ist dann doch schon etwas übertrieben", rutschte es mir schließlich heraus, als Adrian mit vier schwarzen Kerzen zurückkehrte.

Er ließ ein leises Lachen hören und sah mich mit amüsiert funkelnden Augen an.

§Mein Sarg ist so groß, da ich für die Zukunft geplant habe."

Automatisch rutschte mir ein „Weil du dann irgendwann so dick bist, oder wie?" raus.

Entgegen meiner Erwartung brach der Dämon jetzt in schallendes Gelächter aus, was sich wirklich gut anhörte. Es war ein eher dunkler, sanfter Ton, an den ich mich auf jeden Fall gewöhnen könnte. Schnell schüttelte ich den Kopf um den Gedanken zu verdrängen und beobachtete den Dämon dabei, wie er es sich auf der anderen Seite des Sarges gemütlich machte und die Kerzen in einem Viereck um sich herum verteilte.

Das leichte Flackern und die ungewohnt rote Färbung des Lichts beleuchtete sein Gesicht und spiegelte sich in seinen dunklen Augen, ein wirklich atemberaubendes Spektakel. Es wirkte fast so, als würden die Flammen in seinen Augen und in seinen Haaren gefangen sein und nur für ihn ihren schönsten Tanz vorführen.

Ich schluckte leicht als mir auffiel, was ich da dachte. Aber es stimmte, der Dämon war faszinierend. Ich hatte es früher nicht verstanden, aber jetzt wo ich das einsah, wurde mir klar, weshalb alle von den schrecklich schönen Dämonen sprachen.

ʟᴜᴄɪᴀɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt