kapietel 5

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Langsam aber sicher wache ich auf. Ich drücke meinen Kopf unzufrieden tiefer ins Kissen.
Ach komm schon Gehirn! Es ist grad so angenehm warm!
Verschlafen schiebe ich eins meiner Beine etwas über das Laken, die Bettdecke rutscht dabei etwas von meiner Hüfte.
Ich brauche einen Moment, bis ich begreife, dass die Decke irgendwo da unten rumhängt. Was da nicht ganz passt, ist die Wärme an meinem Rücken, über meiner Seite, der angenehme Druck von etwas, das über mir liegt.
Ich blinzle ein paar Mal verwirrt, bevor mich ein heißer Atem im Nacken streift und sich Gänsehaut auf meiner Haut breit macht. Warte, ist Tim mir so nah? Ich öffne die Augen überrascht. Ja, jetzt fällt mir auch auf, dass er seinen rechten Arm im Schlaf um mich gelegt hat.
Ich halte still. Sollte ich mich jetzt nicht in meiner Komfortzone belästigt fühlen? Meinen Körper durchfährt ein angenehmes Kribbeln, als Tim tief einatmet und sein Brustkorb sich gegen meinen Rücken drückt. Ich sollte ihn wegdrücken, aufwecken, irgendwas. Sollte.
Meine rechte Hand legt sich vorsichtig auf den Arm, den er locker über meine Taille gelegt hat, meine Finger fahren über die Haut seines Handrückens, bevor ich tief durchatme. Nein, wirklich, hör auf damit Stegi.
Tim entweicht ein kleiner, fast schon grunzender Schnarchlaut, sobald er das nächste Mal einatmet und ich muss grinsen. „Tim", versuche ich ihn aufzuwecken und ziehe meine Hand wieder von ihm weg.
Keine Reaktion. Der Faggot schnarcht mir nur nochmal ins Ohr.
„Tim!", sage ich nun deutlich lauter und boxe ihm sanft den Ellbogen gegen den Arm. Er wacht auf, zieht zuerst den Arm weg, bevor er erschrocken von mir weg rückt und ich kurz wegen der fehlenden Wärme in meinem Rücken zusammen zucke. „Du schnarchst."
Ich schnaube nochmal kurz, dann drehe ich mich auf den Rücken und sehe zu ihm. Man, wieso sieht der Kerl sogar mit verwuschelter Bettfrisur noch gut aus!
Er blinzelt ein paar Mal verschlafen, bevor er anfängt zu lächeln. „Ach, das war das Einzige, das dich gestört hat?"
Ich verziehe mein Gesicht etwas eigensinnig, bevor ich mich von seinem verpennten Anblick losreiße und mich aufrichte. Sowieso schon Zeit zum Aufstehen, super.
Motivationslos sehe ich Tim zu, wie er sich auf den Rücken fallen lässt und aus halb geöffneten Augen immer noch zu mir sieht. Warum nochmal lasse ich ihn in meinem Bett schlafen? Und warum nochmal starre ich ihn jetzt schon wieder an?
Kurz strecke ich mich, dann klettere ich über Tim drüber, in der Absicht, ins Bad zu gelangen. „Bekomm' ich keinen Guten-Morgen-Kuss?", fragt er sarkastisch grinsend und ich werfe ihm die Decke über den Kopf. Ich lächle wie ein Vollspast, während ich mir meine Kleidung zusammensuche und seinen Blick in meinem Rücken förmlich spüren kann. Shit, ich hab' ja immer noch sein Shirt an! Mein Tempo verschnellert sich gerade um's Dreifache, bevor ich schließlich erleichtert aus dem Raum raus gehe.
Während ich die Tür gerade hinter mir zu mache, kann ich noch hören, wie der Wecker schmerzhaft laut losgeht und Tim entnervt stöhnt, was mich zum Lachen bringt. Der Junge ist so durch.

Warum schreckt mich Tim mit seinen ganzen Aktionen eigentlich nicht ab? Das ist so die Frage, die ich mir stelle, während ich mich zum Duschen ausziehe. Jeder normale Mensch hält doch Abstand, oder fühlt sich dann zumindest unwohl in seiner Nähe, oder nich'? Ich bin einfach nur angespannt und unruhig, was wahrscheinlich auf's Gleiche hinaus kommt, aber ich bin selbst verwirrt von meinen Gefühlen.
Warte mal - angespannt, unruhig, aufgeregt, war ich das nicht auch noch vor ein paar Tagen, wenn Tobi in Sicht war?
An der Tür klopft jemand. Die Türklinke geht runter und ich durchlebe diesen furchtbaren Moment, in dem man Angst hat, doch nicht abgesperrt zu haben, dann knallt jemand von außen gegen die Tür.
Ich brauch' gar nicht fragen, wer das ist.
„Ich will duschen", rufe ich widerwillig durch die verschlossene Tür und lege nun meine Wäsche zu einem kleinen Knäuel auf dem Boden zusammen.
„Dein Ernst? Lass mich rein", kommt gedämpft zurück und ich zögere. Jaja, er ist'n Kerl, ich bin einer, ich brauche mich nicht schämen, aber ich muss auch nicht erklären, warum ich ungern nackt vor ihm herum stehe, oder?
Ich murre kurz, ziehe mir dann aber doch ein Handtuch von der Duschwand und hülle meinen Unterkörper damit ein. Und Tims interessierter Blick, als ich die Tür dann öffne, lässt mich auch nicht daran zweifeln, dass das mit dem Handtuch eine gute Idee war. Er grinst zwar ziemlich dämlich, doch sagt er nichts dazu, was ich dem Idioten auch nur raten kann.
Er geht zum Waschbecken - ich direkt in die Duschkabine und nehme das Handtuch auch erst weg, nachdem ich die undurchsichtige Tür geschlossen habe. Stell' ich mich gerade an? Naja, immer noch besser als mir seine blöden Sprüche oder Blicke geben zu müssen.
Ein paar Minuten später, in denen ich 'ne richtige paranoide Seite entwickle, weil ich mir immer noch nicht ganz sicher sein kann, dass Tim nicht doch auf irgendeine blöde Idee kommt, klopft er gegen die Duschkabinentür.
„Junge, komm' bloß nicht rein!"
„Komm' runter. Ich will nur mein Shampoo", lacht er von draußen und hängt dann noch an, wie die Flasche aussieht.
„Ich werf' sie dir oben drüber", rufe ich nachdem ich sie gefunden habe und sie fliegt schon durch die Luft, bevor ich das „Was?" von ihm hören kann. Zack - voll auf seinen Kopf gelandet, glaube ich. „Alter", murmelt er, weil ich mir das Kichern nicht verkneifen kann und ich glaube er lächelt, während er das sagt.
„Und du willst Basketballer sein", spotte ich noch grinsend und wasche mir die letzten Schaumreste aus den Haaren. Nicht mal fangen kann er.
Tim scheint das aber etwas persönlich zu nehmen, denn im nächsten Moment reißt er mit einem Ruck die Schiebetür der Dusche zur Seite, weswegen ich erschrocken nach Luft schnappend an die Wand zurückweiche. „Du bist so ein Spasti!", werfe ich ihm immer noch leicht erschrocken an den Kopf und atme tief durch. Er hat sich extra so hingestellt, dass er nicht rein sehen kann, er wollte mir nur 'n Schrecken einjagen.
Er schiebt die Tür wieder zu und ich höre an seiner Stimme, dass er grinst. „Ich dachte du erschrickst nicht so leicht, weil du ja so oft Shooter spielst", ahmt er mich nach und ich kann hören, wie er wieder zurück zum Waschbecken tappt.
Chapeau, Tim!
Auch wenn das nicht unbedingt was miteinander zu tun hat. Hatte das bei ihm aber auch nicht.
Ich löse mich wieder von der Wand und Tim schaltet das Radio an. Wo mir gerade einfällt, dass ich mit ihm immer noch nicht über das Problem 'Tobi' geredet habe..
Ich zögere, dann drehe ich das Wasser ab. Aber abgesehen davon, dass ich eh nicht weiß, wie ich damit anfangen soll, weigert sich irgendwas in mir auch dagegen, ihm das zu erzählen.
Und leider fällt mir kein anderer Grund ein, als dass ich auf seine Nähe nicht verzichten möchte.
Ich hab' da so 'ne üble Vorahnung. Vielleicht sollte ich einfach versuchen, etwas mehr Abstand zu Tim zu halten.

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