Kapitel 33 - Melodie ist kitschig!

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Sie zog mich mit. Durch die ganze Menge bis zu einem Getränkestand. "Zwei Wasser bitte."

Verdattert stand ich daneben und schaute sie an. Ihre Schulterlangen Haare wehten leicht im Wind und die lächelte den Barkeeper ehrlich an. Ihre weißen Zähne funkelten in dem Licht und ihre dunklen Augen wurde sofort freundlich als sich mich anblickte.

"Woher kommst du? Weißt du eigentlich was Louis mit dir gemacht hätte? Hier trink bevor du noch verdurstest. Und deine Haare."

Sie redete wie ein Wasserfall und drückte mir dabei den Plastikbecher in die Hand. Ich wollte gerade auf eine Frage Antworten aber da stellte sie schon direkt die nächste.

"Na los jetzt trink erstmal.", sagte sie und seufzte. Kurz schaute ich sie an. Sie sah auf den Tresen vor sich und schaute Gedankenverloren auf ihre Hände. Schnell kippte ich das Wasser hinunter. Als ich schluckte merkte ich die Erlösung in mir. Es war so ein schönes Gefühl. Ich stellte den Becher mit einem seufzen ab.

"Sorry wegen den ganzen Fragen. Es kommt halt nicht so oft vor das ich irgendjemandem Helfe. Dafür passiert in unserer Stadt einfach zu wenig."

Sie lächelte mich entschuldigen an. "Nicht so schlimm.", entgegnete ich. Meine Stimme war brüchig und heiser. Eindeutig Wassermangel. "Na komm. Ich verleihe dir erstmal wider ein Menschliches aussehen.", sagte sie kichernd und ging wieder in die Menschenmasse. Mir blieb keine Zeit über ihre Worte nachzudenken. In dieser Masse hatte ich so oder so schon Probleme ihr zu folgen.

Von allen Seiten wurde man angerempelt. Die anderen machten dumme Sprüche oder beleidigten einen, weil man ihn kurz berührt hatte. Es war wirklich ein sehe großes Fest. Ich war erstaunt wie gut dieses Mädchen, was vor mir herlief den Überblick behalten konnte. Ich hätte mich hier bestimmt schon zigmal verlaufen.

Langsam legte sich die Masse und der Lärmpegel wurde auch niedriger. Der Bass klang nur noch aus der Ferne. Wir steuerten auf einen schwarzen Geländewagen zu. "Eigentlich darf ich ihn nicht fahren. Aber wenn meine Eltern schon mal weg sind muss man es ja auch ausnutzen. Nicht wahr?"

Sie schaute mich neugierig an doch ich nickte einfach nur. Ich würde mich das gar nicht trauen. Ich hatte noch nicht meinen Führerschein gemacht. Einfach, weil ich zu faul dafür bin. Ich war schon sehr im Verzug. Alle aus meinem Kursen in der Schule hatten einen Führerschein, einige sogar schon ein eigenes Auto. Und ich hatte nicht. Das ist typisch Evelyn. Aber auch wenn ich ihn hätte wurde ich mich das nicht trauen. Ich wurde irgendeine schramme eh dran bekommen.

Mit einer kleinen Fernbedienung öffnete sie das Auto. Sie ging rum zur Fahrerseite während ich zaghaft die Beifahrertür öffnete. Ich bin noch nie in einem Geländewagen gefahren. Als ich die Tür öffnete kam mir der Geruch von Leder entgegen. Ich traute mich nicht so recht einzusteigen. Ich könnte das Leder dreckig oder sogar kaputt machen.

"Na komm schon. Ich beiße auch nicht versprochen.", sagte sie kichernd und zwinkerte mir zu. Ich bin in letzter Zeit so vielen unbekannten begegnet denen ich, leider, sofort vertraut habe. Warum denn dann auch nicht dieses Mädchen?

Ich gab mir selber einen Ruck und setzte mich auf den Sitz. Etwas unbeholfen schloss ich die Tür und schnallte mich an. Als ich dann aus der Frontscheibe sah blieb mir fast die Luft weg. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass dieses Auto so hoch ist.

Mit einer einzigen Bewegung fuhr sie aus der Parklücke und auf die Straße, die ich vorhin erst überquert hatte. Im Hintergrund lief leise eine Melodie. Das erinnert mich schon etwas an Scarlett. "Wie heißt du eigentlich? Du musst wissen, ich habe noch nie jemand Fremden einfach so mitgenommen. Wenn meine Eltern das erfahren würden wäre ich tot.", sagte sie und bog in die nächste Straße ab.

Wenn meine Eltern wissen würde, was ich alles getan habe und was ich bin wäre ich sicherlich genauso Tot. "Ich bin Evelyn.", sagte ich einfach. Und sah sie an. "Und du?"

"Ich bin Carolina Melodie Noris. Ja, meinen Zweitnamen finde ich auch etwas sehr kitschig. Ich wusste auch nur zu gerne was sich meine Eltern dabei gedacht haben. Naja. Ich komme mir immer so vor wie eine Meerjungfrau. Schon witzig.", sagte sie und kicherte. Ich lächelte und schaute dann wieder auf die Straße die sich vor uns erstreckte.

"Darf ich etwas fragen?"

Vorsichtig schaute ich zu Carolina, die hoch konzentriert auf die Straße schaute. "Klar. Frag alles was du möchtest. Ich weiß nur nicht ob ich dir alles beantworten kann."

Schön wäre es auch. Ich strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Man waren meine Haare verknotet und dreckig. "Warum feiert ihr euer Stadt Jubiläum in einem abgelegenen Wald?"

Sie zuckte nur mit den Schultern. "Eigentlich sollte es vor dem Rathaus stattfinden. Aber dann hat es da irgendwie ein Leck an einer Leitung gegeben. Deswegen haben die meisten dann für den Wald gestimmt. So schlecht ist es da ja auch nicht. Ich meine, ein Wald kann sehe schön sein."

Kurz sah sie zu mir. Ihre Augen funkelten und mir schien es so, dass sie ununterbrochen lächelte. Irgendwie gruselig. Wie konnte ein Mensch ununterbrochen Glücklich sein? "Und darf ich auch fragen was du hier in der Gegend tust? Du siehst etwas mitgenommen aus. Aber das werde ich gleich alles wieder beheben."

Sie bog wieder ab. Meine Hände wurden warum und meine Beine zitterten leicht. Was sollte ich denn auf diese Frage antworten? Mir fiel auch keine gute Ausrede ein. Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe herum und schaute sie dann an.

"Ich habe mich verlaufen.", gestand ich. Es war wenigstens keine Lüge. Aber die ganze Wahrheit hatte ich damit auch nicht verraten. "Oh, von wo kommst du denn? Vielleicht kann ich dich ja wieder zurückfahren?"

"Ach was. Nein das geht schon."

Ich hoffe man hört nicht meine Verzweiflung und meine Angst aus meiner Stimme heraus. Ich konnte ihr unmöglich sagen woher ich komme. Wer weiß, wie lange es von hier entfernt ist.

Sie fuhr auf einen Parkplatz. Vor uns erstreckte sich eine Wohnreihe. Es sah sehr schön aus. Hier könnte ich mich auch sehe wohl fühlen. "Na komm. Jetzt wirst du wieder richtig Hübsch gemacht, Evelyn!"

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