2*Es

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Nach unendlich langen zehn Sekunden löste er seinen Griff und ich atmete laut ein. Ich war einerseits froh wieder Atmen zu können, wusste aber gleichzeitig, dass ich noch nicht die Kraft hatte, wegzurennen und ihm zu entkommen. Er zog seinen Mantel aus, warf ihn auf den Boden...Er hob meine Kleidung auf,...und rannte in die Nacht.

Was?! Das ergibt keinen Sinn was sollte das denn?!

Alte Ängste kamen zurück und erst jetzt wurde mir bewusst, was wieder geschah.

Ich konnte mich nicht bewegen. War in einer Starre, und erst der Glockenschlag der Kirchenuhr lies mich zusammenzucken. Ich fröstelte...wusste nicht wie mir geschah, war komplett verwirrt und verstört zugleich. Schwere Tränen kullerten mir über die Wangen und am ganzen Körper zitternd lief ich auf den Mantel zu den dieser Mann auf den Boden warf, zog ihn widerwillig an und lief langsam in Richtung meines Hauses. Der Mantel war noch warm und mein Körper war mir dankbar dass ich ihn angezogen hatte. Mein Kopf war komplett leer und ich starrte einfach nur in meine Laufrichtung. Kurz bevor ich in meine Straße einbog, ertönte noch einmal ein Glockenschlag und ich erschrak mich fast zu Tode. Ich atmete auf und irgendetwas in mir sagte, dass ich in die Kirche gehen soll. Ich lief nun also zielstrebig auf die Kirche zu. Mein Tunnelblick und der monotone Gesichtsausdruck waren verschwunden. Nur die Tränen blieben.

Ich stieg die Treppen hinauf und öffnete die schwere Holztür, welche knarzend nachgab. Der Korridor war sehr dunkel. Nur eine Kerze auf dem Altar spendete einen Funken Helligkeit in die Halle. Trotzdem musste ich mich vorantasten um an den Altar zu gelangen, an dessen kalter Steinplatte ich mich dann festhielt und mich auf die Knie fallen lies. Ich sackte zusammen und nur der schwache Griff meiner Hände am Altar bewahrte mich davor, zur Seite zu kippen.

Tränen tropften auf den Teppich, doch weinen tat ich nicht. Ich war so still wie der Raum selbst und starrte nur ins leere. Ich betete auch nicht. Was paradox ist. Wieso bin ich denn her gekommen wenn ich nicht einmal zu Gott oder so spreche? Aber mein Kopf war so leer, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ich wusste auch nicht, wie lange ich so verharrte. Ich hatte einfach alles vergessen in diesem Moment. Dachte an nichts. Doch die Kirchenglocken, die wie es mir vorkam alle 2 Minuten schlugen, rissen mich wieder einmal aus meiner Starre und ich fuhr erschrocken herum. Mein Blick ging jedoch nur in die Dunkelheit. Langsam gruselte ich mich in diesem dunklen Raum. Dieses Gefühl, dass mich gleich etwas aus der Dunkelheit anspringen würde, wurde immer größer und ich bekam es mit der Angst zu tun. Also lief ich zurück zu der Tür und versuchte möglichst leise dort hin zu schleichen. Ich tastete mich also voran und erschrak mich an meinem eigenen Atmen. Doch auch meine Augen waren nicht unschuldig. Ich sah Schatten, die sich zu verstecken schienen und ich sah sie mit Todesangst an.

Bilde ich mir die nur ein? Nein! Sie sind da. Ich sehe sie doch. Ist dass das Ding von vorhin? Möglich wäre es ja. Es bewegt sich! Wieso bewegt es sich?! Ich muss schnell hier raus! So schnell ich kann!

Ich hielt den Atem an und hoffte das mein Herzschlag mich nicht verriet. Die letzten Meter rannte ich dann in Richtung Tür. Doch etwas lies mich stolpern und ich viel zu Boden.

So endet es also mit mir. Es wird mich fressen. Jetzt wo ich hilflos am Boden liege.

Doch ich versuchte weiter verzweifelt an die Tür zu gelangen und raffte mich stolpernd auf. Ich hörte Schritte hinter mir. Doch war das nur der Hall von meinen? Ich riss endlich die Tür auf und rannte hinaus. Ein Blick in das innere der Kirche bestätigte meine Angst nicht. Ich hatte mir alles nur eingebildet. Die Kirche war leer...nichts besonderes. Ich war über eine Teppichfalte gestolpert...Also lief ich einfach weg und lies die Kirche hinter mir.

Doch die Angst um mein Leben hörte einfach nicht auf. An meiner Straße angekommen, sah ich mit erstarrtem Blick das Ausmaß von Zerstörung. So gut wie jedes Haus war komplett zerstört. Fenster lagen in Scherben, Möbel waren umgeschmissen. Praktisch zerlegt. Und riesige Löcher klafften in den Wänden. Dieser Abend war wohl unübertroffen.

Ich rannte panisch die Straße entlang und sah in die Häuser. Allen wiederfuhr wohl das gleiche Schicksal. Nur einzelne standen komplett unversehrt zwischen der Verwüstung. Das Haus in dem ich wohnte lag am Ende der Straße am Waldrand. Doch die Hoffnung, dass das Haus auch unversehrt war, wurde schnell zu nichte gemacht. Die Tür stand offen und im inneren sah ich, wie alles in Scherben lag. Auch das Küchenfenster rechts neben der Tür war zerbrochen und die Möbel in der Küche lagen kaputt auf dem Boden.

Erst jetzt fiel mir auf, das ich keine Menschen sah. Waren sie alle tot?! Das war wohl das Naheliegenste. Doch was war dann mit meinen Eltern?! Ich stand vor dem kleinen Gartenzaun unter der Straßenlaterne, die die Treppe hinter der Eingangstür beleuchtete. Tränen stiegen mir wieder in die Augen. Wo sie doch gerade erst getrocknet waren. Ich zitterte am gesamten Körper und hatte Mühe, mich überhaupt zu bewegen. Ohne den Eingangsbereich des Hauses aus den Augen zu lassen, öffnete ich die Gartentür, welche grell quietsche, was mich erschrak und meinen Blick von der Tür nahm. Ich stoppte abrupt in meiner Bewegung die Tür zu öffnen und ging seitwärts in den Garten um nicht noch mehr Geräusche von mir zu geben. Mein Blick war wieder auf die Tür gerichtet und so leise ich konnte schlich ich auf den nassen Steinen zur Haustür. Dort angekommen ging ich in das innere des Hauses und schaute in den Räumen rechts und links von mir, ob ich meine Eltern oder ein Telefon fand. Doch nein. Nichts. Ich lief also zur Treppe und überlegte, ob es wohl eine gute Idee war, das Licht an zu schalten. Doch sonst war es noch unaushaltbarer.

Also schaltete ich das Licht für den oberen Hausflur an. Doch von der obersten Treppenstufe aus starrte mich etwas an...und das Blut in meinen Adern gefror. Ich schaltete das Licht wieder aus in der dummen Hoffnung es würde verschwinden. Ich bewegte mich nicht. Atmete nicht. Ich hörte nur in die Stille hinein. Er war es also. Er hat es auf mich abgesehen. 

Mein laut pochendes Herz machte es mir jedoch nicht gerade leicht auch nur irgend etwas wahr zu nehmen. Doch als ich hörte, wie es sich bewegte, drehte ich mich um, rannte so schnell ich konnte aus dem Haus und schlug die Tür hinter mir zu. Ich wollte um Hilfe schreien. Doch auch in dieser Situation war mein Körper wieder einmal gegen mich. Die Tür wurde hinter mir aus den Angeln gerissen als ich über den Zaun sprang und schon wurde ich zu Boden geworfen. Ich drehte mich auf den Rücken und im Licht der Straßenlaterne sah ich es. Eine riesige Kreatur mit schwarzem Fell, welches in den Spitzen wie ein Schatten zu verschwinden schien. Es war als ob ein einziger Schatten über mir stehen würde. Die etwa zwei Meter große Kreatur sah aus wie ein Wolf. Nur viel muskulöser und mit schwarzen, langen, spitzen Zähnen die direkt in den Kopf über zu gehen schienen. Von ihnen tropfte eine schwarze Flüssigkeit, die jedoch einfach verblasste und schlussendlich verschwand sobald sie sich von den Zähnen löste. Die riesigen Pranken mit den zu groß geratenen, spitzen Krallen, legten sich auf meinen Brustkorb und ich versuchte vergebens den Griff zu lösen. Doch das war wohl unmöglich. Ich starrte es an und es begann seinen Kopf zu senken. Es schnüffelte an mir, hob seinen Kopf wieder, stieß diesen grässlichen Schrei aus und starrte mich mit tief lila farbenen Augen und weißer Pupille an. Es sah aus, als würde es mich nun nur ruhig betrachten. Ich konnte nichts dagegen tun. Ob es mich nun fraß oder weg rannte. Ich würde mich nicht bewegen können und einfach nur in die Höhe starren. Ob mein Herz in diesem Moment überhaupt noch schlug war ebenfalls fraglich. Denn das reine Gewicht der Tatze ließ mich keine Luft mehr bekommen.

Ich schaute es nur leidig an und es starrte zurück. Dann begannen sich die Pupillen der Kreatur zu weiten und ein grelles Licht daraus blendete mich. Auch als ich die Augen zu kniff war es so hell, das mich das Licht und ein erneuter Schrei in Ohnmacht fallen ließen. Und das Licht hörte auf mich zu blenden. Jetzt war alles schwarz. Und ich fühlte nichts mehr. Keinen Schmerz mehr... Keine Angst...

ScarletWo Geschichten leben. Entdecke jetzt