sixth chapter

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Nervös nippe an meinem Glas Wasser. Er ist dann der erste, dem ich ganze Geschichte erzähle.

"Nun gut. Wo fange ich am besten an?
Als ich geboren wurde, konnte niemand erahnen, was mit mir passieren wird. Die ersten fünf bis sechs Jahre meines Lebens verliefen eigentlich recht normal. Das einzige Auffällige war nur, dass ich für mein Alter ungewöhnlich weit entwickelt war. Ich konnte schon vor der Schulzeit lesen und rechnen. Doch meine Eltern kamen nicht auf die Idee dies zu fördern. Wie du wahrscheinlich schon weißt, ist meine Mutter ein berühmtes Model und mein Vater ist bei der Börse tätig. Für mich blieb selten Zeit. Da kam es denen gut, dass die Schule mit fünf beginnt. Dort war und bin ich immer die Beste, was in meinen Augen kein großer Erfolg ist. Ich habe angefangen mir selber Dinge beizubringen. Anfangs das Lesen, später dann das Wissen und umgehen mit verschiedenster Technik.

Damals leckten meine Eltern den Geschmack von Ansehen anderer Elternteile. Die dachten, Kathrin und Thomas lernen viel mit mir und unternehmen immer irgendwas mit ihrer Tochter. So verlangten sie immer das Beste von ebendieser. Die ersten fünf Jahre, also bis zu meinem zehnten Geburtstag circa, machte ich das noch mit, denn so erhielt ich wenigstens etwas Aufmerksamkeit.
Doch dann bemerkte ich langsam die Hintergründe und fühlte mich benutzt. Wie eine Marionette führte ich deren Befehle durch. Deshalb rebellierte ich dagegen, doch die Pflanze der Freiheit sollte schon im Keim erstickt werden. Anfangs mit Worten, später, da war ich ungefähr elf, mit den ersten Schlägen. Leider, zum Nachteil meiner Eltern, unterschätzten sie mich. Ich begriff schon vieles sehr früh und machte mit diesem Aufstand weiter.
Trotzdem schrieb ich immer gute Noten und behielt meine Leistungen bei. Dann kam meine Mutter mit dem Wahnsinn, dass ich in ihre Fußstapfen treten solle, damit ich wenigstens etwas in meinem Leben erreiche. So fingen endlose Diäten und Essenspläne sowie Trainingseinheiten an. Zwar spielte ich das mit, doch machte meinem Unmut Luft. Das zieht sich bis heute. Wenn ich nicht pariere oder was dagegen sage, erhalte ich Beschimpfungen und Schläge. Gelegentlich auch Tritte. Ein Lob ist bei einer guten Leistung nie dabei. Das ist eigentlich der Hauptgrund, warum ich bin wie ich bin. Ein Soldat gefangen mitten auf dem Schlachtfeld, der nach einem Ende hechelt", ende ich mit Tränen.

Obwohl ich es hasse, gebe ich mich wieder meinen Gefühlen hin. Fast sofort spüre ich wie ich in eine feste Umarmung gezogen werde. Seine Hand streicht über meinem Rücken und er murmelt mir beruhigende Worte zu. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich umsorgt. 

Nachdem ich mich beruhigt habe, löse ich mich von Steve. Verstohlen wische ich mir die letzten salzigen Tränen weg. Eine Zeit lang schweigen wir uns an und trinken nebenbei unsere Bestellungen aus. 

"Es tut mir leid.", beginne ich,"Wahrscheinlich hältst du mich für das größte Weichei der Nation." Dann lache ich spöttisch über mich selbst und fahre fort:"Anderen, vor allem Kindern, geht es viel schlechter als mir und ich breche hier wegen ein paar Schlägen in Tränen aus." 

"Nicht doch!", wehrt der 'junge Mann' ab,"Du musst jetzt an dich und nicht an andere denken. Schließlich war dein bisheriges Leben auch kein Zuckerschlecken.
Egal was dir deine Eltern versuchen einzureden. Du bist ein tolles Mädchen und du schaffst es. Behaupte dich und achte nicht auf deren Gesetze und Regeln."

"Wow. Da fordert der Captain America mich dazu auf, gegen meine Eltern zu handeln. Das ist nicht pädagogisch Wertvoll.", gebe ich sarkastisch wieder. "Pädawas?", entgegnet er mir mit einem verwirrtem Gesicht. Achso stimmt ja, ich habe es mit einem aus dem zweitem Weltkrieg zu tun. "Das ist nicht sehr, naja, sowas erzählt man eigentlich keinem 14 jährigem Mädel, dem immer wieder vorgeworfen wird, es sei in der Pubertät."
"Eigentlich baut ein 14 jähriges Mädel nicht mit Computern und Technik, die so manch Studierter nicht versteht." "Touché!", gab ich auf. 

So unterhalten wir uns noch 'ne Weile. Als es sehr spät ist, verabschiede ich mich dieses mal mit einer Umarmung von Steve. Danach gibt er mir einen weißen Zettel mit der Erklärung:"Falls du mal Hilfe brauchst." Deshalb lege ich ihn in meine Silikonhandyhülle. 

Zuhause tapse ich schnell in mein Zimmer. Wie jeden Abend programmiere ich weiter an meiner KI, als ich auf meinem Terminplaner schaue. Ja, sowas besitzt die Jugend von heute noch. Jedenfalls ich. Hätte ich nicht so ein schniekes Teil, wäre mir das Praktikum bei 'Stark Industries' vollkommen entfallen. In zwei Tage darf ich dem Alltag der Schule entgehen. Darauf freue ich mich schon sehr. 

Nach einiger Zeit fällt mir auf, dass ich heute nichts von Kathrin und Thomas gehört habe. Deswegen begebe ich mich auf leisen Sohlen durch die Wohnung in die Küche und sehe dort einen Zettel hängen:

Wir haben zum einem dein Versagen satt, zum anderen müssen wir zu deiner Großmutter nach Missouri. Onkel Ethan wird bei dir vorbeischauen. Schließlich kriegst du allein nichts auf die Reihe.

Kathrin&Thomas

Das ist so ziemlich die schönste Nachricht der letzten Zeit, sogar noch besser als der Brief von 'Stark Industries'. Wie ein Flummi tanze ich durch die Wohnung und gebe quietschende Laute der Freude von mir. Also klinge ich wie eine sterbende Baby-Robbe. Bis meine Stimmung einen kleinen Dämpfer erhält: Onkel Ethan ist ein schmieriger Typ, der schon einige Betthäschen bei sich hatte. Leider durfte ich so manches von ihnen schon kennen lernen.

So gehe ich nach einem ereignisreichem Tag ins Bett und habe nur eines im Sinn:'Die nächsten Wochen werden trotzdem total super.'

Zum ersten mal seit über einem halben Jahr schlafe ich ruhig. Zuvor fällt mir noch ein, dass Steve mir nicht erzählt hat, was er nun über meine Familie und mich eigentlich wirklich weiß. 

Dieser Schlingel!

Lost Girl (Avengers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt