Mr. Grey

666 32 7
                                    

In diesem Moment knackte das Schloss der Gefängniszelle. Die Frau schaute mich erschrocken an und flüsterte mir zu: "Sie kommen... Hier nimm die!!!"
Sie drückte mir die immer noch umgedrehten Karten in die Hand, gerade rechtzeitig denn in diesem Moment wurde ich am anderen Arm aus der Zelle gezogen.
Zur Verabschiedung hob sie ihre Hand und machte ein Peacezeichen.
Ich zeigte ihr darauf das Zeichen von Tribute von Panem. Ihr wisst schon, dass wo man den kleinen Finger unter den Daumen klemmt...
Sie nickte mir ein letztes Mal beträchtlich zu und dann schloss sich die Tür vor meiner Nase.
Der Wärter war scheinbar ziemlich in Eile, denn bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte, wo es hingeht, wurde ich schon weitergezogen.
Das gibt bestimmt blaue Flecken. Bei dieser Erkenntnis verzog ich mein Gesicht.
Er zog mich durch einen Flur mit ziemlich grellen Neonlampen an der Decke.
Ganz klassisch, wie aus dem Horrorfilm.

Wir stoppten vor einer grauen Tür und betraten den Raum. Staunend sah ich mich um.
Das Einzige, was in diesem Raum nicht grau war, war ich mit meinen Pantoffeln und dem Sponge Bob-Schlafanzug.
Wirklich. Der ganze Raum war grau. Der Boden. Die Decke mit grauen Wänden. Die Lampe. Die Stühle und der Tisch. Selbst der Mann, welcher auf einem der Stühle saß, hatte einen grauen Anzug an.
Als ich an ihm hoch schaute, fiel mir auf das sogar seine Augenfarbe grau war. Kurz fing ich an ihn einmal von oben bis unten zu betrachten.
In diesem Moment räusperte sich der Mann und ich schaute zurück zu seinen Augen. Gut, ich musste zugeben für sein Alter, ca. 40, sah er nicht schlecht aus.
"Also Miss...?"
"Miss reicht! Hier habe ich keinen Nachnamen, sowie wahrscheinlich die meisten, die sie befragen."
"Da haben sie Recht, trotzdem frage ich nach. Eine ehrliche Antwort zeigt Kooperationsbereitschaft. Außerdem kennen wir den Namen meistens schon."
Dann guckte er mich wissend an. Ich konnte nur hoffen, dass er meinen Namen nicht kannte. Ich schluckte.
Es machte mich nervös, das merkte ich vor allem daran, dass ich leicht zu schwitzen anfing.
Seine stechenden Augen waren gruselig. Es schien, als ob sie in meine Seele blicken konnten.
Trotzdem antwortete ich selbstsicher, nachdem ich mich hingesetzt hatte:
"Stimmt, trotzdem wissen Sie meinen richtigen Namen nicht und ich werde ihnen den auch nicht verraten."

Nur meine lila Haare sind ein Markenzeichen von mir geworden.
Damit man mich trotzdem nicht so schnell findet, kam Mal eine Perücke, auch eine Brille oder Sommersprossen dazu. Bisher hatte das sogar ganz gut geklappt.
Das hat sich jetzt wohl geändert.

Jede meiner Aussagen wurde hier überwacht.
Der Spiegel links von mir war der erste Beweis, wahrscheinlich saßen hinter diesem noch ein paar weitere Menschen mit Kameras. Der Zweite war ebenso leicht zu finden, denn an der linken Ecke an der Decke war eine Kamera angebracht worden, die auffällig unauffällig rot blinkte.
Langsam sah ich mich nach versteckten Aufnahmegeräten um, doch konnte nichts mehr entdecken.

Als ich wieder zu dem grauen Mann sah, erkannte ich jedoch an seiner Krawatte, welche übrigens auch grau gestreift war, eine klitzekleines, schwarzes Etwas, wahrscheinlich eine weitere Kamera oder ein Mikrofon. Dieses Mikrofon war bestimmt nicht das einzige, aber ich ließ es dabei bleiben.
Was brachte es mir schon. Ich saß hier sowieso fest.
Zu meiner Belustigung malte ich mir aus, dass es auch eine Laus sein könnte. Kurz machte sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breit, aber dann holte mich Mr. Grey mit seiner nächsten Frage wieder zurück in die Realität:

"Sind Sie ein Cracker?"
"Sehe ich vielleicht so aus? Ich bin unschuldig, ich weiß nicht mal was das ist." erwiderte ich, dabei wusste ich natürlich was das war, aber Mr. Grey musste das ja nicht wissen, oder?
"Ein Cracker ist eine Art Hacker, der Unterschied liegt meistens darin, dass der Cracker versucht so viel Schaden wie möglich zu verursachen."
Ich nickte, tat aber weiter auf nichts ahnend.

"Nochmal sind sie ein Cracker?"
"Nein, wie gesagt: Ich bin unschuldig! Was wird mir denn überhaupt vorgeworfen?!"
Statt mir eine Antwort zu geben, warf er vor mir eine schwarze Mappe auf den Tisch. Ich versuchte die Mappe zu öffnen, aber da ich Handschellen an hatte, war das ein bisschen schwerer. Mr. Grey der mein Zappeln bemerkte, ließ die Handschellen daraufhin entfernen.
Das Erste was ich sah war eine lange Liste, welche ich zögerlich heraus nahm.
Ich versuchte das Grinsen zurückzuhalten, als ich relativ weit oben, mein Präsidenten Attentat entdeckte. Schnell überflog ich weiter die Liste und entdeckte dabei noch ein paar andere kleinere Vergehen von mir.
Mit einigen wenigen hatte ich nichts zu tun.
Aber Verbrechen würde ich das Alles eigentlich nicht nennen.

Doch als ich fertig war, schob ich Mr. Grey die Mappe zurück über den Tisch und sah ihn fragend an:
"Und was soll das sein?"
"Das ist eine Liste mit Verbrechen, die sie begangen haben!"
"Aha haben sie dafür auch einen Beweis? Denn wenn nicht würde ich gerne meinen Anwalt sehen." Ich ärgerte mich kurz, dass mir das nicht früher eingefallen ist.

Der Mann schien von meiner ignoranten Stimme nicht annähernd überrascht und grinste. Das sah bei ihm besonders gruselig aus, da sein Gesicht wohl genetisch nicht zum Lächeln veranlagt war.
Er machte ein Zeichen zum Spiegel und in diesem Moment öffnete sich die Tür.
Mein bester Freund David, zugleich mein Anwalt kam herein und schaute mich bedauernd an, deshalb standen in diesem Raum also drei Stühle.
Den dritten bemerkte ich erst als David sich ihn aus der Ecke des Raumes nahm und jenen schließlich neben den grauen Mann platzierte.
Noch während er sich setzte, fragte ich ihn leise:
"Sitz der Anwalt nicht immer neben der Mandantin?"
Der graue Mann antwortete für ihn:
"Da haben sie Recht. Schade bloß, dass das nicht ihr Anwalt ist, ..."
Der sonst so emotionslose Ermittler, schaute mich jetzt leicht hämisch an, bevor er seinen Satz vollendete:
"... Sondern ein Zeuge!"

die Hackerin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt