Kap. 1 Grau

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London, Regen, 1:37 Uhr

In dem fahlen Neonlicht der Badezimmerlampe betrachtete ich mein Spiegelbild: gerötete Augen blickten ihr unter verwischter Schminke aus einem bleichen Gesicht entgegen. Zu lange Nacht; eindeutig. Mit einem Seufzer richtete ich meine silberne Perücke und das graues Kleid, dann glitt ich leise in das schäbige Hotelzimmer und betrachtete den schlafenden blonden Kerl, der nackt vor mir lag. Ficken konnte er, soviel war sicher. Schmunzelnd sammelte ich meine Habseligkeiten zusammen und zog die Tür hinter mir zu.

Stöhnend erwachte ich einige Stunden später aus einem traumlosen Schlaf. Die letzte Nacht war erneut heftig und trotzdem wenig befriedigend. Obwohl ich mir mit Alkohol etwas Mut gemacht hatte, wurde die Aktion nicht wirklich besser. Aber ich hatte mich aufgerafft um meiner Einsamkeit zu entfliehen. Wieder einmal.

Der Regen prasselt unaufhörlich gegen die Fenster und die grauen dunklen Sturmwolken passen hervorragend zu meiner destruktiven Stimmung. Ich schalte den Wecker aus und mache mich auf ins Bad. Es wird ein langer, anstrengender Tag und mein Vater wird sicher nicht erfreut über meinen desolaten Zustand sein. Was soll's. Es gibt nichts, was man nicht mit einem guten Kaffee und ein wenig Make-Up wieder in den Griff kriegt.

Unter der Dusche gehe ich die letzte Nacht nochmal im Geiste durch:

Blonder gutaussehender Typ mit grünen Augen; sehr anziehendes Lächeln. Er war offensichtlich mehr als interessiert und so war es ein Leichtes, auf meine eigenen Kosten zu kommen; dachte ich. Als wir bei ihm im Hotelzimmer waren, standen die Aussichten sehr gut, mein körperliches Bedürfnis zu befriedigen. Seine Hände fühlten sich gut an und ich hatte sogar einen Moment, in dem ich dachte, ich könne mich fallen lassen.

Allerdings war es auch nur dieser kurze Augenblick, denn es war einmal mehr nur ein einfacher Standard-One-Night-Stand, der nichts weiter als den Akt an sich betraf und mich daran erinnerte, wie sehr ich mich nach authentischen echten Gefühlen sehnte.

Verflixt, immer wieder passiert es mir, dass ich in diese gefühlsduseligen Ideen verfalle. Du bist June Martin, verdammt erfolgreich und hast schon so einige Katastrophen in Deinem Leben gemeistert.

Also reiß' Dich gefälligst zusammen und hör' auf hier rum zu jammern!

***

Mittlerweile bin ich über das Grübeln mit meinem Make-Up fertig und meine langen strohblonden Haare sind zu einem tiefsitzenden Knoten im Nacken locker zusammengebunden. Für den heutigen Termin entscheide ich mich für ein hellgraues Kostüm, unter das ich eine weiße Seidenbluse anziehe.

Wer weiß, wie Mr

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Wer weiß, wie Mr. Nolan so drauf ist und wie wir ihn davon überzeugt bekommen, bei uns die drei Abschlüsse zu tätigen.

Mit einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel schlüpfe ich in meine nude-farbene Louboutins, schnappte mir meine cremefarbene Peekaboo und den Regenschirm. Unser Fahrer wartet bereits unten; ich bin ein wenig spät dran, mal wieder. „Guten Morgen Ms. Martin.", begrüßt mich Roger freundlich, als er mir die Tür auf hält und ich mich erleichtert in den Sitz der Limousine fallen lasse. „Guten Morgen Roger. Ist mein Vater schon am Flughafen?" „Ja, Ma'am. Mr. Martin ist schon früh eingetroffen."

Na toll, Dad wird mir den Kopf abreißen...

Roger schlängelt sich geschickt durch die morgendliche Rushhour, während ich an meinem Kaffee nippe, den er mir von meinem Lieblings-Barista mitgebracht hat. Der Termin mit Mr. Nolan ist ein wichtiger Schritt für unsere Firma. Er hat offenbar sehr gute Klienten, die eine Menge Geld für schöne Dinge ausgeben möchten und mein Vater hat mich damit beauftragt, ein Treffen mit ihm zu arrangieren. Vertrauen und Zuverlässigkeit sind das A und O in dieser Liga von Highclass-Kunden und mein Vater hat sich über Jahre hinweg seine Reputation in diesen Kreisen hart erarbeitet.

Wir bauen Jachten; Luxusjachten genauer gesagt, bei denen der Kunde, wenn er will und bereit ist, ein Vermögen zu zahlen, alles bekommt, was er wünscht. Ich war schon immer fasziniert davon, das Unmögliche möglich zu machen. Tja und das ist nun mein Job: ich verkaufe Träume und organisiere die Wünsche unserer Klienten.

„Wir sind da, Ms. Martin.", informiert Roger mich. Für kurzfristige Business-Trips leiht uns ein guter Freund meines Vaters seinen Privatjet. Viel unkomplizierter und, naja, viel cooler. Roger begleitet mich unter dem ausladenden Regenschirm bis zur Maschine und verabschiedet sich dann von mir. Mein Vater wartet, wie immer, bereits ungeduldig auf mich. „June, na endlich. Wir sind spät dran." „Guten Morgen Dad und ja, ich weiß.", begrüße ich ihn mit einem Kuss auf die Wange. Er zieht eine Augenbraue hoch, um mir zu signalisieren, dass ich zum wiederholten Male seine Geduld auf die Probe stelle.

„Also, hast Du alle Daten im Kopf?", fragt er mich provokant, nachdem wir in der Luft sind. „Natürlich. Es sollen insgesamt drei Jachten angeboten werden. Mr. Nolan wollte in unserem heutigen Termin die möglichen Ausstattungsdetails durchsprechen. Es sind drei verschiedene Kunden, alle aus den Arabischen Emiraten. Ich habe entsprechende Beispielpräsentationen vorbereitet. Die Lieferungen sollen zeitgleich erfolgen, was uns vor eine extreme Herausforderung stellen wird.", resümiere ich sachlich präzise.

„Deine Spezialität. Daher sehe ich hier kein Problem.", lächelt mein Vater sichtlich stolz, womit er den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Ich bin gut darin, unter Druck meine besten Ergebnisse abzuliefern und dieser Deal wäre eine hervorragende Spielwiese für mein Ego. „Was für ein Typ ist denn Mr. Nolan eigentlich?", fragt mein Vater weiter.

„Tja, über ihn gibt es nicht wirklich viele Informationen, außer, dass alle seine Klienten wirkliche Hochkaräter sind. Prominente, Scheichs, der Adel und so weiter. Er regelt alles; von den Gesprächen bis zur abschließenden Bezahlung ist er der einzige Ansprechpartner. Seine Firma scheint sauber und es gab, nach meinen Recherchen keine Unstimmigkeiten oder Negativschlagzeilen."

„Dann werden wir Mr. Nolan von den herausragenden Martin-Qualitäten überzeugen und ihn für uns gewinnen.", nickt mein Vater zufrieden. „Du wirst ihn umhauen, June." Lachend lehne ich mich in den luxuriösen Sitz zurück und genieße den Rest des Fluges bei einer weiteren Tasse Kaffee.


Beyond Redemption (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt