Prolog

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Die Fußfessel schnitt ihr in die Knöchel, obwohl sie eigentlich gepolstert war.

Sie stöhnte leise auf, wurde aber gnadenlos weiter getrieben.

Nein, man peitschte sie nicht aus, obwohl es eigentlich bei Sklaven üblich war, die Fragen stellten. Aber sie war eine von den Frauen und Mädchen, die man als besondere Ware bezeichnete.

Sie hatte keine Ahnung, wie sie hier her gekommen war. Sie wusste auch nicht, warum sie hier war.

Sie war eigentlich die Sklavin eines alten weißen Mannes gewesen, der sie immer sehr gut behandelt hatte. Er hatte sie nie geschlagen oder etwas von ihr verlangt, was sie nicht wollte. Er war zufrieden gewesen, dass sie ihm regelmäßig etwas zum Essen hingestellt hatte. Und das sie sein Haus in Ordnung hielt.

Und sie war ihm dafür dankbar, dass sie mehr Freiheiten von ihm erhielt, als es bei Sklaven eigentlich üblich war.

Obwohl sie seine Sklavin war, hatte er auf die typischen Sklavenzeichen verzichtet. Sie durfte sich frei in dem kleinen Dorf bewegen, in dem sie beide gelebt hatten. Einmal in der Woche ging sie zum Markt um einzukaufen und die Händler kannten sie und ihre harten Preisverhandlungen schon. Trotzdem war sie gerne gesehen und sie hatte oft kleine Geschenke zugesteckt bekommen. Meistens von Verehrern, die sie zu gerne abgekauft hätten. Doch sie hatte alle Angebote abgelehnt.

Es ging ihr gut bei dem alten Mann, der sie so behandelte, als ob er ihr Vater wäre.

Auch wenn man annehmen konnte, dass sie bei den Frauen des Dorfes unbeliebt war, wurde man schnell eines Besseren belehrt.

Denn sie war hilfsbereit, freundlich und half allen, wenn sie die Zeit dafür hatte.

Wenn Waschtag war, wurde sie freudig von den Frauen des Dorfes begrüßt. Sie wurde wie eine Gleichgestellte behandelt und nicht wie eine Sklavin.

Doch eines Tages kamen Fremde in das Dorf.

Sie waren freundlich und höflich, doch sie hatte gleich ein ungutes Gefühl. Sie waren irgendwie überall an zu treffen. Sie sprachen mit den Männern und beobachteten die Frauen. Die meisten Frauen schienen sie nach einem kurzen Blick nicht mehr zu interessieren, aber manche beobachteten sie länger.

Irgendwann bemerkte sie, dass sie regelrecht ausspioniert wurde. Immer war einer der Fremden in ihrer Nähe. Sie wurde nicht angesprochen, aber es war ihr unangenehm. Vor allem, weil es so schien, als ob nur noch sie im Visier der Fremden wäre.

Sie bat um Hilfe, aber keiner der Dorfbewohner schien den freundlichen Fremden zu misstrauen.

Und dann geschah es.

Eines Nachts wurde sie aus dem Haus des weißen Mannes entführt.

Und nun war sie hier.

Bei ihr waren noch fünf andere Frauen, aber diese waren ängstlich und machten alles, was die Männer von ihnen verlangten.

Sie war nicht so. Sie stellte Fragen und hatte schon versucht zu fliehen. Und deswegen hatte sie die Ketten um die Fußgelenke.

Sie bekam einen leichten Stoß in den Rücken.

„Vorwärts! Ich will heute noch ein Geschäft machen und der Bote des Königs kommt heute auf den Sklavenmarkt. Wenn ich zu spät bin, werde ich es dich spüren lassen!"

Russo war der eigentliche Händler.

Sie hatte schon erfahren, dass er bekannt dafür war, nur die beste Ware zu haben.

Er hatte sie alle baden lassen und in feine, fließende Kleider gesteckt, die beinahe unsichtbar waren und nichts mehr der Fantasie überließen.

Ihre Haare waren kunstvoll hochgesteckt worden und sie sahen beinahe aus, wie die feinen Damen, die ihnen über den Weg liefen und die Nase rümpften.

Meridea - Dienerin der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt