2.Elender Huffelpuff

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Verzweifelt kämpfte Severus mit den Tränen. Vor dem Schloss blieb er stehen und lehnte sich gegen die steinerne Wand. Er hatte das Gefühl, dass seine Beine ihn nicht mehr tragen konnten. Plötzlich tauchte neben ihm ein Schatten auf. Erschrocken strich er sich über das Gesicht und bemühte sich ein neutralen Gesichtsausdruck  aufzusetzen. Doch seine roten Augen schrieben Bände. 《Hast du James gesehen?》, fragte plötzlich jemand neben ihm. Es war Remus. Remus gehörte zu James besten Freunden. Dazu gehörten noch Peter und Sirius. Doch Remus war anders als die anderen. Von ihm konnte Severus behaupten, dass er ihn ein kleines bisschen mochte. Nun nickte Severus stumm und zeigte auf den Schlosshof. Remus musterte ihn von oben bis unten. Sein Umgang tropfte noch immer und sein Gesicht war noch bleicher als es sowieso schon war. 《Ist alles in Ordnung?》, fragte Remus knapp. Severus nickte. Denn sein Mund war so trocken, dass er kein Wort raus brachte. Remus machte Anstalten weiter zu gehen. Unschlüssig blickte er erst zur Wiese und dann in Severus trauriges Gesicht. Schließlich ging er weiter und ließ den weinenden Jungen an der Mauer stehen. 《Warum musste sie ausgerechnet mit James befreundet sein?》, fragte er sich und schlug gegen die Mauer. Der Schmerz breitete sich in seiner Hand aus. Doch das war ihm völlig gleichgültig. Angewidert verzog er das Gesicht, als ihn der Gedanke kam, dass sie noch viel mehr als Freunde waren. Dann wäre er abgeschoben. Schließlich war er nur ein unbeliebter Slytherin, der sich aufführte wie ein elender Huffelpuff. So konnte es nicht weiter gehen. Erneut hatte er das Gefühl in Tränen auszubrechen. Er schluckte und atmete tief durch. Ohne sich noch einmal zu der Wiese umzudrehen lief er in schnellen Schritten ins Schloss. Er wollte in den Schlafsaal und vor allem verstecken, doch seine Beine trugen Severus in den Kerker. Der lange Gang tief unter Hogwarts war dunkel und es war eisig kalt. Die Tatsache, dass seine Haare noch nass waren, ließ ihn noch mehr frieren. Auf seiner bleichen Haut bildete sich eine Gänsehaut. Ohne langsamer zu werden lief er tiefer und tiefer in den Gang hinein. Seine Schritte hallten an den Wänden wider. Sonst war alles still. Hier unten kam selten außerhalb des Unterrichtes Jemand her. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb es Severus hier so gut gefiel. Hier lauerte kein James. Mit der Zeit hatte sich das Verhältnis zwischen Severus und James stark geändert. Früher konnte Severus James nicht ausstehen. Diese arrogante und vorlaut Art konnte Severus auf den Tot nicht ab. Mittlerweile war es anders geworden. Severus hatte Angst vor James. Denn er wusste, dass James zu allen Mitteln griff, wenn er etwas erreichen wollte. Desto näher er dem Klassenzimmer kam, desto schneller wurden seine Schritte. In seinem Kopf drehten sich die Gedanken. Der Gedanke an Lily und James versetzte ihm einen Stich. Endlich stand er im Klassenraum der Zaubertränke. Dieser Ort vermittelte ihm ein Stück Zuhause. Oft hatte er hier unten gesessen und seine Sorgen und Ängste seiner Freundin Lily erzählt. Sie hasste den Kerker. Doch ihm zu liebe saß sie Stunden lang hier mit Severus. In der Zeit in der sich seine Eltern so oft gestritten hatten, war er fast täglich hier her gekommen. Tobias sein Vater mochte Zauberei nicht. Was Severus viel Ärger mit seinem Vater bescherte. Doch die Liebe war stärker als die Abneigung zur Zauberei. Severus konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er an seine Eltern dachte. Sie hatten zwar oft keine Zeit für ihn gehabt, doch waren sie im Notfall immer zu sprechen. Seit längerem hatte er nicht von daheim gehört. Severus setzte sich auf einer der Stühle und rührte in eine Kessel. Eine goldene Substanz fing an sich zu drehen. Es war der Felix Felicis Trank. Er wird auch flüssiges Glück genannt. Der Geruch von Blumen stieg ihm in die Nase. Noch ein weiterer Geruch steig aus dem Kessel. Dieser Geruch war schöner als jeder andere. Er roch nach seiner Freundin Lily. Eine Weile schloss er dir Augen und genoss diesen vertrauten Geruch.
Auf einmal hörte er Schritte. Ohne den Blick von der duftenden Substanz abzuwenden, hörte er zu, wie die Schritte näher kamen. Die Lust auf Gesellschaft war so gering, dass er liebend gerne gegangen wäre. Doch der liebliche Geruch hielt ihn an Ort und Stelle. Plötzlich hörte er eine Stimme: 《Severus》Erschrocken drehte er sich um. Lily kam näher ins Klassenzimmer und setzte sich zaghaft auf einen der Holzstühle. 《Woher wusstest du, dass ich hier unten bin?》, fragte er und stand auf. Doch statt in Lilys Richtung zu gehen, lief er zu einem der vielen Schränken und Regalen an den Wänden. Sie waren so hoch, dass sie bis an die Decke reichten. Obwohl oft ein Durcheinander herrschte, kannte sich Severus gut hier aus. Lily blieb auf dem Stuhl sitzen, beobachtete ihn und sagte schließlich: 《Du bist mein Freund. Hier bist du meistens, wenn du deine Ruhe haben möchtest. Denkst du echt ich hätte das vergessen?》 Severus begann einzelne Zutaten aus den verschiedensten Schränke zu holen und auf den Tisch zu legen. 《Und warum tust du es dann nicht?》, fragte er und holte einen bronzefarbenen Kessel heraus. 《Was?》, fragte Lily irritiert. 《Mich in Ruhe lassen》, rief Severus laut und schaute ihr ins Gesicht. Erschrocken schaute Lily ihren Freund an.《Gut, dann gehe ich. Ich wollte dir nur sagen...》, fing sie an zu flüstern, doch Severus schubste sie zur Tür. Die schwere Eisentür fiel ins Schloss. Langsam rutschte Severus an der Tür gelehnt nach unten. Er verschränkte seine Arme im Nacken und starrte an die gegenüberliegende Wand. Seine dunklen Augen schauten leer geradeaus.

Severus Snapes VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt