1*verloren

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Ich lief fröstelnd nach einem Besuch auf einer Geburtstagsfeier die Straßen entlang. Der leichte Nieselregen und der aufziehende Nebel bereiteten mir Gänsehaut, und ich umklammerte mich selbst. Mein hellgraues Top und der rosé-farbene Rock waren feucht und wärmten mich keines Weges. Meine schwarze Weste war in Bier getränkt und ich hatte sie nur um die Schultern gelegt.

Toll. Es ist eiskalt und mitten in der Nacht. Ich könnte meine Mutter anrufen und sie fragen ob sie mich abholt.

Ich griff nach meiner Handtasche und stellte fest, dass ich diese nicht mitgenommen hatte. Sie lag zu Hause auf dem Küchentisch.

,,Och verdammt.", fluchte ich laut. Ich bin 19...ich muss ja nicht auf meine Mutter hören...bin ja alt genug. Genau. Du dumme Kuh. Kannst du nicht ein einziges mal nicht so stur sein und auf sie hören? Sie hat dich extra gefragt ob du auch alles hast. Und das du eine Jacke mit nehmen sollst. Was mache ich? Augenrollend bei Lenox ins Auto steigen...Ich denke keine 5 Meter...warte mal...Wo bin Ich überhaupt? Ich kenne die Straße gar nicht. Laufe ich überhaupt in die richtige Richtung?

Ich blieb stehen und drehte mich um mich selbst. Lief nun schneller die Straße entlang. An der nächsten Kreuzung blieb ich stehen und schaute in alle Richtungen. Auch in die Fenster der Wohnhäuser.

Das ist doch nur ein Dorf. Wie kann ich mich da verlaufen? Ich kenne mich doch eigentlich aus. Ich könnte schnell irgendwo klingeln und fragen, ob ich das Telefon benutzen kann...Aber es brennt nirgends Licht. Ich will niemanden wecken. Ich werde schon irgendwann eine Straße wiedererkennen. 

Ich lief weiter geradeaus. Die Straßenlaternen machten es um einiges angenehmer durch die Straßen zu laufen...mitten in der Nacht. Doch auch an der nächsten Abzweigung kannte ich mich nicht aus. Ich fing an, immer schneller zu laufen und zu Atmen. Nach einiger Zeit rannte ich. Aus Panik. Aus Angst. Ich rannte 3 Häuserblocks weit. Ich atmete noch schneller, blieb mitten auf einer Kreuzung stehen, schaute mich wieder um, stützte dann die Hände in die Knie. 

Verdammt wo bin ich?  Der Nebel hilft mir gerade auch nicht wirklich. Was ist hier los? Kein einziges Auto. Keine Lichter in den Häusern. Was soll das? Und warum zum Teufel erkenne ich die Straßen nicht wieder?

Ich schreckte auf, als ich ein Geräusch hörte...

Die Kirchenglocke. Ja natürlich. Ich muss nur ihrem Geräusch folgen. Doch von wo kommt es? 

Ich drehte mich wieder herum und rannte daraufhin so schnell ich konnte nach rechts. Die Uhr schlug 2:45 Uhr. Das Geräusch verstummte wieder. Doch ich rannte weiter. Voller Panik dass ich doch wieder nicht heim finden würde. Doch da war dieses Haus. Mit dieser Trauerweide im riesigen Garten. Ich hatte meine Koordination zurück und Atmete durch. Ich wusste wieder wo ich war. Von hier aus waren es noch etwa 15 Minuten wenn ich normal laufen würde.

Puh. Was eine Situation...Naja jetzt weis ich ja wohin ich muss. Doch es ist trotzdem komisch. Das Dorf ist wie Menschenleer...könnte an der Zeit liegen...hm

Doch dann sah ich jemanden laufen. 10m vor mir lief ein Mann in einem braunen Umhang. Schlendernd und die Häuser begutachtend. Er lief so langsam, das ich ihn sofort überholte. Er war mir unheimlich und ich wechselte vorsichtshalber die Straßenseite. Ein Schrei lies mich zusammenzucken. 

Was war das? Ein Tier? Aber kein Tier macht solche Geräusche. 

Es klang wie eine Mischung aus dem Brüllen eines Löwen und das Heulen eines Wolfes. Doch unnatürlich Tief und verzerrt. Wie durch einen Stimmverzerrer. Ein schwarzer Schatten huschte rechts von mir zwischen den Dächern herum. Viel zu schnell für einen Vogel... etwas anderes konnte es fast nicht sein. Es ist doch nicht etwa...Nein! Das macht keinen sinn! Ich bemerkte, dass der Mann, welcher gerade eben noch seelenruhig lief, auch die Straßenseite wechselte und im Schnellschritt zu mir lief. Ich bekam es mit der Angst zu tun und lief ebenfalls schneller. Als ich um eine Ecke bog, rannte ich los und hoffte, dass ich ihn so abhängen konnte. Doch falsch gedacht. Ich hörte schnelle, rennende Schritte hinter mir, welche immer näher zu kommen schienen. Er rief mir etwas hinterher. In einer Sprache die ich nicht verstand ,,Kis'rah e, kis", rief er. Ich rannte so schnell es meine Füße erlaubten und Atmete schwer. Die Schritte kamen immer näher und dieses Geräusch war wieder zu hören. Als ich einen Blick über meine Schulter wagte, sah ich eine Hand, die sich geradewegs auf meinen Mund legte, und eine Andere, die meinen Arm ergriff. Ich wollte schreien...um Hilfe rufen...doch kein Ton kam über meine Lippen. Ich konnte es nicht. Ich war zu geschockt und mein rasendes Herz setzte einen Schlag lang aus. Der Mann murmelte etwas doch viel zu leise, dass ich es hätte verstehen können. Mein Herzschlag war sowieso zu laut um überhaupt etwas anderes zu hören. 

Nein. Das kann nicht sein. Ich kann mich nicht aus seinem Griff lösen er ist zu stark. Will er etwa? Aber er verhält sich, als hätte er selbst Angst. Wie soll ich das jetzt verstehen?!

Er drückte mich unsanft an die nächste Hauswand, riss mir unsanft meine Weste von den Armen, während er mich im Würgegriff an der Wand hielt. Auch den Rock zog er mir mit einem Handgriff herunter. Tränen stiegen in mir auf und verzweifelt schnappte ich nach Luft, was mir jedoch schwer fiel. Ich versuchte seine Hand mit beiden Händen von meiner Kehle zu lösen doch er war zu stark. Ein lautes schluchzen kam aus meinem Mund, doch es blieb von meinem  Angreifer unbeachtet. Ein erneutes Geräusch unterbrach ihn in seiner Handlung. Es war dieses...unbekannte, welches ich einfach nicht zuordnen konnte. Seine Bewegungen wurden hastiger und er atmete laut und schnell. Ich bekam nun überhaupt keine Luft mehr. Sein Griff wurde immer fester und die Tränen liefen mir über das Gesicht. Mit Händen und Füßen sträubte ich mich doch es war zwecklos. Er war zu stark. Verzweifelt und mit Tränen überlaufen versuchte ich ihm meine Nägel in die Haut zu rammen, um ihn endlich loszuwerden. Doch sein Griff wurde nur noch fester. Ich konnte nicht mehr Atmen. Nun, wo ich fest entschlossen war zu Schreien, um Hilfe zu rufen. Ich war verloren. Konnte mich nicht wehren...nicht  schreien...nichts mehr fühlen...

ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt