Mit einem Schwall von Luftblasen schoss der Salzsauger aus der Tunnelöffnung. Schnell ließ ich ihn los, und er sauste ins Meer hinaus. Die Wasseroberfläche war gut erkennbar, und einige hundert Meter rechts konnte ich eine Hafeneinfahrt erkennen. Das war gut, da es selbst für mich hier unten gefährlich war. In der Nähe von Höfen lebten oft Raubfische, die von den Fischerboten und den anderen Schiffen angelockt wurden. Die Fischreste, viele andere Schiffsabfälle, und manchmal sogar unvorsichtige Matrosen, die über Bord gingen, waren ein gefundenes Fressen. Deshalb würde ich so schnell wie möglich durchs Mittelwasser schwimmen müssen, da ich hier den meisten Raum zum Ausweichen hatte. Glücklicherweise war der Weg nicht weit, und die Einfahrt ziemlich gut zu erreichen. Der Boden wurde an einigen Stellen von Algen und Seetang bewuchert, während an anderen Stellen der helle Sand von dem Sonnenlicht, das das klare Wasser durchströmte, schwach leuchtete. Schwach konnte ich das Schlagen von Paddeln hören, und über mir sag ich sogar ein kleines Ruderboot. Wahrscheinlich Reusemfischer, die ihre Fallen überprüften oder auswarfen. Jeder Fischer hatte feste Zeiten, und an diese Vorschrift hielt sich auch jeder von ihnen. Schon bald schwamm ich durch die Einfahrt, und sah mich nach der Leiter um. Jede Hafeneinfahrt verfügte über einen Befestigungsturm, außerdem über eine Plattform, und eine Kette, die im Notfall hochgezogen wurde, und eben eine Leiter, damit man möglichst einfach wieder aus dem Wasser kam. Nachdem ich die Leiter gefunden hatte, kletterte ich hoch. Oben angekommen musste ich zuerst das Wasser aus meinen Körper Pumpen, indem ich es aus den Kiemenschlitzen ausstieß. Zwar war es nicht unbedingt gut, wenn die Menschen herausfanden dass ich ein Homo-Piscis war, allerdings waren hier meistens komplett zugedröhnte Wachen, oder gar keine. Das hier war eher ein kleinerer Hafen, deshalb war große Sicherheit nicht wirklich von Nöten. In einer Ecke lag ein älterer, dünner Mann mit einer Lederrüstung und schlief. Der schlief wohl seinen Rausch aus. Das war allerdings gut für mich, da ich ihn schnell um seine Schuhe und Socken erleichterte, und auch seine Handschuhe gebrauchen konnte. Als die Schwimmhäute endlich wieder verdeckt waren, wrang ich mein Halstuch aus. Das Oberteil und die Hose konnte ich wegschmeißen, sobald ich etwas Neues gefunden hatte. Meine Ausrüstung lag noch in meinem Haus, da ich sie auf meinen letzten Auftrag nicht mitgenommen hatte. Denn leider hatte der Auftraggeber befohlen, dass ich völlig unbewaffnet in ein Stadthaus einbrechen sollte. Dieses Haus war voller versteckter Soldaten gewesen, die mich eingeschlossen, umzingelt, und verhaftet hatten. Deshalb würde ich, nachdem ich zuhause gewesen und mich umgezogen hatte, schnurstracks in die „Elster" gehen, die Taverne, die heimlich von einem Meisterdieb geführt wurde, gehen, und den Betreiber Klosta vor einem gewissen Graster warnen. Den Namen hatte ich vorher noch nie gehört, vielleicht konnte mir jemand in der „Elster" nähere Informationen geben. Mein Haus war nicht weit entfernt, da es der Hafen meiner Heimatstadt Guilenta war. Es war ein kleines Haus im Hafenviertel, vielleicht vier Minuten von hier entfernt. Mit schnellen Schritten ging ich von der Plattform herunter, und bewegte mich auf den Steg. Da diese Plattform durch den Turm verdeckt wurde, hatte mich auch niemand gesehen, und so sah ich aus wie ein ganz normaler Mensch. Durchschnittlich groß, mit einem dünnen, muskulösem Oberkörper. Kurze, dunkel Haare, außerdem ein Dreitagebart, und eine ebenmäßige Nase. Sehr unauffällig eben. Die kaputten Klamotten fielen auch nicht wirklich auf, da hier im Hafenviertel viele so zerfleddert herumliefen. Auch das Messer störte keinen, da hier im Hafenviertel viele bewaffnet herumliefen. Viele der Fischer blickten von ihren kleinen Booten auf, und nickten grüßend. Ich tat es Ihnen gleich, und tippte mir an die Stirn. Einige kannte ich sogar, von früheren Aufträgen, oder einfach aus Gesprächen auf dem Markt. Das liebte ich am Hafenviertel. Jeder kannte Jeden, und wenn man jemanden nicht kannte, dann lernte man ihn kennen. In meinem Viertel herrschte immer reges Treiben, am Tag wurde gearbeitet, und wenn man nachts Zeit hatte, ging man in eine der vielen Tavernen, betrank sich, oder berauschte sich mit verschiedene Substanzen. Salta war keine besonderes große Insel, sie hatte kein besonders starkes Heer und auch keine besonders große Flotte. Aber Salta handelte in ganz Mareter mit Alkohol und Rauschmitteln, die auf dieser Insel angebaut wurden. Der Konsum dieser Rauschmittel war hier legal, genau wie Herstellung und Handel. Das Geschäft war insgesamt ziemlich fair, zwar gab es einige Betrüger, allerdings waren die nie besonders lange im Geschäft, und wurden sehr bald enttarnt. Und wir Saltaner besaßen etwas, das keine andere, von Menschen bevölkerte Insel besaß : Einigkeit. Keine der anderen Inseln besaß eine so gute Infrastruktur, und nirgendwo waren die Menschen so zufrieden. Außerdem hatte man hier die Möglichkeit, sich aus den ewigen Machtspielen um die komplette Eroberung Mareters und dem Aufstieg zum „Isla Imperator" herauszuhalten, sofern man das wollte. „ Hallo Gent, wie ich sehe bist du schon wieder rausgekommen?", ertönte eine vertraue Stimme. Ich brauchte mich nicht umzudrehen. „ Merlek, du weißt doch, die halten es nie lang mit mir aus.", witzelte ich, drehte mich um, und gab meinem Freund einen Handschlag.
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Die Chroniken von Mareter
FantasyInmitten des Meeres liegt Mareter, ein Reich, bestehend aus zehn Inseln. Es ist geprägt vom ewigen Krieg, Jeder gegen Jeden. Jeder der Inselherrscher will die anderen zehn erobern, und zum „Isla Imperator" werden. Zwischen diesen Intrigen und Schlac...