Der Biss

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Ich hatte ohne nachzudenken gehandelt.

Erst mitten im Sprung dachte ich über die Folgen nach. Was passierte wohl, wenn man sich zwischen einem Wolf und seiner Beute stellte?
Das kann nicht gut gehen!, überlegte ich, als es schon zu spät war. Ehe ich mich versah, war ich schon genau zwischen den Beiden. Der Wolf war so auf seine Beute fixiert, das er mich erst mitten im Sprung bemerkte. Ebenfalls zu spät, um irgendetwas zu ändern. Anstatt das Kaninchen zu fassen, biss der Wolf mit seinen spitzen Zähnen in meinen Oberarm. Vor Schmerz schrie ich laut auf. Obwohl die Zähne tief in meiner Haut eingedrungen waren, versuchte ich den Wolf von mir weg zu drücken. Dies war aber nicht nötig, da er seine Fangzähne von meinem Oberarm löste und von selber zurückwich.

Mit weit aufgerissen Augen ging er langsam zurück.
Er sah irgendwie erschrocken aus, aber eine Sache wunderte mich besonders:
Der Wolf hatte leuchtend rote Augen.
Sie glühten richtig.
Soetwas hatte ich noch nie zuvor bei einem Wolf gesehen. Dann blitzten seine Zähne kurz auf; sie leuchteten Rot vor Blut, meinem Blut. Dabei fiel mir mein Oberarm wieder ein. Ich schaute an mir herab und sog die Luft ein. Eine tiefe Wunde zog sich über meinen kompletten Arm. Dunkelrotes Blut floss aus der Wunde meinen Arm hinunter und verfärbte das Gras unter mir Rot. Aufgrund des vielen Adrenalins, spürte ich jedoch fast nichts.

Ich schaute wieder den Wolf an, der ebenfalls meine Wunde anstarrte. Da ich auf dem Boden saß, rutschte ich ein Stück zurück. Die großen Tatzen und die scharfen Zähne jagten mir einen Schaudern über den Rücken und meine Nackenhaare stellten sich auf. Der Wolf sah bei der Bewegung wieder auf. Wir starrten sich gegenseitig an.

Seine roten Augen zogen mich in seinen Bann und ich konnte meinen Blick einfach nicht abwenden.
Plötzlich berührte mich etwas am Bein und ich erschrak.

Hinter mir stupste Sparkles mich mit seiner Stupsnase an. Es war nur das Kaninchen. Erleichtert atmete ich auf. Mir war garnicht aufgefallen, dass ich vor Schreck die Luft angehalten hatte.
Wegen diesem Kaninchen würde ich noch irgendwann meine Nerven verlieren, dachte ich.

Als ich wieder aufschaute, war der Wolf spurlos verschwunden.

„Du blödes Kaninchen." sagte ich laut zu Sparkles, als ich ihn gerade zurück in den Stall setzte und die Stalltür ordentlich schloss. „Wegen dir musste ich mitten in der Nacht noch in den Wald gehen und wegen dir wurde ich von einem Wolf gebissen." Ich schaute auf meinem Arm, den ich notdürftig mit einem Stück meines Pullovers verbunden hatte. „UND wegen dir sind meine Haare voller Äste." beschwerte ich ich vorwurfsvoll bei dem Kaninchen.
Ich zupfte gerade ein paar Blätter aus meinen Haaren, als mir auffiel, dass meine Halskette verschwunden war.

Oh nein! Meine Kette. Ich muss die sofort wieder finden!
Ich schaute zurück in den Wald. Das konnte ja ewig dauern. Doch ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, zurück in den Wald zu gehen.

Was ist, wenn der Wolf noch irgendwo da drin war? Vielleicht sollte ich die Suche auf morgen verschieben.

Ich vergewisserte mich noch einmal, ob der Stall auch richtig zu war; schließlich hatte ich keine Geduld, noch einmal auf die Suche zu gehen. Ich wandte mich von dem Stall ab und lief an dem großen Busch vorbei. Dort blitzte auf einmal etwas in meinem Augenwinkel auf. Es war meine Halskette, die im Mondschein glitzerte. An einem Ast musste sie wohl hängen geblieben sein, als ich nach Sparkles gesucht hatte. Zum Glück musste ich jetzt nicht den ganzen Wald durchsuchen. Grinsend nahm ich die Halskette in die Hand und hing sie wieder dort hin, wo sie hingehörte: An meinem Hals. Anschließend ging ich ins Haus, um doch noch ein bisschen Schlaf zu bekommen.  

Unknown WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt