Als ich das nächste Mal aufwachte, dämmerte es bereits.
An dieser Stelle ist es mir zu peinlich, um über das Geschehene zu berichten; aber sagen wir soviel: Alac hat sich echt ins Zeug gelegt.
Als ich ihn nun schlafend neben mir sah, musste ich unwillkürlich lächeln. So sah er gar nicht so schlecht aus, sogar fast unschuldig; wenn man mal vom Fehlen seiner Anziehsachen absieht.
Mir ging es schon viel besser, mein Fieber schien verschwunden zu sein und auch das nervige Kratzen im Hals hat sich weitesgehend verflüchtigt. Allerdings machten sich nun das fehlende Abendessen vom Vortag und auch die sonstigen versäumten Speisen bis zum jetzigen Zeitpunkt mit einem lauten Magenknurren bemerkbar.
Also stand ich auf und wollte mich anziehen, mit dem Vorhaben, runter in die Küche zu gehen und mir vielleicht irgendwelche noch vorhandenen Reste in der Mikro zu erhitzen.
Gerade als ich über den immer noch schlafenden Alec kletterte, fiel etwas in meinen Blick; es war das Fieberthermometer. Es zeigte noch die zuletzt gemessene Temperatur auf, doch es waren bei weitem nicht 40,0 Grad.
Ich hob es auf und betrachtete es genauer; da hatte mich Alec doch ernsthaft angelogen und mir verheimlicht, dass mein Fieber schon auf 38,5 Grad runter gegangen war.
Ich seufzte und schaltete es aus. Wahrscheinlich hatte selbst er ein Gewissen und wollte meine Gesundheit nicht zusätzlich verschlechtern, brauchte aber eine 'Entschuldigung' um mit mir diese Art von Dingen anstellen zu können.
Ich seufzte erneut und sah ihn ein letztes Mal an, bevor ich endgültig in die Küche ging.
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„Morgen", meinte Alec herzhaft gähnend, als er in die Küche kam.
„Wir haben bereits 18 Uhr", entgegnete ich, während ich das wahrscheinlich von ihm frischgekaufte Gemüse für einen Salat zurechtschnitt. „Da kann man wohl kaum noch von 'Morgen' sprechen."
„Hmm...", machte er und trat hinter mich. „Dann halt 'Abend'."
Ich bekam eine Umarmung von hinten und zuckte leicht zusammen, woraufhin er leise kicherte.
„Wie geht es dir?", wollte er wieder von mir wissen.
„Gut soweit", antwortete ich ohne zu lügen. Abgesehen von leichten Schmerzen im hinteren Bereich meines Körpers stimmte das ja auch.
Ich spürte, dass er grinste. „Lass uns das nachher wiederholen."
Ich antwortete ihm nicht, sondern versuchte mich voll und ganz auf das Schneiden des Salates zu konzentrieren.
„Sag mir, dass du mich liebst", forderte er plötzlich, seine Umarmung wurde fester.
„W-was?", fragte ich etwas schüchtern und hätte mir fast in den Finger geschnitten.
„Sag mir, dass du mich liebst", wiederholte Alec im ersten Ton. „Sag es."
„I-ich ähm...", fing ich an, wusste aber nicht, was ich weiter sagen sollte.
Warum wollte er denn auch so plötzlich von mir wissen, ob ich ihn l-liebe?!
„Schönes Wetter, nicht?", lenkte ich das Gespräch auf ein anderes Thema.
„Es regnet", erwiderte er kalt.
„Aber Regen ist doch gut, oder?", meinte ich mit einem dezent verzweifeltem Lachen. „Ohne Regen würden Dinge wie dieser Salat zum Beispiel gar nicht wachsen." Ich wies auf den halb geschnittenen Salatkopf.
„Nein, das würde er nicht." Ich konnte Alacs finsteren Blick von der Seite aus förmlich spüren.
Er packte mich an der Hüfte und drehte mich zu ihm, unsere Nasenspitzen berührten sich.
„Sag es", forderte er nun mit noch mehr Nachdruck.
Ich wollte gar nicht wissen, wie rot mein Gesicht zu diesem Zeitpunkt war; antworten tat ich trotdem nicht. Schließlich hatte ich mir bis jetzt noch nie Gedanken darüber gemacht, ob ich für Alac auch noch andere Gefühle hatte als freundschaftliche.
„W-weißt du, Alac, ich-"
Mein etwas holpriger Anfang wurde jäh von der Türklingel unterbrochen.
Wir beide sahen erst in Richtung Eingangstür und uns dann gegenseitig an.
Als es dann noch mal klingelte, nutzte ich die Chance, löste mich aus Alacs Umarmung und rannte zur Tür.
Langsam öffnete ich sie und erkannte hinter ihr Mark wieder, ein weiterer Mitarbeiter im Café, in der einen Hand hielt er einen völlig durchnässten Regenschirm und in der anderen eine rosa Tüte.
Er war mit 16 Jahren der jüngste von uns und arbeitete nur am Wochenende, aus schulischen Gründen, wie ich annahm.
Besorgt sah er mich an. „Du bist total rot im Gesicht, geht's dir gut?"
„Äh, j-ja", meinte ich. „Mir geht es gut. Ich, ähm, brauchte nur mal ein bisschen Pause vom ständigen Bettrumgelege. Komm doch rein."
Er kam meiner Aufforderung nach und trat ein.
„Ich hab von Vinzent gehört, dass du heute einfach umgekippt bist und da wollte ich bei dir mal nach dem Rechten sehen", meinte er freundlich und drückte mir dann die Tüte in die Hand. „Die hat meine Schwester für dich gebacken, als kleines 'Werd wieder gesund'-Geschenk. Aber Achtung, die sind unglaublich süß!"
„Oh, sag ihr danke von mir", sagte ich lachend. Seine Schwester war erst 7 und schien einen Narren an mir gefressen zu haben. Jedesmal, wenn sie mich sah, gab es kein Halt mehr und ich musste den ganzen Tag mit ihr spielen.
„Wir machen gerade Salat, willst du auch was essen?"
„Nein, ich hab schon im Café gegessen. Aber danke", lehnte er freundlich ab. „Ist Alac auch da?", wollte er dann wissen.
„Ja, er ist in der Küche."
„Oh, dann bestell liebe Grüße von mir, ich mach mich dann wieder auf die Socken", sagte er lächelnd. Es ist schwierig zu beschreiben, waber ich glaube, er wollte etwas von Alec. Nicht, dass mich das was angehen würde, aber es war halt so ein Gefühl.
„Also dann, werd schnell wieder gesund!"
„Ja, danke, und du bestell auch liebe Grüße", meinte ich zum Abschied und schloss die Tür wieder hinter ihm.
Dann tapste ich fröhlich wieder in die Küche, wo mich der nicht ganz so gut gelaunte Alac erwartete.
„Wer war das?", wollte er wissen, während er an einem Salatblatt knabberte.
„Mark", antwortete ich knapp und stellte die Tüte mit den Keksen auf den Tisch. „Die hat seine Schwester für mich gebacken, süß, nicht?"
„Ja, total süß", entgegnete er kühl. Ob seine derzeitige miese Stimmung an mir lag? Wahrscheinlich, ich bin ihm ja schließlich ausgewichen und hatte auch noch keine Antwort geliefert.
„Hör mal Alec", sagte ich gefasster als ich mich fühlte. „Ich kann dir noch nicht sagen, ob ich, ähm, mehr als nur Freundschaft für dich empfinde", ich machte eine kleine Pause und versuchte schüchtern seinen Blicken auszuweichen. „Dafür ging mir seit gestern alles etwas zu schnell. A-aber was ich dir sagen kann ist, dass, ähm..." Wie sollte ich es bloß am besten formulieren? „Was ich sagen möchte ist, dass es sich g-gut angefühlt hat, dir so nah zu sein."
Mir war klar, dass ich rot wie eine Tomate sein musste, als ich diese Worte aussprach. „Bitte lass mir noch etwas Zeit, um darüber nachdenken zu können."
Eine Pause entstand. Als ich dann doch endlich einen Blick zu Alec wagte, sah er mich vollkommen überrascht an. Anscheinend hatte er mit so etwas nicht gerechnet und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
„W-wollen wir dann essen?", fragte ich vorsichtig.
Er räusperte sich und nickte. „Ja, lass uns was essen."
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Nur ein Mitbewohner ...oder mehr als das?
عاطفيةEs ist jetzt genau einen Monat her, seit ich mich entschlossen habe mit einem Mitbewohner in das alte Haus meiner verstorbenen Großmutter zu ziehen. Für einen alleine wäre es viel zu groß, selbst für zwei ist es sehr verschwenderisch. Aber was soll...