Die große Halle ist zum Bersten voll, als ich sie mit Kim betrete. Überall unterhalten sich Schüler mit anderen aus ihrem Haus, manche, aber wenige, laufen zwischen den Tischen. Kim geht voraus und bahnt uns einen Weg durch den Lärm. Ist das normal? Bisher hatte ich die Große Halle nie so belebt erlebt. Am Hufflepufftisch klärte sich meine Frage. Professor Sprout hat verlauten lassen, dass es bezüglich des Weihnachtsballs, der wegen dem trimagischen Turnier stattfindet, Tanzunterricht geben sollte. Und zwar für alle ab dem vierten Jahrgang. Danke und auf Wiedersehen, dachte ich. Tanzen ist das, was ich am wenigsten kann. Wie sollte ich dann mit jemandem tanzen und dabei auch noch elegant aussehen? Erst jetzt bemerke ich, dass alle Mädchen, mit Ausnahme vereinzelter Jungs, hysterisch auf ihre Freunde einreden. Mein Blick fällt auf ein großes Mädchen am Ravenclawtisch und bleibt dort für ein paar Sekunden hängen. Ihre schwarzen Haare fliegen wild umher, ihre Wangen sind leicht gerötet und ihre Augen glänzen. Kurz gesagt: Sie strahlt. Einen Moment macht sich Neid in mir breit, doch etwas anderes reißt mich aus meiner stillen Bewunderung. Braune Augen liegen auf mir und beobachten mich. Cedric lächelt und weist mit seinem Kopf auf Kim. Verwirrt drehe ich mich um und bemerke, dass sie mich merkwürdig anschaut. Merkwürdig, mit einem Schuss Belustigung. Hat sie alles gesehen? ,,Tanzunterricht? Wirklich? Als nächstes ziehen sie uns rosa Röckchen an und zwingen uns zum Balett.'', grummelt sie und bringt mich zum Lachen. Teils aus Erleichterung, teils weil ihre Meinung zum Tanzunterricht meiner so sehr gleicht. Ich pflichte ihr bei und widme mich wieder meinem Mittagessen. Der Unterricht am Morgen hatte uns bereits viel abverlangt. Allem voran Nerven. Dass ich eine Niete in Zaubertränke bin macht den Unterricht bei Professor Snape nicht besser. Jede Stunde werde ich sanft darauf hingewiesen, dass meine Tränke nicht mehr wert sind als ein T. Manchmal wünsche ich mir, ich wäre wie Luna Lovegood. Drohungen, abschätzige Blicke, Beleidigungen, Kritik. Alles perlt an ihr ab wie Regentropfen an einem grünen Blatt im Frühling. Bei mir hingegen kann man das mit Tautropfen im Morgen vergleichen: Sie bleiben auf mir haften bis jemand kommt, der mich davon befreit. Doch wer ist dieser Jemand?
Der Kerker ist dunkel, als ich spät abends auf dem Weg zum Geimeinschaftsraum bin. Öllampen schaffen eine schaurige Atmosphäre und werfen verzerrte Muster an die Wand. Mein Schritt wird augenblicklich schneller. Mein Atem geht hastig und mein Herz schlägt in einem fremden Takt. Ich möchte zurück in den Gemeinschaftsraum und damit zurück in die Nichtmagische-Magie. Zurück in die Geborgenheit. Etwas umschließt mein Handgelenk und lässt mich herum fahren und gegen etwas flaches prallen. ,, Mein Rätsel ist also schreckhaft.'' Bei dem Klang der Stimme entspannt sich alles in mir. Ich versuche nicht mehr mich loszureißen und lehne mich eine Augenblick an ihn. Er legt seine Arme um mich und streicht mir über die Haare. Einen Moment bleiben wir still stehen, bis mir einfällt, was ich eigentlich tue. Hektisch löse ich mich von ihm und trete ein paar Schritte zurück. Abstand. Cedrics Blick ist verständnisvoll, wie man es von einem Hufflepuff erwartet. ,,Jeder andere wäre schreckhaft wenn er diesen Gang entlang geht und von hinten überrascht wird.'', sage ich und sehe ihn an. Meine Stimme ist gefasst und emotionslos. ,, Schreckhaft ja, aber würde auch jeder andere einfach dort stehen und nichts tun? Einfach die Augen fest geschlossen halten und auf das folgende warten?'', fragt er leise mit beruhigender Stimme. Cedric geht auf mich zu und bleibt dicht vor mir stehen. ,,Ich verbringe meine Freizeit nicht damit das Verhalten anderer Leute zu beobachten, tut mir leid.'' Er lacht. ,,Nein? Den Eindruck habe ich nicht ganz.'' Seine Stimme erklingt ganz nah an meinem Ohr. ,,Du starrst mich an Delilah.'', flüstert er und verharrt einen Augenblick nur ein paar Zentineter von meinem Ohr entfernt. Ich sehe sein Gesicht nicht, aber seine Stimme verrät das süffisante Grinsen, das seine Lippen ziert. ,, Ich starre nicht. Du starrst.'', zischte ich, doch da ist er schon weg. Verschwunden in der drückenden Dunkelheit des Ganges.
