Kapitel 3 - Every rose has its thorn

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Am nächsten Morgen stand ich extra früh auf, um nicht schon wieder den Bus zu verpassen. Dementsprechend war ich früh an der Haltestelle. Ich schaute auf die Uhr. Ich hatte noch eine ganze viertel Stunde. Zeit genug, um noch einmal für den bevorstehenden Vokabeltest in Französisch zu lernen. Ich holte das blaue Buch aus meinem Rucksack und legte es mir auf den Schoß.

Viel zu schnell ging die Zeit rum und schließlich kam der Bus. Ich war so vertieft in den Vokabeln gewesen, dass ich die Zeit nicht mehr im Blick hatte. Sprachen lagen mir einfach. Es machte mir Spaß und ich konnte es. Ganz im Gegensatz zu Mathe. Da freute ich mich über vieren. Ich stopfte das Französischbuch zurück in die Tasche und ging auf den quietschgelben Bus zu. "Guten Morgen, Lennie," murmelte ich und sah die Busfahrerin halbwegs freundlich an. Lennie lächelte mich an. "Morgen, Süße. Steig schnell ein, wir müssen weiter." Schnell stieg ich ein. In der ersten Reihe saßen Ruby und Jade. Ruby schien mich zu ignorieren, während Jade mir zumindest ein kleines Lächeln schenkte. Ich erwiderte das und ging dann weiter. Insgeheim hofft ich, Jade würde mich zurück ziehen und mit mir reden, aber stattdessen drehte sie sich zu Ruby. Ich wandte meinen Kopf ab. Plötzlich blieb mein Herz stehen. Etwas weiter hinten saß Kyle und tippte auf seinem IPhone rum. Er sah einfach nur umwerfend aus. Mein Atem ging schneller und ich hatte das Gefühl mein Herz würde gleich aus meiner Brust springen. Erfolglos versuchte ich mich zu beruhigen. Da war sie. Das war die einmalige Chance, Kyle anzusprechen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und ging auf ihn zu. "Ähm ... darf ich mich dahin setzen?" Fragte ich Kyle und deutete zaghaft auf den freien Platz neben ihm Doch er schien mich gar nicht zu beachten. "Öhm ... Kyle?" Wieder keine Reaktion. Gefrustet schlurfte ich weiter und ließ mich auf einen der letzten Plätze fallen. Ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Glasscheibe. Meine Hände zitterten. Das war des zweite Mal, das ich in meinem ganzen Leben mit ihm gesprochen hatte. Und er hatte mich einfach ignoriert. Ob das Absicht war? Mir wurde schlecht. Offenbar war ich so unscheinbar, dass man mich nicht einmal hörte. Mir schossen die Tränen in die Augen, aber ich hielt sie mit aller Kraft zurück. Ich durfte nicht in der Schule weinen. Dann wäre ich nämlich nicht nur unscheinbar, sondern auch noch eine Heulsuse. Obwohl es im Grunde stimmte. Ich war sehr nah am Wasser gebaut. Aber das ging niemanden etwas an. Mit einem Ruck hielt der Bus. Ich sprang auf und hüpfte aus dem Bus, sobald die Türen aufgingen. Ich wollte jetzt einfach Niemandem begegnen. Nicht Ruby, nicht Jade und besonders nicht Kyle. Auch wenn er die ganze Situation höchst wahrscheinlich nicht mitbekommen hatte. Ich gesellte mich zu ein paar Mädchen aus meinem Französischkurs und hörte ihren Gesprächen zu. Ich selber hatte fast nie etwas mitzureden. In meinem Leben passierte aber auch nicht so viel. Also hörte ich zu, wie Lina von ihrem Austausch nach Amerika redete, wie Katarina über ihren Ex-Freund lästerte und wie sich Hannah nach einem Freund sehnte. Ich seufzte und versuchte, mit meiner Schuhspitze ein Loch in den Steinboden zu drehen. Endlich kam Frau Stuart und schloss uns die Klasse auf. Ich ging auf meinen gewohnten Platz und holte meine Sachen heraus. Dann wurden die Tests verteilt. Ich sah mir die erste Vokabel an. Freundschaft - Das war einfach: amitié. Ich starrte das Wort an. Ja, Freundschaft ... Ich wollte den Gedanken noch fortsetzen, aber plötzlich stand meine Lehrerin vor mir. Ich zog meinen Kopf ein und schaute auf das noch fast unbeschriebene Blatt Papier vor mir auf dem Tisch. Um nicht weiter aufzufallen, konzentrierte ich mich auf den Test - oder besser gesagt, ich versuchte es. Nach einer gefühlten Ewigkeit, wurden die Blätter dann wieder eingesammelt. Ich war schon lange fertig und starrte aus dem Fenster. Mehr als die Baumkronen konnte ich nicht sehen, aber ich mochte den Ausblick. Was Kyle jetzt wohl machte? Ich verzog das Gesicht, ich wollte eigentlich nicht an ihn denken. Nicht jetzt. Kyle hatte auch Französisch gewählt. Aber aus irgendeinem Grund, hatte man die Mädchen und Jungen aus unserer Klasse unterteilt. Leider. Doch was hätte ich schon dagegen tun können. Es gab nur zwei Mädchen aus meiner Klasse, die drüben mit Kyle Unterricht hatten: Joyce und Rosha. Beide waren erst neu in unsere Klasse gekommen und da unser Kurs schon voll genug war, waren sie eben im Parallelkurs. Ich verstand mich mit Beiden einigermaßen gut, doch Freundschaft konnte man das nicht nennen. Ein lockerer Umgang vielleicht. Ich atmete tief ein und aus. Mein Kopf tat weh und mir war übel. Plötzlich tippte mich meine Sitznachbarin an: "Clary, ist alles in Ordnung?" Ich starrte sie einen Moment an und dachte nach, was sie gesagt hatte. Dann schüttelte ich den Kopf. Sofort riss Katarina den Arm hoch. "Madame Stuart, Clary geht es sehr schlecht. Dürfen wir einen Moment nach draußen gehen?" Meine Lehrerin musterte mich und nickte dann. "Zieht euch etwas über!" Ich nahm meine Jacke und ging zur Tür, dicht gefolgt von Katarina. Einerseits war sie etwas übereifrig, aber andererseits wollte sie ja nur nett sein und helfen und es ging mir wirklich nicht gut. Wir setzten uns draußen auf eine Bank. Ich lehnte mich zurück und schloss für eine kurze Zeit die Augen. "Am besten, du trinkst etwas," schlug Katarina vor und bot mir eine Wasserflasche an, die ich dankend entgegen nahm. "Ich glaube, ich hole mir einen E-Schein" (Entschuldigungsschein) murmelte ich. Sofort sprang Katarina auf. "Warte hier, ich hole dir einen." Während sie für mich ins Sekretariat lief, entspannte ich mich wieder. Aber meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer.

Nachdem wir meine Schulsachen und die Unterschrift von Madame Stuart geholt hatten, brachte mich Katarina zum Tor. "Danke," lächelte ich sie an. "Werd' schnell wieder gesund," flötete sie zurück und umarmte mich. Etwas perplex erwiderte ich ihre Umarmung und machte mich dann auf den Heimweg. Ich hatte beschlossen, langsam nach Hause zu laufen. So würde ich an der frischen Luft sein und sogar ein paar Kalorien verbrennen. Und falls mich Jemand sehen würde, hatte ich die Ausrede, den Bus verpasst zu haben. In meinem Kopf drehte sich alles und jeder, der an mir vorbei lief, musste denken, ich sei betrunken. So schaukelte ich nach Hause. Als ich endlich da war, schloss ich die Tür auf, brachte meine Sachen in mein Zimmer, kippte in mein Bett und schlief sofort ein. Erst durch das Klingeln der Haustür wurde ich wieder wach. Verschlafen blinzelte ich zu meinem Wecker auf dem Nachttischchen: 15:43 Uhr. Ich hatte fast vier Stunden geschlafen! Schlaftrunken taumelte ich die Treppe runter und öffnete die Tür. Ein Schwall von kalter Luft und der Geruch des unverkennbaren 'Angel' Parfüms kam mir entgegen. Etwas überrascht sah ich Ruby an. Sie lächelte mich vorsichtig an und ohne drüber nachzudenken, lächelte ich zurück. "Hi," flüsterte sie. "Hey," haucht ich zurück. "Ähm ... Ich wollte dir die Hausaufgaben bringen, weil ich ja in deiner Nähe wohne." Ich nickte und nahm den kleinen Stapel Zettel entgegen. Ruby wohnte etwas weiter oben in der gleichen Straße wie ich. Das hatten wir direkt in der 5. Klasse, kurz nach unserem 'Kennenlernen' festgestellt und ich hatte mich ziemlich darüber gefreut, da in den Filmen die besten Freundinnen immer in einer Straße zusammen wohnten und diese perfekten Freundinnen nichts trennen konnte. Solche Geschichten hatte ich mir bei Ruby und mir auch immer ausgemalt. Aber unser Verhältnis war in den letzten Wochen stark angekratzt worden. Wir stritten uns andauernd wegen kleineren Dingen und darüber, das ich fand, dass Ruby zu viel Zeit mit Jade verbrachte und das ich mich ausgeschlossen fühlte. "Danke," sagte ich und wollte mich schon wieder umdrehen. "Warte!" rief Ruby und kam ein bisschen Näher. Ich sah sie erwartungsvoll an. "Clary, es tut mir leid, das ich es Jade erzählt habe." Ich nickte wieder. "Ja." Mehr gab ich nicht von mir. Ich merkte, wie ich wieder sauer wurde, obwohl es eigentlich mehr Enttäuschung war. Ruby machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ich schnitt ihr das Wort ab. Ich war nicht bereit, mich zu Vertragen. "Ruby, es tut mir leid, aber ich brauche ein wenig Zeit für mich." War das egoistisch? "O-Oh okay." Sagte Ruby und lächelte, aber es sah sehr aufgesetzt aus. "Sorry," murmelte ich. Ich schloss die Tür und rutschte auf den Boden. Jetzt fühlte ich mich schlecht. Denn wenn Ruby sich entschuldigte, dann meinte sie es wirklich ernst. Außerdem lag es jetzt an mir, auf sie zuzugehen. Ich durfte also keine Erwartungen stellen. Aber das war meine eigene Schuld. Ich schlug mir die Hand vor den Kopf und merkte dann meine Kopfschmerzen wieder. Also stand ich auf und trug mich wieder ins Bett. Ich machte mein ganzes Zimmer dunkel, bis ich nichts mehr sehen konnte. Vorsichtig tastete ich mich zu  einem Bett und legte mich dann wieder hin. Während ich in die Dunkelheit starrte, dachte ich nach. Ich dachte an Kyle, an Ruby, an Jade. Tausende Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, worüber ich nach einiger Zeit einschlief.

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Skinny loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt