Kapitel 1

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Wir schrieben das Jahr 1928. Der Winter war sehr hart, die Flocken fielen nur so vom Himmel herab und die Temperaturen lagen eindeutig im Minusbereich. Es war eiskalt. Natürlich war das Leben auf der Straße um diese Jahreszeit alles andere als angenehm...

Ich zitterte am ganzen Körper, meine Hände und Füße spürte ich schon gar nicht mehr. Ich zog mir die dünne Stoffdecke noch tiefer ins Gesicht. Diese Decke war das einzige was mir Wärme gab, abgesehen von der befleckten Bluse, der Hose und dem dünnen Mantel, den ich trug. Ich konnte mich noch glücklich schätzen, einigen Leuten, die wie ich auf der Straße leben mussten, ging es noch schlechter. Es war sehr still in der Gasse, in der ich an einer Wand gelehnt saß. Das einzige was ich hören konnte, war das Geklapper meiner Zähne. Ich saß zum Glück an einer Stelle, wo ich nicht eingeschneit werden konnte. Ich beobachtete die tanzenden Schneeflocken, als plötzlich eine Kutsche in die Gasse einbog. Ich sah die schönen, weißen Lipizzaner, die die Kutsche zogen. Der untere Teil ihrer Beine war jedoch nicht mehr weiß, sondern grau vom dreckigen Schnee. Ich beobachtete, wie die Kutsche immer näher kam. Die Räder der Kutsche rollten durch den Matschschnee, der nur wenig entfernt von mir lag und als die Kutsche an mir vorbeifuhr wurde ich von dem ekligen Schnee bespritzt. Ich schrie kurz auf, als ich noch mehr Kälte und zu meinem Unglück jetzt auch noch Nässe verspürte. Diese Nässe lies mich nur noch mehr zittern, als mir der kalte Wind ins Gesicht peitschte. Ich hatte irgendwie die Befürchtung, das ich diese Nacht nicht überstehen würde... Ich schloss meine Augen, doch als ich ein "Hooo" hörte öffnete ich sie wieder und sah erstaunt, wie die Kutsche, einige Meter von mir entfernt, anhielt.

Die kleine Tür öffnete sich und ein Mann trat hinaus. Er schaute sich kurz um, bis er in die Richtung von mir blickte. Schnell schaute ich weg. Wieso hatte er bloß Halt gemacht? Ich sah aus den Augenwinkeln, wie der Mann auf mich zukam. Ich schloss wieder die Augen und tat so, als ob ich schliefe. Mein Zittern musste mich wohl verraten haben, den einige Sekunden später fühlte ich eine Hand auf meinem Oberarm. "Mädchen, was tust du hier?", fragte mich eine männliche Stimme. Ich öffnete die Augen und musterte den Mann. Er hatte schwarze Haare, braune Augen und einen kleinen Schnauzer, bestimmt schon älter als 30. Als ich ihm keine Antwort gab, zog er mich am Arm hoch. "Komm", sagte er und zog mich hinter sich her. Was hatte er vor? Er führte mich zur Kutsche und machte mir eine Geste, die bedeuten sollte das ich einsteigen soll. Ich tat es einfach, ohne weiter darüber nachzudenken. Allemal besser, als halb erfroren in dieser Gasse zu liegen. Die Kutsche setzte sich in Bewegung und der Mann saß gegenüber von mir. "Na mein Kind, wie heißt du denn?", fragte er schließlich. "B-b-ella E-e-e-vans", stotterte ich meinen Namen. Ich brachte kaum ein Wort raus, weil mir immer noch so kalt war. "Bella Evans?", vergewisserte sich der Mann. "J-ja", antwortete ich ihm. "Nun Bella, was hat ein so hübsches Mädchen wie du auf der Straße verloren?", er lächelte. Ich hätte ihm erzählen können, das meine Eltern sehr früh gestorben waren und ich seither bei meinem gewalttätigen Onkel gelebt hatte, vor dem ich dann aber vor 2 Jahren abgehauen bin und seitdem auf der Straße lebte. Ich hielt das aber für unnötig, was interessierts ihn auch? Er kennt mich seit gerade mal 5 Minuten. Ich zuckte nur mit den Schultern. "So so...", sagte der Mann, "ich bin Peter." Ich lächelte nur leicht. "So wie es scheint, bist du nicht sehr gesprächig Bella, oder?", fragte Peter. "W-wo fahren wir hi-i-in?", lenkte ich ab. Anstatt mir zu antworten beugte sich dieser Peter vor zu mir und strich mir mit seiner Hand über die Wange. "Hmm, unwichtig... du bist eine echte Schönheit." Er betrachtete mich genau. Von meinen braunen Haaren zu meinen Lippen, bis hin zu meinen braunen Augen. Es war mir sehr unangenehm, das mich Peter als 'Schönheit' bezeichnete und mich so genau musterte. Er ist mir doch viel zu alt. Ich bin 19 und er ist sicher schon über 30! Er fuhr mit seinem Daumen über meine Lippen. Ich schlug seine Hand weg. Er schaute mir fest in die Augen. In seinem Blick lag etwas bedrohliches und eigentlich wollte ich gar nicht mehr hier in dieser Kutsche sitzen. Warum war ich bloß eingestiegen? "Bella Bella Bella...", er fing an mit Lachen. Mir wurde die ganze Situation immer unangenehmer. "Nicht so schüchtern Liebes...", er beugte sich wieder weiter zu mir und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel. "Bitte fassen sie mich nicht an!", sagte ich und schob seine Hand von meinem Oberschenkel. Meine Stimme war ziemlich fest, was mich wunderte da mein Zustand nicht der Beste war. "Das ist also dein Dank dafür das ich dich gerettet habe?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zur Seite und aus dem kleinen Fenster, das die Kutsche hatte. Was heißt den bitteschön 'gerettet'? Ich hatte bestimmt nicht um Hilfe geschrien. Ich schaute zu Peter, dessen Gesichtsausdruck wütend war. Ich hatte beinahe Angst vor ihm. "Du hast mich nicht gerettet." Er schmunzelte. "Doch, das habe ich. Ich hätte dir noch 2 Stunden gegeben, bis du starke Erfrierungen gehabt hättest und noch mal 2 Stunden bis dein wunderschöner Körper leblos auf dem Boden gelegen hätte... was wäre das nur für eine Verschwendung gewesen..." Er blickte wieder an meinem Körper auf und ab. Jetzt reichte es! Ich wollte mit keinem Pädophilen hier sitzen! "I-ich werde da-nn mal gehhhen", stotterte ich und diesmal lag das Stottern nicht an der Kälte, sondern daran, das mir Peter nun wirklich Angst machte. Peter rief irgendetwas, das der Kutscher wohl hörte und die Kutsche blieb stehen. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Er wollte mich also gehen lassen. Ich wollte gerade die kleine Tür öffnen, durch die ich wieder die Freiheit erlangen würde, als ich durch das kleine Fenster sah, wie zwei Männer von außen die Kutschentüren verriegelten. Geschockt schaute ich zu Peter, der nur grinste. "Du wirst nirgendwo hingehen, meine Liebe!", sagte er und kam mir schon wieder näher...

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das war das erste Kapitel :D an der Seite seht ihr die Kutsche. So könnte sie ungefähr aussehen, vielleicht etwas größer ^^ ... achja und ich weis, das es zu dieser Zeit auch schon Autos gab, aber ich konnte mir die Szene irgendwie besser mit Kutsche vorstellen :D

Lots of love

I will always love only you || H.S *on hold*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt