Pistazieneis zum Frühstück

Kapitel 21

Mit Ally, Fiona, Mike und Carina in unserem Wohnzimmer zu sitzen und aus Aludosen kühles Bier zu trinken, kam für mich der Vorstellung vom Paradies ziemlich nahe. Wir drängten uns zu dritt – Ally, Fiona und ich – auf die kleine Couch, während Mike und Carina auf der andern Seite des Tischchens Sesseln aufgestellt hatten. Irgendwie ergab sich dadurch ein merkwürdiger Abstand zwischen den beiden. Und vielleicht fielen mir auch nur deswegen die neugierigen Blicke auf, die Mike meiner Schwester immer wieder zuwarf. Mit einem unguten Gefühl wurde mir klar, dass ich ihn irgendwann zur Rede stellen sollte. Irgendwann bald.

Ich räusperte mich unauffällig, konzentrierte mich auf das Gespräch und setzte wieder ein Lächeln auf. Was wirklich nicht schwer war, da Ally mir so nahe war, dass die Glückshormone in mir sowieso umherschwirrten, als würde man mich gründlich durchschütteln. Obwohl wir uns nur mit den Knien leicht berührten, genoss ich den kleinen Kontakt zwischen uns.

„Oder weißt du noch, als Ben versehentlich Miss Carter fotografiert hat, als sie im Garten ihrer Nachbarin die Tulpen abschneiden wollte, weil sie so neidisch war?", fragte Fiona Mike lachend.

„Oh Gott... Ja! Mann, wie hast du nicht merken können, dass da eine alte Frau im Hintergrund drauf war?"

„Ich war elf. Reicht das als Begründung?" Nun wandte ich mich eher an Ally und Carina, da sie die Geschichte noch nicht kannten. „Jedenfalls hat meine Mum das Bild nachher auf der Kamera entdeckt und geglaubt, ich hab Miss Carter gestalkt oder so was. Ich hatte eine Woche Hausarrest – bis sie mit Miss Carter sprach und merkte, dass ich eigentlich nichts angestellt hatte. Außer sie bei der Gartenarbeit in einem fremden Garten zu ertappen. Trotzdem hat Miss Carter den Preis für den schönsten Garten in ganze Seening bekommen und Mum hat mich gezwungen, das Bild zu löschen."

„Es gibt ja eine Menge komischer Fetische... aber dass du gern alte Frauen fotografierst, hätte ich echt nicht gedacht." Natürlich nutzte Ally schon wieder die Gelegenheit, sich über mich lustig zu machen.

„Ich hab sie ja nicht absichtlich fotografiert!", protestierte ich.

„Mein Bruder, der Fotograf. Ich glaub, ich war noch nie so stolz." Auch Fiona sprach fließend Sarkasmus.

„Jetzt weiß ich auch, wieso du noch nie ein Bild von mir gemacht hast. Krieg ich wenigstens einen Termin für... sagen wir in dreißig, vierzig Jahren?" Ally grinste mich herausfordernd an. Ich erwiderte ihren intensiven Blick und vergaß fast auf die anderen Leute im Raum.

„Ich krieg doch wenigstens Familienrabatt, wenn ich mal sechzig bin, oder?", verlangte auch Fiona und durchbrach damit die Spannung zwischen Ally und mir.

Wow, die beiden waren sich in solchen Dingen echt ähnlich.

„Wollt ihr auch gleich was festlegen, oder wie sieht's aus?", fragte ich das fast-Pärchen nun gespielt genervt. Oder das nicht-mehr-fast-Pärchen, denn es war klar, dass auch Carina merkte, wem Mikes Aufmerksamkeit am ehesten galt. Um es etwas härter auszudrücken: Er beachtete Carina kein bisschen, tat als wäre sie Luft. Und es gefiel ihr überhaupt nicht. Kein Wunder.

Wer wollte schon ausgenutzt, aber nicht gesehen werden?

Plötzlich überkam mich Mitleid. Wieso tat Mike ihr das an? Er musste doch einsehen, wie scheiße es war, ihr sofort eine andere vorzuziehen – und das auch noch so schlecht zu verbergen – obwohl sie unglaublich viel Zeit miteinander verbrachten.

Ganz unauffällig ließ Ally ihre Hand direkt neben meine auf die Couch sinken, sodass sie mich leicht berührte. Meine Sorgen um Carina rückten wieder etwas in den Hintergrund. Was hätte ich in diesem Moment auch ausrichten sollen?

„Ich hol noch ein Bier. Will sonst wer was?", verkündete Mike und erhob sich. Als sich niemand meldete, verließ er das Zimmer.

„Ich muss mal kurz auf Klo", murmelte Carina und stand ebenfalls auf. Wahrscheinlich war das nur ein Vorwand, um mit Mike zu reden. Ich spürte sofort eine gewisse Erleichterung in mir. Es war gut, wenn die beiden ihre Probleme selbst klärten und ich mich nicht einmischen musste.