18. Kapitel

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>> Ich sage dies vor Schattenfell, dass er meine Wahl gutheißen möge. <<

Kupferstern kauerte auf der Spitze des Himmessterns. Ihr goldbraunes Fell wirkte stumpf. Schmerzvoll sah sie auf den Leichnam ihres Stelvertreters hinab. Wer könnte soetwas tun? Welchen Grund hatte die unbekannte Katze gehab, ihn zu töten?

Die Wahl viel ihr nicht leicht. Zitternd sah sie nach unten. Der gesamte Clan saß um Schattenfell herum. Sie ließen die Schultern hängen.
Eiskralle, Flammenwind und Silbernebel kauerten nebeneinander, wie ein Häufchen Elend. Fichtenzweig wirkte wie ein Junges, kraftlos, wie er sich hilfesuchend gegen seine Schülerin lehnte, die ihm immer wieder über seine Ohren leckte.
Schattenfells Gefährtin Mondauge - Sie starrte ins Leere. Hinauf in den Himmel. Sucht sie ihn inmitten der vielen Sterne?
Beruhigend schloss Kupferstern die Augen. Sie musste diese Entscheidung jetzt verkünden. Es war Mondhoch.

>> Bussardfeder wird der neue Stellvertreter des BlitzClans. << miaute sie. Ihre Stimme hallte laut von den Steinwänden wieder. Bussardfeder erhob sich auf die Pfoten und neigte den Kopf.

>> Ich danke dir Kupferstern. Dieser Ehre hätte ich nicht erwartet. Ich werde mein Bestes tun, um meinem Clan zu dienen. << sagte der braun getigerte Kater. Blättersturm eilte auf ihren Gefährten zu und beglückwünschte ihn. Auch die anderen Katzen miauten seinen Namen.

Kupferstern lies ihren Clan bewähren und sprang vom Himmelsstern. Langsam tappte sie auf Schattenfell zu und drückte ihre Nase in sein kaltes nasses Fell.

>> Leb wohl alter Freund. <<

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Fichtenzweigs Pelz schützte sie vor der Kälte der Nacht. Sie wachte neben ihm über Schattenfell. Fichtenzweigs Geschwister - Eiskralle, Flammenwind und Silbernebel - schliefen nebeneinander gekuschelt, während Mondauge kurz nach Mondhoch im Kriegerbau verschwunden ist. Kupferstern und Bussardfeder saßen am Rand der Lichtung und sahen hinauf in den Sternenhimmel. Fichtenzweig schnarchte leise. Schnurrend leckte sie ihm nocheinmal übers Ohr. Dann legte sich Funkenpfote hin und schloss die Augen.

Als sie sie wieder öffnete schien zunächst alles normal. Nur der Himmel war ungewöhnlich hell - tausend Sterne zierten den zuvor halb mit Wolken verdeckten Himmel. Der Mond war verschwunden. Die Sterne tanzten auf dem schwarzen Himmelsband - und um sie herum. Dann sah sie ihn. Sein Fell war von Rauch umgeben. Die glühenden roten Augen waren direkt auf sie gerichtet. Anders als beim Flussufer fauchte Funkenpfote den Kater nicht an. Ruhig verließ sie Fichtenzweigs Seite und schritt auf ihn zu.
Der Kater war größer als sie. Lange gebogene Krallen leuchteten unter dem Rauch hervor.

>> Wer bist du? << fragte sie ihn.

>> Das weißt du nicht? << schnurrte er. Seine tiefe Stmme wirkte beruhigend und friedlich auf sie. Er blinzelte.

>> Du bist einer dieser Naturkatzen, oder? << Der Kater schüttelte den Kopf und setzte sich. Sorgsam ringelte er seinen Schwanz um seine Pfoten.

>> Nein. Jedenfalls nicht so wie Eis oder Mond. <<

>> Eine wie Zeit? << Er zuckte mit seinen spitzen Ohren.

>> Zeit ist keine Natur. Zeit ist alles. <<

>> Du bist der Tod. << miaute sie. Er senkte bestätigend den Kopf.

>> Ich bin der Bruder des Lebens. Und dein Vater. <<

Nervös zuckte Funkenpfote mit den Ohren. Dieses Gespäch verlief anders als erwartet - bisher hatten sich die seltsamen Katzen nur  vorgestellt und waren dann wieder verschwunden.
Erst nach wenigen Herzschlägen realisierte sie seine Worte.

>> Ich verstehe nicht, Tod. Mein Vater ist Strahlenmond ... << flüsterte sie. Der Tod schüttelte den Kopf.

>> Denk nach. Du weißt es. << Funkenpfote dachte an all die Begegnungen mit Strahlenmond und die Wärme in den Augen ihrer Mutter Silberpfeil, als sie ihre Augen zum ersten Mal öffnete. Sie hätte sie niemals belogen, was ihren Vater betraf.

Entrüstet sprang sie auf die Pfoten. Es war ihr egal, wer das war mit dem sie sprach. Fauchend fuhr sie die Krallen aus. Ungewöhnlich lange Krallen.

>> Du lügst. << knurrte sie.

>> Silberpfeil würde mich nie belügen. Hör auf, zu versuchen mich zu kontrollieren! <<

>> Ich will dich nicht kontrollieren, Tochter. Der Tod ist nicht das Böse in diesem Universum. << sagte der Kater ruhig. Funkenpfote legte die Ohren an und stäubte ihr Nackenfell.

>> Und wer ist es dann? <<

>> In diesem Fall? Dein Bruder. <<

Funkenpfote riss entrüstet die Augen auf.

>> Niemals! Goldpfote - << Erschrocken zuckte sie zusammen, ohne den Satz zu beenden. Der Tod war fauchend aufgesprungen und drückte sie zu Boden. Ihr blieb die Luft weg - der Kater stank nach Krähenfraß.

>> Närrin! Ich rede von Finsternis! << sein Knurren hallte weit über die Lichtung. Funkenpfote würde es nicht wundern, wenn die Katzen außerhalb ihres Traums es hörten.

>> Finsternis? << keuchte sie.

>> Wer ist das? << Der Tod ließ von ihr ab und setzte sich ruhig wieder auf die Stelle, wo er eben schon gesessen hatte.

>> Dein Bruder. Halbbruder, um genau zu sein. <<

>> Okay. << flüsterne Funkenpfote.

>> Du zweifelst. Lass es mich beweisen. << sagte der Kater. Funkenpfote glättete ihr zerzaustes Fell und setzte sich auf.

>> Ich war bei deiner Geburt dabei. Du wurdest aus dem Feuer geboren. Ich war dabei, als Feuer dir deinen Namen Funke gab. Eines Tages könntest du mit deinen Funken das Licht wieder entfachen, sollte es verloren gehen. Du erinnerst diich daran. In deinen Träumen. <<

Sie erinnerte sich - an wirre, verschwommene Träume.

>> Willst du damit sagen, dass ich eines dieser - Naturschauspiele bin? << Belustigung blitzte in seinen Augen auf.

>> Du bist Teil des Lebens und des Todes. Wir entschieden nach deiner Geburt, dass es hier bei den Clans am sichersten für dich sein würde. Deine Schwester Blitz brachte dich zum BlitzClan. Wenn du nachsiehst siehst du ihre Rußspur unter dem Sand. Du musst hier deine Aufgabe erfüllen. <<

>> Licht wieder zum Leben erwecken, wenn sie stirbt? Oder gibt es keine 'Licht'? << miaute sie ironisch.

>> In diesem Fall war Licht ein Vergleich. << schnurrte er.

>> Hat Stern es dir nicht erklärt? Du musst ihn aufhalten. Ihn und seinen Clan. Sie werden sonst alle vernichten! <<

>> Wer? Finsternis? << fragte sie - doch ihr Vater löste sich bereit in dunkle Rauchschwaden auf.

>> Geh nicht! Wer sind sie? << rief sie ihm hinterher. Doch er antwortete nicht mehr. Die Sterne um sie herum verblassten. Es wurde schwarz um sie.

Lautes Pfotentrommeln riss sie aus ihrem Schlaf. Fichtenzweig sah verwirrt auf, als sie erschrocken aufsprang und sich zum Lagereingang wandte. Unter all dem Blut konnte sie Kristallpfote erst spät erkennen. Das silberne Fell war leuchtend rot verfärbt und der Schüler taumelte, als er schlitternd zum Stehen kam.

>> Schnell! Ihr müsst uns helfen! Ein fremder Clan - sie nennen sich KrallenClan oder so - sie greifen unser Lager an! << rief der junge Kater über die Lichtung - und brach zusammen. Funkenpfote erstarrte.

... sonst wird Blitz von den Krallen zerfetzt, und alle anderen mit ihr!  War der FinsterClan etwa nicht das, was die Clans zerstören könnte - war dieser KrallenClan der Feind?
Finsternis? Bruder, bist du beim KrallenClan?

Warrior Cats - Schattenfeuer (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt