1. Brief

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Wenn du das hier liest, werde ich nicht mehr bei dir sein können.

Nicht mehr körperlich, doch immer noch in deinem Herzen.

Man sagt, solange man sich an die Toten erinnert, leben sie in unseren Herzen weiter, und genau das glaube ich.

Ich will, dass du dich an mich erinnerst, Ilona, an alles Gute und Schlechte.

An einfach alles.

Vor allem sollst du nie dieses Gefühl unserer Liebe vergessen, denn es war echt.

Wir waren echt.

Ich weiß, du bist wütend auf mich.

Ich weiß, ich hätte dir davon erzählen müssen, und es tut mir so unglaublich leid, dass ich es nicht tat.

Aber Ilona, Glitzermädchen, du hast mich verzaubert.

Von der ersten Sekunde an, als du in deinen Schal gelacht hast und dachtest, ich würde es nicht merken, als ich mit meinem schlechten Englisch dem Touristen versucht habe zu erklären, welchen Weg er zum Supermarkt gehen muss.

Ich glaube, der Mann hatte kein Wort von dem, was ich sagte, verstanden, ich hatte mich ja nicht einmal selbst verstanden.

Ich sah nur deine zuckenden Mundwinkel, bevor du sie in deinem schwarz-weiß karierten Schal versteckt hast.

Ich konnte meinen Blick nicht von dir abwenden, als du dann in beschwingtem Schritt die Straße überquertest, jedem Menschen ein Lächeln schenkend.

Von dem Moment an war ich verloren, von dem Moment an hatte ich dir mein Herz gegeben, obwohl ich absolut nichts von dir wusste.

Ich wusste nicht, wie du heißt, wusste nicht, wie du mein Leben verändern würdest.

Ich wusste nicht einmal, ob ich dich überhaupt jemals wiedersehen würde.

Es muss Schicksal gewesen sein, unser Treffen in dem Supermarkt am nächsten Tag, zu dem ich dem Engländer den Weg nicht hatte beschreiben können.

Manchmal führt das Schicksal Menschen zusammen, bevor es sie wieder auseinanderreißt.

Ich weiß, du hättest vieles anders gemacht, hättest du es gewusst.

Du hättest mir öfter gesagt, wie sehr du mich liebst, du hättest mich öfter geküsst, hättest nicht so lange mit unserem ersten Mal gewartet.

Doch genau das war es, was ich wollte, das war es, was ich brauchte.

Ich wollte alles in deinem Tempo machen, selbst wenn die Zeit nicht gereicht hätte, um miteinander zu schlafen.

Ich wollte, dass alles zwischen uns echt ist, ich wollte jeden Moment genießen.

Ich wollte mich die letzten Monate, die mir noch blieben, einfach wie ein echter Mensch fühlen, wie ein gesunder Mensch, der in ein unglaubliches Mädchen verliebt ist.

Denn das bist du, ein unglaubliches Mädchen.

Ich weiß, dass kein Mensch perfekt ist, doch für mich bist du perfekt.

Als wir uns geliebt haben, habe ich zum ersten Mal gespürt, wie verdammt nahe man einem Menschen kommen kann, wie eng man miteinander verschmelzen kann.

Ich habe dein ganzes Ich gespürt, alle Teile deiner Selbst, und es war ein absolut ergreifendes Gefühl.

Es sollte verboten sein, einem Menschen so unglaublich nahe zu kommen.

GlitzermädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt