Wie sich herausstellte, war Merlek ebenfalls auf dem Weg zu meinem Haus gewesen, da er genau gewusst hatte, dass ich sehr bald wieder da sein würde. Schon in frühester Kindheit hatten wir uns angefreundet, und es bis heute geblieben. Der große Hafenarbeiter mit der Glatze und den breiten Schultern arbeitete gelegentlich als Dieb, und seltener auch als Auftragsmörder. Häufig mimte er den Dummen, und man vermutete bei ihm auch eher einen Kraftmensch als einen Kopfmenschen, doch wenn man ihn gut kannte wusste man, dass er beides war. Außerdem der ausdauerndste Trinker den ich je gesehen hatte. „ Also Gent, erzähl, wie bist du rausgekommen? Bist du geschwommen?"
„ Genau. Die Wächter haben mich rumgeschubst, und dann habe ich einem den Dolch geklaut. Damit bin ich dann aufs Klo gegangen, habe mit dem Knauf die Seitenwände eingeschlagen, und bin anschließend durch die Tunnel rausgeschwommen."
„ Aber wie hast du das denn geschafft? Klar, mit Kiemen hast du alle Zeit der Welt, aber wie hast du den Weg ins Meer gefunden?"
„ Ich habe mich an einem Salzsauger festgehalten. Erst habe ich ihn erschreckt, und als er dann abgehauen ist, da habe ich mich an ihm festgehalten. Und dann nur noch in den Hafen schwimmen, und die Leiter hoch. Den Rest kennst du." Merlek lachte leise. „ Na, ich wette da wird sich Frett sehr drüber freuen. Du alter Fuchs, die Idee mit dem Salzsauger ist echt gut. Weißt du was? Jetzt, da du wieder da bist, gehen wir einen trinken. Die Runde geht auf mich."
„ Das ist gut. Ich muss sowieso zu Klosta, ich muss ihn über meinen letzten Auftraggeber ausfragen. Sag mal, kennst du einen Graster?"
Der große Mann verzog nachdenklich das Gesicht, und überlegte kurz. Was Personen und Namen anging war sein Gedächtnis unfehlbar. „ Hm...Graster...nein da klingelt nichts. Hast du persönlich mit ihm gesprochen?" Ich schüttelte den Kopf. Das war das Problem. Ich hatte keine Ahnung wie er aussah, da er einen vermummten Diener geschickt hatte. Da Standen wir auch schon vor meiner Haustür.Mein Haus besaß nur zwei kleine Räume, allerdings passte dort alles hinein was ich brauchte. Der Raum direkt hinter der Tür diente als Küche und Wohnzimmer, dahinter lag, durch eine weitere Tür abgetrennt, ein Schlafzimmer. Merlek setzte sich auf einen der vier Stühle, die an meinem schönen Holztisch standen, während ich schnell ins Schlafzimmer eilte, um mich umzuziehen. Meine bevorzugte Kleidung waren leichte Hosen und Hemden, und bei gefährlichen Aufträgen trug ich auch eine wasserabweisende Lederrüstung. Mein Messer mit dem Rehfußgriff verschwand in meinem Gürtel, genau wie mein Säbel. Ich bevorzugte diese Waffen, da sie leicht waren, und ein Säbel trotz seiner leichteren Bauart eine höhere Schlagkraft als ein Säbel besaß, und mit dem Messer war man in der Lage Unter Wasser zu kämpfen, was für mich sehr wichtig war. Als ich wieder aus dem Schlafzimmer herauskam stand Merlek schon in der geöffneten Haustür. Eine weitere Eigenschaft von ihm, er hörte so gut wie alles. „ Na komm, wir gehen los. Dieser Graster interessiert mich echt brennend. Ach ja, bevor ich vergesse zu fragen, hast du eigentlich was von Lyma gehört?", sagte ich, und sah ihn fragend an. Lyma war meine Geliebte, eine Halbelfe, die ich bei einem meiner Aufträge kennenlernte. Leider war sie auf Geschäftsreise im Norden, um einige Rauschmittel an die Eitländer und die Mesopaten zu verkaufen. Mein eigener Beruf hatte es mir nicht ermöglicht sie zu begleiten. „ Sie hat auch keine Nachrichten geschickt. Vielleicht hat sie einfach viel zu tun.", versuchte er mich zu beruhigen. „ Hm...sicher? Das passt nicht zu ihr. Sonst hat sie uns doch immer ganze Bücher geschrieben...vielleicht hat der Botendienst auch einfach irgendwas verkackt." Merlek nickte. „ Dann lass uns aber jetzt losgehen." Da hatte er recht. Noch arbeiteten die Matrosen, und Klosta brannte vermutlich Schnaps oder mischte Getränke. Aber es war schön später Nachmittag, und wir hatten nicht ewig Zeit.
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Die Chroniken von Mareter
FantasyInmitten des Meeres liegt Mareter, ein Reich, bestehend aus zehn Inseln. Es ist geprägt vom ewigen Krieg, Jeder gegen Jeden. Jeder der Inselherrscher will die anderen zehn erobern, und zum „Isla Imperator" werden. Zwischen diesen Intrigen und Schlac...