Kapitel 5

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Zum ersten Mal seit langem weckte mich kein Toni oder Nia. Es war mein Wecker, der laut neben mir klingelte.

Müde tippte ich auf den Bildschirm und schaltete ihn aus. Dann ließ ich mich wieder ins Bett zurück fallen und wollte wieder einschlafen, doch die Klingel der Wohnungstür ließ mich ganz wach werden.

Ein wenig genervt torkelte ich zur Sprechanlage. "Ja?", murmelte ich hinein. "Ich bin eine Freundin von Luna. Ich denke ich habe etwas was dir vielleicht hilft." Ich wusste, dass es genau so gut ein Trick sein konnte, doch niemand außer Toni, Nia, ich und vielleicht noch Julien wussten von Luna, also drückte ich den Knopf und ließ das Mädchen hinein.

Nun war ich ganz wach. Ich sprintete ins Schlafzimmer und zog mich, so schnell ich konnte, an. Keine Sekunde nachdem ich fertig war, klingelte die Tür.

Ich fuhr mir noch kurz durch die Haare und öffnete die Wohnungstür. Ein blondhaariges Mädchen stand davor. Es hatte einen Brief in der Hand. Ihre Dunkeln Augen schauten mich trübe an.

"Du bist..." "Lea.", sagte sie monoton. "Komm rein.", sagte ich bloß und machte die Tür ein Stück weiter auf. Sie erinnerte mich stark an mich selbst.

Lea setzte sich auf die Couch und starrte den Brief in ihrer Hand an. Ich schloss die Tür wieder und setzte mich zu ihr.

"Du warst dabei, als sie..." Lea stockte. Sie sah mir nicht in die Augen. "Nein. Nur bei einem Versuch.", antwortete ich leise und warf ebenfalls einen Blick auf das Stück Papier.

"Das... habe ich in ihrem Schlafzimmer gefunden." Sie streckte ihre zitternde Hand aus und überreichte mir den Brief. Ich sah ihr kurz in die Augen, dann nahm ich ihr ihn ab und öffnete ihn.

Liebe Zina und Lea,

Ich denke ihr werdet dies nach ein paar Monaten meines Ablebens finden.

Ich habe diesen Brief geschrieben, weil ihr euch vielleicht wegen irgendetwas Vorwürfe macht. Mir fällt kein Grund ein warum ihr das machen solltet, doch man kann ja nie wissen. Ich will euch erklären warum ich das getan habe, was ich getan habe.

Zina, du kennst den Schmerz, wenn man ein Familienmitglied verliert. Du hast deinen Bruder verloren, als du 16 Jahre alt warst. Ich habe diesen Schmerz erlebt, nur viel, viel stärker. Ich habe meine gesamte Familie verloren und das in einem Monat. Der Schmerz war einfach nicht mehr zu ertragen, deswegen bin ich von einer Brücke gesprungen. Vielleicht geht es mir dort wo ich jetzt bin, besser als auf der Erde? Bitte trauert nicht um mich und blickt nach vorne! Das was ich getan habe ist schon lange vorbei und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Akzeptiert bitte meine Entscheidung. Ihr zwei habt, wie schon gesagt, NICHTS damit zu tun!

Viel Glück noch in eurem weiteren Leben.

Eure Luna.

Ich laß mir den Brief mehrmals durch. Auch wenn er an Lunas Freundinnen gerichtet war, half er mir sehr weiter. Luna wollte nicht, dass ich um sie trauerte. Doch das war doch voll respektlos! Ich würde niemals aufhören ihr nach zu trauern.

"Ich dachte es hilft dir vielleicht.", sagte Lea traurig. "Das tut es. Doch ich werde nie aufhören um sie zu trauern." Ich gab ihr den Brief zurück. Lea nickte nur und stand auf.

"Ich sollte dann wohl wieder gehen.", murmelte sie und ging langsam Richtung Tür los. Ich hätte noch gerne weiter mit ihr geredet. Sie war in der selben Situation wie ich, auch wenn Luna eine richtig gute Freundin von ihr war und ich sie nur flüchtig kannte, und verstand mich einfach.

Ich folgte ihr und machte Lea die Tür auf. Sie warf mir einen gezwungen dankbaren Blick zu und trat hinaus.

"Danke das du da warst.", sagte ich noch. "Schon in Ordnung." Mit diesen Worten, machte Lea sich daran die Stufen runter zu gehen. Ich schaute ihr kurz hinterher und schloss dann die Tür.

In Gedanken ging ich noch einmal den Brief durch. Ich sollte nach vorne schauen, schrieb sie. Wie sollte ich mir eine Zukunft ohne Luna vorstellen? Vik! Du kennst sie doch gar nicht! Hör auf! Stritt ich mit mir selbst.
Ich wollte jetzt unbedingt mit Luna sprechen. Vielleicht war der Geist der mir immer bei der Brücke erschien, doch ihr echter Geist? Wenn nicht war es auch egal. Ich wollte einfach nur ihr Gesicht sehen.
Ich stand auf und zog mir Jacke und Schuhe an. Dann trat ich aus der Wohnung und machte mich auf den Weg zur Brücke.

Mit dem Longboard fuhr ich auf die Brücke und hielt in der Mitte an.
Das Rauschen des Flusses beruhigte mich ein wenig. Auch wenn ich wusste, dass dieses Rauschen Luna umgebracht hatte.

Ungeduldig wartete ich auf den Geist. Doch nichts erschien. Keine Luna die mir sagte, dass ich los lassen sollte. Das ich sie vergessen sollte.
War der Psychologe etwa daran schuld? Ich hätte niemals zu ihm gehen dürfen!
Ich lehnte mich ein wenig über die Absperrung und starrte in den reißenden Fluss. Konzentriert schloss ich die Augen.

Luna! Bitte! Ich will doch nur mit dir reden! Bat ich. Doch immernoch kam nichts. Warum sie wohl nicht kam? Wusste sie, dass es mir besser ging oder war sie etwa wütend, weil ich den Brief gelesen hatte, der an Lea und Zina gerichtet war? Ich würde auf jedenfall nicht einfach so aufgeben! Ich bleibe so lange hier stehen, bis sie auftaucht!

Gesagt, getan. Etwa eine Stunde stand ich so da und schaute mich immer mal wieder um. Manchmal kamen Fans vorbei und schossen mit mir ein Foto.
Nach 2 Stunden dann, gab ich doch auf. Sie würde heute nicht mehr kommen. Traurig und enttäuscht machte ich mich auf den Heimweg.

Wie viel der Tod zerstören kann (Vik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt