Kapitel 3

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JAKE

Ein Schmerz explodierte in meinem Kopf, färbte meinen Blick schwarz, lähmte meine Gliedmaßen und ließ mich zusammenbrechen. Ein grelles Fiepen übertönte alle Geräusche um mich herum, der Boden, auf dem ich mich zu stützen schien, drehte sich. Mein Herz pochte mir im Hals. Der braune Hallenboden mit den bunten Streifen kam in mein Blickfeld, dazu meine Hände.

Es... klärte sich langsam. Ich kniete und zitterte. Eine Hand lag auf meiner Schulter, schüttelte mich. Dann hörte ich Stimmen, gedämpft durch das grelle Geräusch. Nicht in meinem Kopf. Außen. Um mich. Langsam hob ich den Kopf und sah in das Gesicht meiner Lehrerin. Ihre Lippen bewegten sich, sie sprach, doch was sagte sie? Ich starrte sie an. Hinter ihr sah ich meine Klassenkameraden. Sorge lag in ihren Blicken, Schock. Meine Lehrerin sah zu ihnen und rief ihnen etwas zu. Drei lösten sich aus der Gruppe und rannten aus meinem Blickfeld. Der schwarze Rand um meine Augen nahm wieder zu und ich sank zusammen. Ich spürte noch wie ich weggetragen wurde. Dann übernahm die Schwärze.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, lag ich auf einer unbequemen Liege im Krankenraum neben den Umkleiden. Die Wände des Raumes waren weiß gestrichen. Davon ab, hoben sich die grünen Notfallanweisungen, die an die Wände geschraubt wurden. Sie zeigten verschiedene Handlungen für verschiedene Situationen. Und natürlich die Fett aufgedruckte Notfallnummer. Als ob die nicht jeder seit seiner Kindheit kannte.

„Jake?" Lysander saß neben der Liege auf einem Stuhl. Seine gelbbraunen Augen ruhten besorgt auf mir. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch eine plötzliche Übelkeit ließ mich zurück ins Kissen fallen. „Was ist passiert?" Lysander lächelte. „Oh man, Jake, du hast echt einen Dickschädel." sagte er und schüttelte den Kopf. „Vince hat dir einen Ball voll gegen den Hinterkopf gepfeffert." Ich sticht mit einer Hand über meinen Kopf. „Deswegen schmerzt der so..." „Ich glaube Vince war ziemlich angepisst, dass du ihm den einen Ball abgeluchst hast." Ich nickte „Der hatte mich so oder so im Zentrum seiner Zielscheibe..." murmelte ich und er nickte. „Frau Tabbel hat dir erstmal Ruhe angeordnet. Du solltest dich erstmal nicht zu viel bewegen. Kann sein, dass du eine Gehirnerschütterung abbekommen hast. Sonst musst du später noch zum Arzt." Ich nickte. „Mir ist übel..." „Versuch sonst dich etwas zu entspannen. Hast du Durst oder so?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein, geht schon. Danke" ich lächelte leicht. Den Gedanke daran irgendwas zu mir zu nehmen, während in meinem Hals der Würgereiz hoch kam, hielt ich für keine allzu gute Idee. „Okay, ich muss wieder rein..." er stand auf. „Und nicht bewegen!" mahnte er mich. „Jaja." Dann ging er und ließ mich alleine in dem sterilen Raum. Seine Sorge rührte mich irgendwie, aber Lysander konnte mit seiner Art auch ziemlich nerven. Er wirkte immer so, als würde er vor Angst um mich bald vergessen zu Atmen.

Kurze Zeit später kam meine Lehrerin zu mir. Sie checke meinen Gesundheitszustand, fragte mich wie es mir ginge und wiederholte Lysanders Worte. Gehirnerschütterung, Pause machen und so. Ich ging zur Umkleidekabinen und zog mich wieder um. Dabei versuchte ich mich nicht zu schnell zu bewegen. Mir war immer noch speiübel. Die restliche Stunde saß ich am Rand auf einer Holzbank und sah meiner Klasse zu. Mein Kopf brummte noch immer und ich schloss kurz die Augen, im Versuch mich zu entspannen. Die Geräusche der Bälle, die über den Boden hüpften, an Schuhen abprallten und durch die Luft sirrten ließen mich immer wieder zusammenzucken. Entspannen ging nicht, also behielt ich lieber die Bälle im Auge. Ich traute meiner Klasse nicht was die Ballkontrolle anging und wollte nicht noch einen Ball abkriegen. Zudem achtete ich auf Vince. Er konnte mit dem Ball umgehen, aber wie ich gerade bemerkt hatte, sollte mir genau das Angst machen.

„Geht's?" Pia kam vom Spielfeld auf mich zu. Sie lächelte mich besorgt an. „Ehm, ja. Alles gut" warum zu Hölle redete sie mit mir? „Okay gut. Das sah richtig übel aus..." Sie setzte sich neben mich und schnürte ihre Schuhe fester. „Tat auch ziemlich weh..." Sofort wurde ich nervös. Ich mochte keine Konversationen. Nicht mit meinen Klassenkameraden. Ich griff mir an den Unterarm. „Glaub ich." sieht sah wieder auf, ihre dunkelbraunen Augen waren auf mich gerichtet. „Vince ist ein Arsch. Lass dich von ihm nicht unterkriegen..." ich nickte. „Ja, das weiß ich schon. Seit der Fünften ungefähr..." Sie nickte langsam, den Blickt auf etwas gerichtet, das ich nicht sehen konnte. Eine Erinnerung vielleicht, ein Moment, ein Bild von Vince. Vielleicht wie er mich durch die Gegend schubste, im Flur und vor der Klasse. Vielleicht von etwas Anderem, etwas, was nichts mit mir zu tun hatte. Das war wohl das Wahrscheinlichste. Warum sollte sie auch an mich denken? Dann stand sie auf. „Hoffentlich ist das nichts Ernstes." Und gesellte sich zu den Spielenden. Pia war eines dieser Mädchen, die ich einfach nicht einschätzen konnte. Mal wird man freundlich gegrüßt, man unterhält sich nett und dann im nächsten Moment wurde man ignoriert. Viele der Klasse waren so. Oberflächlich nett. Sie lächeln einen immer an und wenn man nicht in Sichtweite war verschwand das Lächeln und machte einem gehässigen Ausdruck platz. Ich lächelte auch oft ohne es ernst zu meinen. Aber das tat ich nicht um jemanden zu hintergehen. Warte... doch. Genau das tat ich. Verdammt...

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