Runaways

Jonah

Jonah und ich trafen vor einigen Jahren zum ersten Mal aufeinander. Ich mochte ihn. Er war cool, er war laut, wir hatten einen ähnlichen Freundeskreis. So kam es, dass wir etwa zur gleichen Zeit mit dem Tanzen anfingen.

Er eröffnete mir eine neue Form von Selbstbewusstsein. Ihm war es egal, was andere dachten. Ich muss es zugeben, manchmal war seine Art einfach nur noch anstrengend. Und wehe dem, der seine schlechte Laune abbekam! Aber das war nun einmal Jonah.

In der Schule war er gut. Er lernte nicht übermäßig viel, es flog ihm beinahe zu.
Kontaktfreudig stand ihm auf die Stirn geschrieben. Er sprach mit allem und jeden über Gott und die Welt. Er wusste zu jedem Thema etwas zu sagen. So war es auch mit dem Tanzen. Schnell freundete er sich mit den Profis an und entwickelte einen enormen Ehrgeiz. Er wurde gut. Sehr gut. Aber es war nicht genug, wie er mir mitteilte.

Nicht für seinen Vater. Er schlug Jonah nie. Das ging gegen seine Prinzipien. Aber er schrie. Viel. Laut. Er machte ihm unheimlich Stress. Ich weiß bis heute nicht, wie genau dieser aussah. Wenn er traurig war, sagte er immer nur, zuhause sei die Hölle los.

Seine Schwester war magersüchtig. Zu seinen Großeltern hatte er keinen Kontakt. Er hasste sie für so viele Dinge, von denen ich keine Vorstellung hatte.

Dieses eine Gespräch werde ich nie vergessen. Er erzählte mir, er glaube, manisch-depressiv zu sein. Nebenbei. Als sei es keine große Sache. Ich konnte keine Antwort finden. Er sagte, er würde sich in letzter Zeit oft übergeben. Dass seine Schwester wieder zuhause sei und wieder abgenommen hätte. Dass er Drogen nahm. Dass er sich ritzte. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich wusste, dass es keinen Sinn haben würde, ihm Hilfe anzubieten.

Aber wenige Minuten später lachte er wieder mit seinen ahnungslosen Freunden. Seine Augen leuchteten so hell, dass ich es ihm beinahe abkaufte.

Das Leben lief seinen Gang. Er war frech und nervtötend und ehrgeizig und herzlich.

Bis zu dem Tag, als man nur noch sieben Worte fand, und sich jeder fragte 'Wieso?'.