„Na Jackie, hat der Wecker mal wieder verschlafen“
„Ist die Madam mal wieder beim Duschen eingepennt?“, waren noch einer der netten Bemerkungen.
„Haha!“, sagte Nico, aber keiner hörte ihm zu. Na toll, den einzigen Freund den ich aus meiner Klasse hatte, hatte in solchen Momenten das „Stimmchen“ einer Spitzmaus mit Husten. Nur ein paar Jungs lachten ihn aus.
Und Finn schien sich fast vor Lachen nicht mehr halten zu können: „Ohhhhh, hat das unbeliebte Riesenbaby eine Freundin gefunden?!“
Da riss sogar mein Gedultsfaden. Bevor meine Faust ihm erklären konnte, dass man sich nicht über meinen besten Freund lustig machte, schaute Kate ihn komischer Weise so böse an, dass er augenblicklich verstummte.
In letzter Zeit machte sie das immer öfter, und es nervte mich höllisch! Weil es früher immer meine Aufgabe gewesen war Nico zu verteidigen und vielleicht war ich auch etwas eifersüchtig, aber nur etwas!
Plötzlich hob Herr Wieland den Kopf und sah mich und Winnetou überrascht an. Die ganze Klasse verstummte auf der Stelle, denn obwohl Herr Wieland schon fast taub war, schaffte er nur mit einem Blick die Schüler zum Schweigen zu bringen, selbst wenn er es nicht bemerkte, dass wir redeten.
„Wollt ihr euch nicht setzten?“, schnell ging ich in Richtung Nico und Kate in Richtung Finn und Stella, ganz nach vorne.
„Super, kann einer von euch Jacqueline erklären was wir die vorigen fünf Minuten gemacht haben?“, krächzte Herr Wieland, während die ganze Klasse sich wieder in ihre Privatgespräche vertiefen. Wie immer versuchte Nico mich aufzumuntern: „Irgendwann wird Kate schon aufhören sich so dumm zu benehmen!“, der Satz schien sich in sein Gehirn eingebrannt zu haben, denn schon seit Kates beste Freunde Stella und Finn waren und sie ihre frühere beste Freundin sitzen gelassen hatte, wiederholte er ihn.Der Bioraum war dunkel und die Decke an die vier Meter hoch, an dieser hing ein riesiger Kerzenhalter. Jede Biostunde war eine der vielen Kerzen niedergebrannt, doch es waren so viele dass es wohl noch hundert Jahre dauern würde bis keine Kerze mehr leuchten würde.
Jedes Mal nach dem Klingeln mussten zwei Schüler mit Herr Wieland im Raum bleiben, um die Kerzen ausmachen.
Leider waren heute ich und Nico dran. Na, einen Vorteil hatte es schon: Wir würden mit etwas Glück später zur Klassenbesprechung kommen. Wenn ich was über die Jahre gelernt hatte, dann : desto weniger Zeit ich mit Kate verbringen musste, desto besser.
In den Wandschränken, die alle fast bis zur Decke gingen, standen ausgestopfte Tiere, Gläser mit sezierten „Teilen“ die man nicht erkennen konnte, Skelette, aus denen man keine Lebewesen schließen konnte und Sachen die so verstaubt waren, dass sie nicht mehr zu identifizieren waren.
„Ihhhhhh!!“ war das erste was man von den Neuen hörte, wenn sie das erblickten. Und ich konnte es ihnen nicht verübeln.
Ich hatte mit Kate im Alter von 12 Jahren diesen Raum zum ersten Mal betreten und hatte danach eine Woche von nichts anderem mehr geträumt, als die leeren Blicke der schon längst toten Lebewesen oder dem Geklapper von Knochen. Besonders Angst hatte ich damals vor dem Menschenskelett. Immer wenn ich allein in diesen Raum gegangen war hatte ich mich von ihm beobachtet gefühlt.
Das einzig schöne an diesem stinkendem Loch unter der Erde waren die Pflanzen, sie waren mir in all dem Grusel als erstes aufgefallen.
In allen möglichen Farben blühten sie im Sommer, was ich so beeindruckend fand, dass ich Abends, wenn ich nicht schlafen konnte, nur um diese Pracht zu sehen, herunter schlich.
Das einzige Licht, dass die Pflanzen hatten war der Glanz der Kerzen und die beiden winzigen Fenster am oberen Teil der sandgelben Wand.
Außerdem waren Herr Wieland, Nico und ich die einzigen, die den Pflanzen Wasser gaben. Wobei ich Nico immer wieder dazu überreden musste, wenn ich vorhatte mit ihm in den Bioraum zu schleichen. Was er jedes Mal damit kommentierte wie verboten es doch war, aber ich wusste, dass er immer noch Angst vor den Schatten der ausgestopften Tiere hatte.
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Die Welten von Kathalan- DIE ERDE
FantasyDer Alltag an dem Internat in Salem ist ganz gewöhnlich für Jackie. Denn auch wenn die Beleidigungen der Mitschüler immer unangenehmer werden, weiß sie ihr bester Freund Nico ist immer für sie da, oder? Selbst die fast unerträglichen Albträume von i...