8. Saufgeschichten

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„Ahh, hier ist er also abgeblieben", höre ich die Stimme meines Bruders, was mich etwas verwirrt.

Seit wann bin ich denn bitte männlich? Ein empörtes Grummeln neben mir erschreckt mich so, dass ich fast aus meinem Bett falle. Seit wann schlafe ich auch so nah an der Kante? Mein Bett ist doch groß genug.

Erneut grummelt es neben mir und langsam beginnt mein verschlafenes Gehirn zu arbeiten. Nolan ist schon wieder verschwunden während ich mich aufrapple und ein Kissen nach dem immer noch schlafenden Julien werfe. Dieser hat sich auf der einen Hälfte meines Bettes breit gemacht. Was dann auch erklärt, warum ich gerade fast den Boden umarmt hätte. Der Getroffene gibt nur ein undefinierbares Grunzen von sich.

„Steh auf du fauler Sack", entgegne ich ihm. „Weil du hier gepennt hast wurde ich unnötig aufgeweckt."

„Mein Kopf tut weh", jammert es unter der Decke. „Ich will nicht."

Seufzend mache ich mich auf den Weg in die Küche, um dem verkaterten Etwas ein Glas Wasser und eine Schmerztablette zu holen.

„Nanu, warum bist du denn schon wach?", begrüßt mich Kimi verwundert, die gerade dabei ist ihre Schuhe an zu ziehen.

„Nolan hat mich mehr oder weniger geweckt, als er Ju gesucht hat", kläre ich sie auf.

„Der Junge sollte wirklich weniger trinken", seufzt Kimi auf und holt sich ihre Jacke. „Er verträgt einfach gar nichts. Zeig keine Gnade bei ihm, Schnuggie. Ich muss dann jetzt los zur Arbeit."

„Viel Spaß Schatz", rufe ich ihr nach bevor sich die Eingangstür schließt.

Ansonsten ist es still im Apartment was dann wohl heißt, dass Nolan auch schon zur Arbeit ist. Eigentlich würde ich ja jetzt noch schlafen, schließlich hab ich heute nur eine Doppellektion Schauspielen. Und seit neustem jetzt wohl auch Kick-Boxen. Aber Nolan meinte ja er müsste schauen, wo sein Saufkumpel abgeblieben ist und mich damit wecken.

Als ich zurück in mein Zimmer komme bin ich überrascht zu sehen, dass Julien es geschafft hat sich auf zu setzen. Sein Kopf lehnt an der Wand und seine Augen sind geschlossen.

„Hier", sage ich extra laut und überreiche ihm das Wasser und die Tablette. „Schöner Gruß von deiner Schwester. Man sollte nicht so viel trinken wenn man nichts verträgt."

„Du bist grausam Hübsche", jammert Ju, nimmt die mitgebrachten Sachen aber dankbar an. „Warum bist du überhaupt schon wach?"

Ja, das hab ich mich heute Morgen auch schon gefragt. „Mein Bruder wollte wissen, ob du noch lebst, oder ob du schon an einer Alkoholvergiftung verreckt bist", erkläre ich ihm schnell. „Als er dich dann hier gefunden hat, hat er mich dabei aufgeweckt."

„Was hat mein besoffenes Ich jetzt schon wieder für einen Grund gehabt hier zu sein?", fragt Ju mit kratziger Stimme nach und setzt sich an die Bettkante.

„Dein Bett war ein Schiff und deine Decke eine Zwangsjacke", fasse ich seine Erklärung von letzter Nacht kurz zusammen.

„Alles klar", murmelt Ju in seine Hände und fährt sich dann durch die Haare. „Ich glaube ich geh dann mal duschen, vielleicht macht mich das ja wach."

„Mach das", pflichte ich ihm bei. „Und schmeiß dein Shirt in die Wäsche, du hast im Schlaf drauf gesabbert."

„Ich mag diese trockenen Stunden nicht", beschwert sich Darean neben mir leise und lässt seinen Kopf auf den Tisch sinken. „Können wir nicht einfach die Szene spielen? Aber nein! Wir müssen ja gefühlt jedes Wort analysieren. Was für ein Quatsch und außerdem ist meine Schokolade leer." Dieser Kontext ist echt erschlagend.

„Kleiner Suchtie", lache ich leise zurück und konzentriere mich dann wieder auf Benoits Vortrag.

Zumindest versuche ich es, bis Darean sich erneut zu Wort meldet. „Na immer hin haben wir es bald überstanden", seufzt er auf und ist dann für die restliche Lesung still. Klar ist es besser direkt alles praktisch um zu setzen, aber Theorie muss nun mal auch sein. Schließlich ist die Prüfung ja auch schriftlich.

„Gut, dann sehen wir uns am Montag wieder", beendet Benoit ihren Monolog. „Schönes Wochenende. Trinkt nicht zu viel und wenn doch dann lasst euch die Geschichten danach erzählen. Auch so können Stücke entstehen."

„Also manchmal hat sie schon einen Dachschaden", murmelt Darean während wir unsere Sachen zusammen packen. „Naja, egal. Ich brauch wieder Schokolade. Kommst du mit?"

Mit einem Blick auf die Uhrstelle ich fest, dass ich noch etwas Zeit habe bevor ich zu der Trainingshalle muss. Mein Sportzeug habe ich auf Anweisung in einer Nachricht von Nolan gleich mit zur Uni genommen. Was auch wirklich Sinn macht. Die Trainingshalle ist nämlich deutlich näher an der Uni, als an unserem Apartment. So hab ich mir zeitaufwendiges hin und her fahren gespart.

Also nicke ich Daran zu und zusammen laufen wir zum nächsten Diskounter. „Und was hast du am Wochenende noch so vor?", versucht Darean eine Konversation zu starten.

Um nicht den ganzen Weg schweigend zu verbringen atme ich tief durch und antworte ihm dann: „Eigentlich nichts Besonderes. Am Samstagmittag muss ich arbeiten und heute hab ich Training."

„Training? Das ist mir neu", bemerkt Darean.

„Kick-Boxen", antworte ich ihm knapp. Das ich heute zum erstem Mal hingehen werde, weil mein Bruder meint ich bräuchte mehr Selbstbewusstsein finde ich jetzt nicht wirklich erwähnenswert. „Und du so?"

„Was ich am Wochenende mache?", fragt Darean verständnishalber nach. „Ich bin bei einem Kumpel zu einer Party eingeladen, vielleicht treff ich da ja interessante Leute."

Irgendwie hab ich das Gefühl, dass er dort eine ganz bestimmte Person treffen will. Aber wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein und um mich nicht zu blamieren behalte ich meine Vermutung lieber für mich.

Mittlerweile hat Darean seinen Schokoladenvorrat wieder aufgestockt und wir betreten wieder die belebt Straße.

„Danke fürs Begleiten", grinst Darean mich an. „Man sieht sich dann am Montag wieder. Und denk daran dir deine Saufgeschichten nacherzählen zu lassen."

Lachend verabschiede ich mich mit einer Umarmung von ihm und mache mich dann auf den Weg zur Trainingshalle. Auf in den Kampf, dieses Mal sogar wortwörtlich.

Gerade als ich die Tür zur Halle öffnen will höre ich jemand meinen Namen rufen. Verwirrt drehe ich mich um und entdecke Marc, der zusammen mit noch einem Jungen auf mich zukommt.

Fast hätte ich aufgeseufzt aber dann entscheide ich mich doch die beiden zur Begrüßung an zu lächeln.

„Hey Reika", grüßt Marc mich und zieht mich kurz in eine Umarmung.

„Deine Freundin?", fragt sein Kumpel nach, was Marc bejaht.

„Wir sind nicht zusammen", gebe ich leise von mir, da ich irgendwie das Gefühl habe, dass das Ganze sonst falsch verstanden werden könnte. „Er denkt nur wir wären es."

Marc scheint mich nicht gehört zu haben, im Gegensatz zu seinem Kumpel. „Ich glaub 'deine Freundin' ist gerade beschäftigt", setzt dieser nämlich an. „Und wir haben auch noch was vor, also lass uns gehen."

Dankbar nicke ich ihm zu und flüchte mich schon fast in die Halle. Marc ist ja eigentlich ganz okay, aber sein Irrglauben, dass wir eine Beziehung führen kann manchmal ganz schön nerven.

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Wenn ihr studieren würdet /studiert, was würdet / habt ihr dann so als Fach wählen /gewählt?

Und immer schön eure Trinkgeschichten mitschreiben. Ach und wenn ihr das schon macht dann könnt ihr mir sie auch schicken. Finde sowas immer voll interessant A. :)

Irgendwie... *Leseprobe*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt