Kapitel 9

476 48 22
                                    

Dean hatte die unangenehme Stille satt, die seit der ersten Stunde, seit dem Moment, in dem er sich auf seinen Stuhl hatte fallen lassen, anhielt. Verdammt, es konnte doch nicht so schwer sein, miteinander zu reden, im Krankenhaus hatte es doch auch funktioniert.
Aus dem Augenwinkel musterte er Castiel, der unruhig wie immer schien, und nicht bemerkte, dass Dean ihn immer wieder von der Seite ansah. Oder aber er ignorierte es einfach, beides war möglich.

"Wie geht es dir?", brachte er schließlich hervor und stellte peinlich berührt fest, dass er besorgter geklungen hatte, als eigentlich vorgehabt. Sein Nebensitzer sah ernsthaft überrascht zu ihm auf, schien nicht damit gerechnet zu haben, dass Dean sich nach seinem Wohlbefinden erkundigen würde.  Castiel legte den Kopf etwas schief und zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. "Mir geht es gut, wieso fragst du?"
"Wieso ich frage?", das war lauter aus ihm herausgeplatzt als geplant und handelte ihm einen mahnenden Kommentar von seiner Lehrerin ein, aber Dean ignorierte diesen weitestgehend und fuhr etwas leiser fort, "Vielleicht weil du eine ganze Woche lang im Krankenhaus warst, und das wegen einer Stichwunde die angeblich nicht so schlimm war", er schüttelte den Kopf, "Sorry, aber das kannst du mir nicht erzählen."

Castiel seufzte leise und zuckte die Schultern, fummelte wieder an seinem Ärmel herum. Nach einer Weile nickte er und zog ihn ein Stück hoch, sodass Dean einige große blaue Flecken sehen konnte. "Erbkrankheit, Gendefekt wenn du so willst", erklärte er kurz angebunden und ließ den Ärmel wieder über seinen Arm, beziehungsweise seine ganze Hand fallen, "Hämophilie, um es mal ganz grob zu benennen. Ich bezweifle, dass du mit Details etwas anfangen könntest."
Dean wusste, dass er verständnislos dreinblickte, auf eine weitere Ausführung wartend, zumal er bisher nicht recht wusste, worauf Castiel hinauswollte. Dieser schien das zu bemerken und sah auf sein Blatt. "Hämophilie, zumindest die Art, die ich habe, sorgt für Schwierigkeiten bei der Blutgerinnung. Deshalb bekomme ich beispielsweise schnell blaue Flecken und deshalb musste ich im Krankenhaus bleiben damit sichergegangen werden konnte, dass die Wunde ordentlich verheilt."

Dean nickte, das erklärte so einiges. Castiel schien das Ganze nicht weiter ausführen zu wollen, und Dean wusste auch nicht recht, wie er das Gespräch weiterführen sollte, also sah er nur geradeaus auf Chucks Hinterkopf.
"Weißt du, Cas...", setzte Dean schließlich an, "Was machst du eigentlich in deinen Mittagspausen wenn du nicht gerade auf der Toilette verreckst?" Er grinste seinen Nebensitzer von der Seite an, und wäre er nicht Dean, hätte man den Blick wohl fast als etwas schüchtern bezeichnen können.
Castiel sah irritiert von seinem Blatt auf und starrte ihn ein paar Sekunden lang an, scheinbar hatte die Frage ihn überrascht. Er schien ernsthaft nachzudenken, bevor er antwortete.
"In der Regel setze ich mich an einen freien Tisch und esse mein Mittagessen, wie jeder andere Mensch auch. Wieso?"

Wie jeder andere Mensch, der keine Freunde hat, hätte Dean jetzt normalerweise gesagt, und fast wäre es ihm herausgerutscht, aber er konnte es sich dann doch noch gerade so verkneifen. Cas wütend zu machen war sicher nicht die beste Idee, wo sie gerade erst angefangen hatten, miteinander zu sprechen.
"Wenn du dich nicht an unserer Anwesenheit störst, kannst du dich ja vielleicht mal zu Jo, Chuck und mir setzen", sagte er und sah auf den Boden zwischen ihren Stühlen, "Also, nur falls dir irgendwie langweilig ist, an einem Tisch alleine oder mit Leuten die du gar nicht kennst oder so..."
"Euch kenn ich doch auch nicht", entgegnete Cas geradeheraus und Dean konnte seine Überraschung angesichts dieser simplen Abweisung nicht verbergen, bevor sie in Wut umschlug. Er hatte es nur gut gemeint und sich gedacht, Castiel könnte vielleicht ein wenig Gesellschaft gebrauchen. Aber wenn er nicht wollte, gut.
"Du musst ja nicht kommen, ich wollte nur nett sein", stellte Dean mit beißendem Unterton klar und wandte sich wieder seiner Tischplatte zu. Sollte Cas doch machen, was er wollte, es war nicht so, als wäre Dean auf seine Anwesenheit angewiesen.

All Of You - A Destiel High School Story (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt