01 - Gerade er

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Mit einem Glas Elfenwein saß Sara an einem der Tische und schaute Lily und James zu, die die Tanzfläche ganz für sich allein hatten. Sie saß allein, weil sie kaum einen der Hochzeitsgäste kannte, aber im Moment war ihr das ganz recht. Wie sie Lily beobachtete, die mit glücklichem Gesicht in ihrem weißen Kleid beinah über das Parkett schwebte, hatte sie Mühe, gewisse Gedanken zu verdrängen. Es war ein herrlicher Tag, aber immer wieder sah sie den Kürbissaft, der sich mit Blut vermischte, diesen kalten Blick in seinen Augen. Gerade er. Dabei wollte sie heute doch nicht an solche Dinge denken.

Gerade war ihr Glas leer, als die Tanzfläche sich mit weiteren Paaren füllte, Lily mit James' Vater tanzte und James mit Lilys Mutter. Sie rechnete damit, dass Sirius sie nun ebenfalls zum Tanz auffordern würde, und musste nicht lang darauf warten. Er kam im Slalom um die Tische zu ihr und nahm ihre Hand, zog sie sanft auf die Beine. „Ein Tanz, die Dame?"

Sie lächelte und überlegte, ob sie zusagen sollte. Die Mühe mit dem Kleid wollte sie sich nicht umsonst gemacht haben. Tabitha hatte ihr geholfen und auch, wenn sie beide nicht sonderlich begabt in solchen Dingen waren, war es ganz hübsch geworden. Es würde wohl auch nicht auffallen, wenn sie keine allzu gute Figur machte, so lang sie nicht allein mit ihm war. „Aber gern doch", sagte sie also und ließ ihn vorausgehen.

Bald merkte sie, dass sie glücklicherweise nicht viel tun brauchte. Stattdessen konnte sie sich einfach über die Berührung seiner warmen Hände freuen, über seine Anwesenheit und darüber, dass sie hier war und er sie eingeladen hatte. Für einen Moment vergaß sie all ihre damit zusammenhängenden Sorgen.

„Wie läuft die Schule?"

„Es ist ruhiger geworden, seit ihr nicht mehr da seid", antwortete sie lächelnd. „Und auf einer Seite ist das gut, denn die Lernerei für die Prüfungen lässt einen nicht einmal in den Ferien los."

Er lachte. „Ich mach mir da gar keine Sorgen um dich", sagte er und küsste ihren Scheitel. Es ließ sie erröten. „Hast du schon erledigt, worum wir dich gebeten hatten?"

„Nein, aber ich hab schon einen Plan." Sie wollte das zeitnah zu ihren Prüfungen machen, wenn Filch ihr danach nicht mehr allzu viel konnte, weil es ohnehin eher eine Lappalie sein würde. Professor Slughorn war sehr kulant, was das anging, und würde sie sicher nicht unnötig in Schwierigkeiten bringen wollen.

„Ich bin stolz auf dich." Das alte, schelmische Grinsen kehrte zurück in sein Gesicht. Sie hatte es beinah vermisst. „Was hast du nach der Schule so vor? Folgst du deinem Vater zum Ministerium?"

„Niemals!", antwortete sie etwas zu laut, die Leute schauten zu ihr hinüber. „Die ersten Monate sitzt man nur im Büro, das halte ich nicht aus." Beinah hätte sie darauf hingewiesen, dass sie ihrem Vater nirgendwo mehr hinfolgen würde, aber das tat heute nichts zur Sache. Nachdem er ihr gestanden hatte, dass er von zuhause abgehauen und zu James gezogen war, weil er so sehr mit seiner Familie im Streit lag, hatte sie ihm alles erzählt, dass es ihr ganz ähnlich ging. Aber darauf wollte sie das Gespräch jetzt nicht bringen. Auf keinen Fall an diesem Abend, der einfach zu schön war, um ihn mit solchen Worten zu trüben. „Nein, eigentlich wollte ich es machen wie Tabitha, durchs Land reisen, quer durch Europa, vielleicht sogar darüber hinaus."

Das Grinsen fror in seinem Gesicht ein. „Dann sehen wir uns wohl nicht mehr so oft."

„Ach, was." Sie lächelte ihn aufmunternd an. „Ich werde mir eine Eule kaufen und dir Briefe bis zum Abwinken schreiben. Hin und wieder bin ich auch in Finnland, da kannst du mich besuchen. Oder ich kauf mir ein Haus. Mann, ist ja nicht so, als würde ich untertauchen."

Es schien ihm zu helfen. „Ja, das sieht dir ähnlich."

Wie sie den Blick durch die Menge schweifen ließ, fiel ihr auf, dass sie den ganzen Tag lang schon jemanden vermisste. „Sag mal, weißt du, wo Remus ist?"

Entgegen aller PrinzipienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt