9. Kapitel

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"Was war das denn bitte eben? Ich dachte du sprichst kein Gälisch?", Linn sieht mich an, als wäre mir gerade ein zweiter Kopf gewachsen.

"Ach du Scheiße, Cleo! Du musst mir unbedingt Nachhilfe geben!", das Unglauben von Linn spiegelt sich in Aidens Augen nicht wieder. Er sieht eher aus, als wäre erStolz? Seltsam.

Um ein Lächeln gezwungen versuche ich mich unauffällig etwas umzusehen. Die Menge, die sich vorher noch um das Lagerfeuer versammelt hatte, verteilte sich, kaum, dass der alte Mann aus seiner von Zeus verursachten Trance erwacht war und dieser das Schauspiel für beendet erklärte, in alle Windrichtungen. Dennoch spüre ich nach wie vor einige misstrauische Blicke auf mir.

Ein fremdes Mädchen aus einem fernen Land, das eine Jahrtausende alte, kaum noch verwendete Sprache beherrscht. Kein Wunder, dass mich einige der umstehenden Männer und Frauen mit einer Mischung aus Misstrauen, Verwirrung und einer gewissen Neugierde ungeniert anstarren.

"Ich bin schon ziemlich müde. Wann wollt ihr denn diese Krasse Party verlassen?", frage ich scherzend.

Da die Anderen nach dieser Aktion auch nicht mehr wirklich in Feierstimmung sind, beschließen wir, uns auf den Heimweg zu machen.

Vermutlich werde ich in dieser Nacht auch wieder kein Auge zu machen können. Zuerst dieses seltsame Mädchen, dann Zeus. Was kommt als nächstes? Ein wütender Minotaurus der unser Auto rammt?

"Oh verdammt!", schimpfe ich halblaut vor mich hin. Warum denke ich soetwas? Bei meinem Glück geschieht es am Ende noch wirklich. Wieso kann mir nicht einmal was Angenehmes passieren?

"Vielleicht wartet zu Hause ja ein Babykätzchen auf mich", murmle ich und stapfe weiter auf das Auto zu.

"Mann, jetzt hat sie vollkommen den Verstand verloren", höre ich Aiden hinter mir tuscheln. Als ein leises Kichern ertönt drehe ich mich augenblicklich um.

"Träume ich bereits oder hast du gerade wirklich gekichert wie ein kleines Mädchen?"

Ertappt starrt Linn auf die Schuhspitzen ihrer Springerstiefel. Aiden wirft mir einen bedeutungsschweren Blick zu, woraufhin ich die nächste bin, die ein Kichern nicht unterdrücken kann.

"Ihr seid ja solche Mädchen", meckert Linn und erhöht ihr Tempo um an uns vorbei zum Auto zu gelangen.

"Ach komm schon Linni-Spinni, du magst mein inneres Mädchen doch, genauso wie denn Rest von mir. Ich bin eben einfach umwerfend", fehlt nur noch der elegante Haare über die Schulter werfen-Move und Aidens Auftritt als Diva wäre perfekt.

Zum Glück sitzt Linn auf dem Rücksitz der Beifahrerseite zu weit von unserer Diva entfernt. Ansonsten würde ich lieber zu Fuß heimgehen wollen. Doch so ist es mit ein paar Beleidigungen getan. Schnell versuche ich das Thema zu wechseln.

"Glaubt ihr eigentlich an das Alles? Diese Mythen und Legenden, die in diesem Land wohl mehr Gewicht haben als moderne Wissenschaften?", ich weiß selbst nicht, wo diese Frag herkommt, doch die Antwort interessiert mich wirklich.

Einige Sekunden bleibt es still und nur das Brummen des Motors ist zu hören.

"Ich weiß, dass hört sich richtig Klischeehaft an, aber ich glaube, dass an jeder Legende auch ein Fünkchen Wahrheit dran ist. Wie sollte man sonst auf so abgedrehte Geschichten kommen?", Aiden zuckt mit den Schultern.

Einige Zeit vergeht, und ich rechne schon gar nicht mehr mit einer Antwort, als ich Linns Stimme hinter mir vernehme.

"Ich sag es zwar nur ungern, aber Diva hat Recht. Die alten Geschichten mögen zwar zum Großteil erfunden sein, dennoch ist immer ein tieferer Sinn dahinter. Sei es eine stille Warnung oder ein Verhaltensgrundsatz. Alles hat einen Sinn und sei er noch so unbedeutend oder klein. Cleo..."

Das Kind der Götter - OzeanblauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt