Kapitel 6

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"Hahaha, du schuldest mir 5 Euro, Jake!"

Der blonde, vielleicht 18-jährige Schüler, der mir gerade noch die Tür geöffnet hatte, lächelte mich schief an und stieß die Tür beim Umdrehen wieder zu.

Augenblicklich schnellte meine Hand hoch und schützte mich davor, nicht von der Tür erschlagen zu werden.

Genervt betrat ich das Klassenzimmer und versuchte, die Blicke des gesamten Kurses zu ignorieren, die jeden meiner Schritte verfolgten.

Der Blonde hatte sich wieder an seinen Platz gesetzt und grinste über das ganze Gesicht. Als ich mich langsam zum Lehrerpult bewegte, meinte ich sogar ein High-Five zu hören.

"Ein bisschen vorsichtiger, Alec. Sie haben das Mädchen fast mit der Tür erschlagen."

Er versuchte sich ein Lachen zu verkneifen, was aber nicht sonderlich erfolgreich war, und nuschelte lediglich ein "Sorry".

Augen rollend, widmete ich mich wieder dem Lehrer, der mich schon eindringlich musterte. Irgendwie war es mir ziemlich unangenehm, so von ihm angestarrt zu werden.

Ich senkte den Blick und begutachtete meine Sneakers, bis er endlich anfing zu sprechen: "Sie sind also die Neue. Katharina, nehm ich an?"

"Katy reicht."

"Okay, Katy. Dann setz dich mal."

Ich nickte und sah mich um, konnte aber keinen freien Tisch finden. Jeder Platz war belegt, also stand ich da einfach wie angewurzelt und wusste nicht, was ich machen soll.

Er sah wieder von seinen Notizen auf und blickte mich fragend an.

"Wohin denn?"

Mit verwirrtem und leicht genervten Blick sah er sich um. "Oh, Alec, hol mal einen Tisch und einen Stuhl aus dem Nachbarzimmer."

"Was?! Wieso ich?"

"Wenn du ihr schon die Tür vor der Nase zuschlagen kannst, wirst du es auch schaffen, ihr einen Sitzplatz zu arrangieren. Außerdem willst du dich doch bestimmt von deiner besten Seite zeigen und das kleine Faux-Pas von vorhin wieder gut machen, oder?"

Alec hingegen saß einfach nur geschockt dar und errötete ein wenig. Ohne ein Wort stand er auf und kam einige Sekunden später wieder zurück.

"Wo willst du denn sitzen? Du hast die freie Wahl." Er grinste mich herausfordernd an und zeigte mit der Hand zum gesamten Kurs.

Ich hasste es, wenn sich Jungs so überlegen fühlten, obwohl sie sich kurz vorher noch wie ein gleichgültiges Arschloch verhielten. Ich wollte, dass er wusste, mich könnte er niemals einschüchtern.

"Warum nicht direkt neben dir?" Grinsend zeigte ich auf den freien Platz neben ihm.

Seine Augen blitzten auf und er sah mich amüsiert an.

"Ich weiß nicht. Traust du dich das denn?" Für einige Sekunden verlor ich meine Fassung und sah  ihn verwirrt an. Ich war es nicht gewohnt, dass man konterte und mich herausforderte. Aber schnell fasste ich mich wieder.

"Was hab ich denn zu verlieren?"

"Hast du nicht Angst um deine Noten? Ich könnte dich vom Unterricht ablenken."

Ich sah kurz zum Lehrer, denn mir war überaus bewusst, dass das alle mitgehört hatten. Aber der war in die vor ihm liegenden Unterlagen vertieft und schien sich nicht sonderlich für uns zu interessieren.

"Da mach dir mal keine Sorgen drüber. Ich bezweifle, dass mich ein überhebliches, pubertierendes Kleinkind von meiner Zukunft abhalten kann."

Dem Blick auf seinem Gesicht nach zu urteilen, hat mein Spruch Eindruck hinterlassen.

Wurde auch mal Zeit, dass ihm jemand die Meinung sagt.

Ich setzte mich auf den Platz neben ihm und holte mir Block und Kugelschreiber aus der Tasche. Stumm setzte er sich wieder hin und hatte wohl nicht gemerkt, dass sein Mund schon die ganze Zeit offen stand.

Innerlich grinste ich in mich hinein, bis ich mich dann endlich  wieder dem Unterricht zuwidmen konnte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 17, 2017 ⏰

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