Kapitel 3

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Er glaubte nicht an Magie. Dessen war er sich eigentlich sicher gewesen. Eigentlich. Aber welche Erklärung gäbe es denn noch, dafür die Polizei einfach nicht anrufen zu wollen? Warum wurde das Blumenmädchen nicht längst wieder gefangen genomen, warum fiel keinem auf, dass sie noch immer dort saß und warum erzählte Alec das bloß keinem!?

"Alec, hörst du mir zu?" Eine Jungenstimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Warum bist du so abwesend in letzter Zeit?", fragte Gabriel genervt. Er war ein Freund aus der Uni und fuhr ihn gerade nach Hause.

Alec schüttelte sich. Er hatte seit zwei Tagen nicht mehr mit ihr geredet und doch dachte er deutlich mehr über Magie nach, als er sollte. "Keine Ahnung. Ich weiß es echt nicht" Natürlich wusste er es. "Ich bin wohl einfach müde von den ganzen Vorlesungen"

"Na dann hoffe ich dass es sich bald bessert! In den Semesterferien kannst du nämlich wenigstens ausschlafen!" Gabriel grinste schief und parkte gegenüber seiner Wohnung. "Ja, ja du hast recht." Alec nickte gezwungen freundlich. "Bis bald!", verabschiedete er sich und stieg aus dem Auto.

Gabriel rief ihm noch ein "Bis bald" hinterher ehe dieser weiterfuhr, aber Alecs Aufmerksamkeit galt schon lange wieder dem Blumenmädchen.

Heute verarbeitete sie einen Strauß roter Blumen zu einer Krone und lächelte mild vor sich hin.

Alec ging schnell in seine Wohnung, warf seine Tasche in eine Ecke und setze sich an den Küchentisch.

Seit drei Tagen stand in dessen Mitte die Blumenkrone. Obwohl sie weder Wasser hatten noch vor Hitze geschützt war, sahen die Blüten immer noch wunderschön aus. Leuchtend gelb und zart.

Er hielt ihren Anblick nicht aus.

Mit einer schnellen Bewegung schnappte er sich die Blumen, rannte nach unten und fand sich schließlich vor dem Blumenmädchen wieder

"Nimm deine verdammte Krone zurück! Magie gibt es nicht! Das ist alles Quatsch!", schnautzte er sie an.

Sie schaute nicht einmal auf "Oh doch, Magie ist real, aber ich erwarte nicht dass du es glaubst."

Natürlich griff sie nicht nach der Krone. Alec schnaufte, halb wütend, halb genervt.

"Werde ich sterben?"

"Ja."

"Durch Magie?"

"Mehr oder weniger."

Er schnaufte nochmal auf und ließ sich dabei auf den Boden fallen.

"Fein! Dann bin ich eben verrückt!" Er setzte sich im Schneidersitz hin und verschränkte die Arme.

"Erklär's mir", verlangte er ruhig und atmete tief aus.

Sie lachte belustigt auf. "Na sowas sieht man auch nicht alle Tage!" Sie lachte etwas lauter, immer noch ohne auch nur auf zu sehen. Er zog die Augenbrauen langsam zusammen, lachte sie ihn etwa aus?

"Wirst du es mir nun erklären oder nicht?" Er war nun ziemlich wütend. Er wollte endlich eine so absurde Geschichte hören, dass er die nicht-Existenz von Magie, nie wieder anzweifelt.

Er brauchte den Beweis, dass dieses Mädchen einfach verrückt war und Magie purer Quatsch ist.

"Ich erklär es dir, wenn du unbedingt möchtest, aber ich warne dich, es könnte dich durchaus verwirren." Jetzt schaute sie tatsächlich auf. Ihre Augen waren rot. Stechend und schön.

Augen können doch gar nicht rot sein ,ging es Alec durch den Kopf , doch er schaute sie weiter bestimmt an. Er wollte endlich eine Erklärung hören

Sie zuckte langsam mit den Schulter und widmete sich mit hochgezogenen Augenbrauen wieder den Blumen.

"Na wie du willst. Du solltest wissen. Es geht gar nicht darum dich zu töten oder sonst einen von den ganzen Opfern" Alec zog (Wenn es denn überhaupt noch ging) die Augenbrauen noch enger zusammen und sie nickte ruhig, als hätte sie es gesehen "Oh ja...Es geht darum mich zu töten.

Du musst wissen, ich bin eine Hexe, eine mächtige noch dazu. Ich sehe die Zukunft, die Vergangenheit und die Gegenwart jedes Sterblichen, wenn ich ihn nur ansehe. Und ich habe die wichtigste Regel gebrochen. Ich habe Sterblichen davon erzählt"

Alec wollte irgendwas sagen, aber alles war so verwirrend, dass er nichts in Worte fassen konnte, "Aber wie? Warum tötet ihr dann die Menschen, das ist doch..Das.."

Sie lachte leicht mit geschlossenem Mund. "Ach Alec...ich kenne dein ganzes Leben, besser als du es kennst oder kennen wirst. Ich kenne das Leben deines Freundes, der dich gerade hergefahren hat, das der alten Dame die immer diese Straße runterläut um zum Markt zu kommen, das der Schulkinder die hier immer vorbeilaufen und das von so vielen mehr. Glaubst man kann mich einfach so töten? So einfach wie man Sterbliche wie du es bist töten kann?"

Alec stockte, eigentlich war er noch dabei den ersten Teil zu verarbeiten.

"Ich beantworte dir die Frage auch gerne schon. Nein. Man muss unsere Seele töten. Stück für Stück. Ich flechte nicht einfach Kronen aus Blumen. Ich flechte ein Teil meiner Seele mit ein"

Sie schaute auf, wie um zu prüfen ,ob er noch da war. Kein Wunder, inzwischen war er so verwirrt, dass das Abhauen wie eine nette Alternative klang, aber er würde diese Geschichte zu Ende anhören, er wusste, wenn er jetzt abhauen würde, würde er sich die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrechen, was zur Hölle sie meinte.

Sie schaute wieder zu den Blumen und fuhr fort. "Wie dem auch sein. Die Krone verschenke ich jemanden, meine Seele niestet sich in seine ein, der Sterbliche wird getötet und der Teil meiner Seele stirbt mit"

Er wusste beim besten Willen nicht was er drauf antworten soll. Los lachen? Nachfragen?

Er entschied sich für den leichtesten Weg.

"Verarsch mich doch nicht! Wie, was für ein Seelen-ein-niesten-Dings? Das ist doch-"

"Ich muss los", unterbrach sie ihn und schaute zu der untergehenden Sonne. "Ich wünsche deinem menschlichem Gehirn viel Glück beim verarbeiten, offensichtlich hat es ja schon eine Strategie. Verdrängen und sich selbst belügen", meinte sie schlicht und sammelte wie immer alles auf.

"Was?! Du kannst doch nicht einfach gehen!", protestierte er. Es gab noch ein Haufen offener Fragen!

"Ich dachte, ich verarsch dich nur", antwortete sie und faltete die Decke.

"Glaub ich immer noch, aber offensichtlich scheinst du dir ein Haufen Mühe bei der Geschichte gemacht zu haben". Alec lächelte etwas. Es sollte unbeschwert oder belustigt aussehen, aber vermutlich sah es eher traurig aus.

"Ich werde morgen noch an der selben Stelle sitzen", sie schaute ihn durchdringen an und Alec fragte sich ob dieses Mädchen, höhsten 17, wirklich sein ganzes Leben kennt.

Sie machte auf den Absatz kehrt und verschwand, auch Alec kehrte zurück in seine Wohnung.

Was zur Hölle machst du da? Er lag im Bett seit zwei Stunden und konnte nicht einschlafen. Magie war Quatsch, aber sein Gehirn wollte es einfach nicht verstehen! Sie ist verrückt, vergiss sie! Gehe morgen sofort zu Polizei und erzähl ihnen alles!

Er atmete tief durch. Seit Tagen hatte er nicht einmal mehr an die Polizei gedacht, aber sein Entschluss stand fest. Er würde der Polizei alles erzählen, was er weiß.

BlumenmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt