Kapitel 8

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LYSANDER

Jake war ruhig. Zu ruhig für meinen Geschmack. Er sprach wenig, weder mit anderen aber vor allem weniger mit mir. Wenn wir durch die Stadt gingen war er oft in Gedanken versunken. Er zeigte kein Interesse an der Stadt oder den Abstimmungen, die wir machten. Wir sollten entscheiden, das war alles. Und das war kompliziert, denn in der Partei der Enthaltungen stand er zusammen mit Adrian und Melanie. Also unternahmen wir eigentlich nur das, was die Mehrheit, die vier Mädchen, bestimmten. Gut, das war nicht immer nur schlecht. Janne kam ursprünglich aus Berlin und so gelangten wir an die besten Insidertipps für Cafés und Attraktionen. Dennoch hätte ich mir von meinen männlichen Kumpanen etwas Unterstützung gewünscht.

Am vierten Tag unserer Reise hatten wir den ganzen Tag lang Freizeit. Bis Mitternacht durften wir unterwegs sein. Wären wir alle über 18 gewesen auch noch länger, aber das reichte von der Zeit her auch so. Sahra und ihre Gruppe wollten den Tag nutzen um ihre Shoppingpläne umzusetzen. Melanie hatte kein Interesse daran sich der Mädchengruppe anzuschließen und wir Jungs waren aus Prinzip dagegen. Also teilte sich die Gruppe in zwei. Während die anderen schon los gegangen waren saß Team Nicht-Shoppen in der Lobby des Hotels um zu planen. Irgendwie wirkten alle sofort lockere und das Klima war allgemein entspannt. Melanie stieß als Letzte zu uns. „Tut mir leid... Die anderen hatten darauf bestanden als erste zu duschen und..." sie brach ab und setzte sich zu uns. „Kein Problem." Adrian setzte sich auf die Sesselkannte und sah uns gespannt an. „Also. Was ist der Plan? Jetzt wo die Shoppingqueens weg sind," er machte eine entschuldigende Geste in Melinas Richtung, „nichts gegen dich oder so." Sie nahm die Entschuldigung kopfnickend an und lächelte leicht. „Wollen wir heute mal etwas Spannenderes machen? Es gibt eine Tour durch die Berliner Unterwelten, mit Geschichten zur Mauer und Spionage und so." „Geschichte ist genau dein Ding, was?" sagte Jake. Mir war Adrians Interesse an Geschichte schon aufgefallen. Jake zog die Rolle des stillen Beobachters diesen Urlaub eher in Betracht als die des aktiven Erlebens. Adrian grinste schief. „Ja klar. Und wenn ich mal in einer Stadt wie Berlin mit so einer tollen Geschichte bin muss ich das ja auch mal nutzen." „Ich finde die Idee gut. Wir haben sowieso den ganzen Tag bis wir uns abends mit den anderen treffen. Wir sollten so viel ausprobieren wie möglich." Melanies Augen leuchteten und ich musste lächeln. „Da bin ich für." Jake nickte auch, woraufhin wir einen Plan für den Tag anlegten.

Erst wollten wir zu den Unterwelten, Melanie wollte in eine Kunstausstellung, was sie zögerlich zum Ausdruck brachte, dann war ich für ein Mittagessen in Kreuzberg, einem Szeneviertel Berlins das ganz toll sein sollte und Jake fand mithilfe von Google auch ein Vegan-Vegetarisches Restaurant, womit die anderen beiden zufrieden waren. Dazwischen wollten wir noch Halt an ein paar Sehenswürdigkeiten machen. Berliner Mauer, einen Abschnitt den wir noch nicht mit unserer Lehrerin gesehen hatten (sie hatte es gegen unsere Überlegung doch nicht vergessen), Fernsehturm und Checkpoint Charlie. Und wenn am Ende noch genug Zeit war zum Berliner Dungeon. „Und wenn du Angst bekommen solltest, kannst du dich an uns festhalten, Melanie." Sagte Adrian grinsend, nachdem sie ihre Angst beichtete. Für diesen Kommentar erntete er von ihr einen fiesen Blick. Jake sah mich fragend an. Wahrscheinlich fragten wir uns beide einfach nur, ob er irgendwie versuchte sich an sie ran zu machen. Zumindest hatte es die letzten Tage immer so gewirkt. Aber vielleicht war er auch einfach nur so drauf. Zu den anderen Mädchen hatte er ähnliche Sprüche abgelassen. Vielleicht wollte er sich ja auch an allen Mädchen ranmachen? Ich hatte keinen Plan.

Die Unterwelten waren verdammt spannend! Wir besuchten die Führung über die Mauer. Der Guide erzählte uns von den verschiedenen Tunneln, die gegraben wurden um aus dem Osten zu fliehen, aber auch von Studenten des Westens, die Tunnel gruben um denen im Osten zu helfen. Kaum einer dieser vielen Tunnel war länger als einen Abend offen. Die Flucht aus dem Osten stellte sich als verdammt schwierig raus. Alles musste genau geplant sein. Und es war immer unklar gewesen, ob nicht doch ein Spitzel im Team war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 28, 2017 ⏰

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