Beide Westwoods im Büro

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Adam hat mich ziemlich gekränkt mit seiner Aussage. Ich weiß, er ist mein Chef und ich sollte mir echt nicht so viele Gedanken um ihn und unsere vergangene Nacht machen, aber sein Verhalten ist ein purer kalter Stich in mein kleines müdes Herz. Auch wenn er nichts von mir möchte, kann er mir ruhig mit etwas mehr Respekt gegenüber treten, dass wäre nun wirklich nicht zu viel verlangt. Ich komme mir so dumm und ausgenutzt vor. Als Adam und ich vorhin das Gebäude betreten haben, lagen alle Augen auf uns. Da wir auch gemeinsam aus einem Auto gestiegen sind, war es auch für sich sprechend, dass wir gemeinsam gekommen sind. Allerdings hat mich Adam ohne noch irgendwas zu sagen, stehen gelassen und ist in Richtung Aufzüge aufgebrochen. Sam hat mich netterweise aus der unglaublich peinlichen Situation gerettet. Mit frischem Kakao kam er auf mich zu, hat mir die Hand in den Rücken gelegt und mich in die kleine, aber zum Glück leere Küche gewiesen. 

Glücklicherweise hat die Küche eine Tür und sobald Sam diese geschlossen hatte, schossen die Tränen nur so aus meinen Augen. Purer Scham überkam mich und ich verstecke mich hinter meinem dicken Schal. Es ist einfach nur arm, dass ich mich so gehen lasse und das alles nur wegen diesem Penner. "Oh nein, was hat der Idiot angestellt?" Sam kümmerte sich nicht um mein Unbehagen und nahm mich einfach nur ganz fest in den Arm. Das sorgte nur dafür, dass ich mich schüttelte vor lauter weinen. "Ich bin selber Schuld. Ich bin einfach so dämlich und dumm. Was hab ich mir auch nur dabei gedacht, Sam?! Ich mein, ich hätte mir auch denken können, dass selbst wenn ich ein zweites Mal mit ihm ins Bett hüpfe, es sich rein gar nichts ändern wird." Erschöpft lasse ich meinen Kopf wieder auf seine Schulter fallen. Sam regt sich, sodass er mir jetzt besorgt in meine Augen blicken kann. "Was sagst du da gerade? Zum zweiten Mal? Wann war denn das erste Mal?" "Der Tag bevor ich hier angefangen habe, war ich mit meinen Mitbewohnerinnen in einer Bar und da war er auch. Wir haben uns beide ziemlich zulaufen lassen und am nächsten Morgen bin ich mit einem fetten Kater und Filmriss bei ihm in der Bude wach geworden und hab mich dann ziemlich erschrocken, als er mir dann hier als Chef gegenüberstand."  Sam wollte gerade ansetzten und etwas erwidern, als die Tür aufgerissen wurde und eine ziemlich neugierige Kollegin von ihm reinstürmte. Sie entschuldigte sich gar nicht erst und fing an Kaffee zu kochen. Mit einer Kopfbewegung machte Sam mir deutlich, dass wir besser rausgehen. Aber auch draußen standen noch einige unserer Kollegen die auf eine Reaktion warten. Ich beugte mich zu Sam und flüsterte: "Besser wir reden später noch einmal, danke aber schon mal. Ich geh mal lieber hoch." Ich drückte noch einmal seinen schönen, trainierten Körper und ging dann zum Treppenhaus. Ich wollte nicht mit dem Aufzug fahren. Zu groß war die Angst, dort mit viel zu vielen schaulustigen Leuten drin zu stecken. Die Treppen bis hoch in meinen Stock zogen sich ganz schön, dass ich oben außer Atem ankam. 

Die Frau vorne am Empfang, dessen Name ich immer noch nicht wusste, hielt mich mit erhobener Hand auf. "Entschuldigung, Sophie. Zum einen glaube ich, dass du meinen Namen noch gar nicht kennst, aber ich bin Hildegard.", sie reichte mir freundlich die Hand. "Und zum zweiten erwarten dich beide Westwoods im Büro. Ich wollte dich nur einmal vor warnen. Und wisch dir lieber noch einmal die verflossene Wimperntusche von den Augen. Welcher Kerl auch immer dafür verantwortlich ist, ist es trotzdem nicht wert." Hildegard zwinkerte mir zu und machte sich wieder an ihre Arbeit. 

Zögerlich machte ich mich auf den Weg zu meinem Büro und stieß vorsichtig die Tür auf. Auf meinem Platz saß Adam und auf dem Stuhl gegenüber von ihm saß der Senior. Tief durchatmen, Sophie. "Bitte?" fragte ich unpassend patzig. Ich bereute es auch direkt, aber da war es trotzdem schon raus. Beide schienen es nicht gehört zu haben oder aber gekonnt überhört zu haben. "Miss Hillen. Schön, dass sie auch endlich hier sind." Der Senior hatte sich zu mir umgedreht und strahlte mich an. Da ich mich nicht gegenüber von Adam setzen wollte, also neben seinem Vater, stellte ich mich quasi zwischen die beiden und lehnte mich an die Wand. "Entschuldigung, ich wurde unten noch aufgehalten.", versuchte ich mich etwas eingeschüchtert zu erklären. Mr. Westwood tat das ganze mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. "Alles Gut, ich hatte sie ja auch nicht über das Treffen informiert. Ich wollte nämlich etwas mit euch beiden besprechen." Erwartungsvoll sah ich zwischen ihm und Adam hin und her. Gedanklich verkreuzte ich meine Finger und betete, dass es nichts schlimmes war. "Erzähl schon, Vater." Adam lehnte sich in meinem Sessel zurück und sah ebenso erwartungsvoll aus. "Also gut. Für diese Woche, am Samstag,  habe ich eine Benefiz- Gala organisiert und würde euch beiden bitte, gemeinsam aufzutreten. Das ist nichts persönliches.. obwohl in gewisser Weise wohl. Sophie du musst wissen, Adam ist immer noch als Junggeselle unterwegs und auf solchen Veranstaltungen schmeißen sich alle Frauen an ihn ran. Allerdings wäre es für ihn, aber auch für die Firma, viel schöner, wenn er sich auch mal auf die Gespräche konzentrieren könnte. Und da kommen sie mir und natürlich Adam, sehr gelegen. Da sie ja jetzt auch noch einige Zeit hier bleiben, passt es auch vom zeitlichen Rahmen, wenn sie in Zukunft noch mal öfter gemeinsam erscheinen." 

Also gut. Wenn man es genau nimmt, möchte also der Vater meines Chefs, dass ich für kurze Zeit, die Frau an der Seite seines Sohnes spiele. Ich kann seine Argumentation auch echt gut verstehen, aber zum Teufel nochmal, das hat doch auch was von Prostitution. Ich kann mich auch geehrt fühlen und es auch genauso gut als Job meines Praktikums ansehen, aber irgendwie geht das nicht. Vor allem nicht, weil ich Gefühle für Adam habe. Scheiße, ich will das auch nicht. Adam behandelt mich wie ein Gebrauchsgegenstand. Mal bin ich gut und im nächsten Moment bin ich wieder die kleine Puppe, die man im Schrank abstellen kann. Und ich will das echt nicht.

Ich fühle mich unfassbar zu ihm hingezogen. Mein Bauch fängt an zu kribbeln, jedesmal wenn ich an ihn denke. Es ist, als würde der Frühling beginnen und alle Schmetterlinge gleichzeitig schlüpfen und eine riesen große Tour in meinem Bauch veranstalten. Es hört sich echt seltsam an, aber leider muss ich mir das eingestehen. Und ich glaube nicht, dass es mir leichter fällt ihn aus dem Kopf zu schlagen, wenn ich die Frau an seiner Seite geben soll. Es kann gar nicht funktionieren, es ist quasi zum scheitern verurteilt. 

"Miss?", vorsichtig unterbricht der Senior meine Gedanken. "Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Es ist schön, dass sie da an mich denken und ich fühle mich geschmeichelt, aber ich denke nicht, dass ich dem gerecht werde. Vielleicht sollten sie da lieber eine der Damen fragen, die schon länger hier angestellt sind." Ich wag es nicht, einem der beiden in die Augen zu sehen. Also senke ich meinen Blick beschämt auf meine super schönen Schuhe und hoffe, dass beide sich gleich aus meinem Zimmer scheren werden. "Sophie? Guck mich mal bitte an." Adam lässt meine Hoffnungen verpuffen und kommt zögerlich auf mich zu. Dennoch strahlt er unglaubliches Selbstbewusstsein und Macht aus. Er nimmt meine Hände und sucht nach meinem Blick. "Mir und meinem Vater liegt da sehr viel dran, dass du die Frau an meiner Seite bist. Du bist nicht so scharf auf mein Geld oder die Firma, wie andere Frauen die ich kenne. In echt interessierst du dich nämlich nur für mich und möglicherweise etwas für mein Aussehen." Adam grinst und zwinkert mir zu, was mir wieder mal weiche Knie beschert. "Ich möchte keine von den Tussis hier in der Firma fragen, die wären nämlich alle lange nicht so echt und authentisch wie du. Außerdem wäre es mir eine Ehre, dich als meine Freundin präsentieren und ausführen zu dürfen." Mit seinem Daumen zeichnet er ruhige Bewegungen auf meiner Hand und sieht mich unfassbar liebevoll an. In meinem Bauch tanzen gerade wieder Einhörner Samba und machen mich vollkommen verrückt, aber das liegt daran, dass ich gerade am liebsten schreien würde. Vor Glück. Schrecklich, dass er mich damit allein schon um den Finger wickelt, aber ich kann nicht anders. Ich kann auch schlecht leugnen, dass ich es nicht sein würde, also die Frau, die ihn begleiten darf. "Ok, aber unter einer Bedingung." flüstere ich. "Klar, alles was du möchtest." begeistert drückt er meine Hände fest. "Das klingt möglicherweise blöd, aber ich will die einzige sein. Für diese Zeit wirst du dich mit niemandem anderes treffen. Sollte so etwas nämlich raus kommen, bin ich das dumme kleine naive Mädchen, was sich auf den großen Adam Westwood eingelassen hat und das möchte ich nicht sein. Außerdem will ich Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit." Ich fasse alles zusammen, was mir wichtig ist und sehe ihn überzeugt an. Das was ich gesagt habe, entspricht der kompletten Wahrheit. Es hat mir einiges an Überwindung gekostet es auch wirklich auszusprechen, aber ich möchte, wenn auch nur als Alibi, keine seiner nächsten Dummen sein. Ich bin eine eigenständige, einigermaßen selbstbewusste Frau und das möchte ich mir nicht nehmen lassen. In Adams Augen sehe ich etwas wie Anerkennung und Mitgefühl aufblitzen und auch beim Senior kommt etwas ähnliches durch. "Das ist das Mindeste, auf jeden Fall." erwidert Adam. Aber auch der Senior hat noch etwas zu sagen:" Das ist alles? Sie möchten kein Geld, oder irgendwas anderes? Verstehen sie mich nicht falsch, aber sowas kenne ich nicht." "Nein, würde ich Geld nehmen, hätte es für mich etwas wie Prostitution und das will ich nicht. Ich tue ihnen einen Gefallen, auch weil ich es irgendwie gerne mache. Vielleicht kann ich ja irgendwann noch einmal darauf zurück kommen, aber für den Moment möchte ich nichts weiter.", erkläre ich den beiden und setze mich dann auf meinen Stuhl, den Adam vor ein paar Minuten verlassen hatte. Die beiden verlassen mein Büro und somit auch mich und meine Gedanken. Ich denke, dass ist auch besser so, denn die sind gerade am durchdrehen, genauso wie ich. 

Just a year in Ireland.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt