Erste Zweifel

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Eine einsame Träne rollte über meine Wange, als ich Zuhause in meinem Bett lag. Und irgendwie hatte ich plötzlich einen Hass auf die ganze Schattenwelt. Es war ihre Schuld, dass ich jetzt in dieser bescheuerten Lage war! Warum konnten die Menschen und die Schattenwesen nicht einfach zusammenleben? Ohne dass die einen über die anderen bestimmten? Aber die Geschichte, die Dad mir immer darüber erzählt hatte, wusste ich heute noch. Ich konnte mich sogar noch an den genauen Wortlaut erinnern.
Vor einigen hundert Jahren haben sowohl die Schattenwesen als auch die Menschen in der Menschenwelt gelebt. Aber damals war es noch nicht die Menschenwelt. Damals war es einfach eine Heimat für alle Geschöpfe. Doch besonders friedlich ging es dort nie zu. Die Menschen waren oft neidisch auf die Schattenwesen, da diese Fähigkeiten besaßen, die sie selbst nicht hatten. Sie wollten die Regel einführen, dass die Schattenwesen ihre Fähigkeiten nicht mehr benutzen durften. Aber für die kam das natürlich nicht in Frage. So kam es zu einem heftigen Streit. Es ging um Macht. Und es ging darum, wer die Welt beherrschen würde. Aus dem Streit wurde schließlich ein Krieg, den die Menschen gewonnen haben. Verluste gab es auf beiden Seiten sehr viele, aber letztendlich waren die Menschen einfach mächtiger. Sie haben die Schattenwesen in die Schattenwelt verbannt. Ursprünglich hatten die Schattenwesen diese erschaffen, um sich darin bei wichtigen Besprechungen zu versammeln. Aber dann haben die Menschen sie gegen sie verwendet. Aber die Schattenwesen haben jahrelang Pläne geschmiedet, um zurück in die Menschenwelt zu gelangen. Sie haben eine Lücke im System gefunden, sodass man alle sechs Monate ein Schattenwesen in die Menschenwelt schicken konnte. Sie hofften, die Schattenwelt zerstören zu können, wenn viel genug Schattenwesen in der Menschenwelt sind. Aber ob das funktioniert, weiß man bis heute nicht.
Da wurde mir etwas bewusst. Vielleicht würden meine Eltern und meine Freunde nie hier auftauchen. Was wenn es keine Möglichkeit gab, sie da rauszuholen? Aber vielleicht würde ich dann hier weiterleben können. Als Mensch. Als eine von ihnen. Möglicherweise sollte ich mich gegen den Rat stellen und einfach das Leben hier genießen. Dann wäre alles so viel einfacher. Doch wenn alles herauskommen würde, hätte ich weder die Menschen noch die Schattenwesen auf meiner Seite. Aber was war mit Gabriel? Würde er vielleicht zu mir halten? Doch das war unwahrscheinlich. Aber womöglich sollte ich ihm einfach die ganze Wahrheit erzählen. Irgendwann würde er sie sowieso erfahren.
Ich holte mein Handy hervor und überlegte, was ich schreiben könnte. Aber sollte ich das wirklich tun? Er dachte bestimmt jetzt schon, dass ich nur mit seinen Gefühlen spielte. Doch ich könnte ihm alles erklären. Die Frage ist nur, ob er es verstehen würde. So verständnisvoll konnte man fast gar nicht sein. Ich hatte schließlich echt Mist gebaut.
Doch dann tippte ich doch etwas in mein Handy. Aber keine Erklärung, sondern eine Entschuldigung. Gabriel, es tut mir so wahnsinnig leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Aber ich kann dir im Moment noch nicht erklären, warum ich das getan habe. Das war zumindest mal ein Anfang. Ich bezweifelte, dass er mir antwortete, doch ich hoffte, dass er meine Nachricht zumindest las.
Aber zu meiner Überraschung klingelte mein Handy nur wenige Minuten später. Gabriel hatte mir tatsächlich zurückgeschrieben. Du verheimlichst mir noch immer etwas. Und ich werde herausfinden, was es ist. Das soll aber keine Drohung sein, sondern ein Versprechen. Ich will dir helfen. Doch das kann ich nur, wenn ich weiß, was los ist. Und ich verspreche dir, dass ich dich nicht verurteile, egal was es ist.
Da musste ich lächeln. Er war noch immer auf meiner Seite, obwohl ich ihn so verletzt hatte. Bist du denn nicht mehr sauer auf mich, weil ich dir gesagt habe, dass ich nichts von dir will?
Nervös wartete ich auf das nächste Klingelgeräusch. Ich wollte einfach, dass nichts zwischen uns stand. Vielleicht konnten wir ja dann einfach Freunde sein. Da kam eine Antwort. Wenn du wirklich nichts von mir wollen würdest, wäre es dir nicht so wichtig, dass es mir gut geht. Ich glaube, dass es irgendetwas mit deinem Geheimnis zu tun hat, dass wir nicht zusammen sein können. Habe ich recht?
Ich atmete tief durch. Natürlich hatte er recht. Aber sollte ich ihm das schreiben oder ihn belügen? Ich sollte wohl die Wahrheit sagen. Insgeheim wusste er wahrscheinlich sowieso, dass er richtig lag. Du hast recht. Aber es ist etwas komplizierter als du denkst.
Allein bei der Vorstellung, dass er irgendwann einmal von den Schattenwesen beherrscht werden würde, wurde mir übel. Und genau das war das Problem. Ich durfte niemanden in mein Herz schließen, um das alles durchziehen zu können. Doch das hatte ich bereits. Und nicht nur Gabriel. Auch an Elisabeth, Anne, Samantha und an all den anderen Mädels lag mir mittlerweile etwas. Ich konnte den Plan nicht ganz durchziehen. Und ich musste mit jemandem darüber reden. Sollte ich Gabriel doch einweihen?
Da hatte er mir auch schon wieder eine neue Nachricht geschrieben. Ja, das dachte ich mir schon. Sonst hättest du mir es ja auch einfach erklären können. Aber das könntest du immer noch. Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst.
Das war echt süß von ihm. Trotz allem ließ er nicht locker. Danke, das ist wirklich nett. Weißt du was? Du hast recht. Ich werde es dir erklären. Morgen nach der Schule am Flussufer?
Diesmal klingelte mein Handy noch schneller als zuvor. Gerne. Ich freu mich. Schön, dass du mir vertraust.
Ich lächelte in mich hinein. Er war so großartig! Und plötzlich war ich fest entschlossen, den ganzen Plan hinzuschmeißen!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 11, 2017 ⏰

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Schattenwesen - Der AuftragWo Geschichten leben. Entdecke jetzt