15 - Ein Grund

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- überarbeitet -

Zane

Ich zog meinen Schlüssel aus dem Zündschloss, streifte mir einen dickeren grauen Kapuzenpullover über den Kopf und stieg dann schließlich seufzend aus meinem Auto aus. Nachdem das kurze gelb-orange Blinken meines Wagens mir mitgeteilt hatte, dass er nun zu war, lief ich immer noch ziemlich unmotiviert Richtung Uni.

Immer mal wieder kam eine heftige, sehr kalte Windbrise auf und fegte mir jede Menge Sand vom naheliegenden Strand um die Ohren. Schnell wischte ich mir ihn aus den Augen.

Ich hasse diese vereinzelten ungemütlichen Tage, die mal in Florida auftreten konnten.

Zähneknirschend betrat ich nach zehn Minuten Fußmarsch das Neumoderne, schon für mich sehr gewohnte Gebäude und lief gemächlich die drei Stockwerke hoch zu meinem Vorlesungsraum. Es waren schon viele Leute da, unter ihnen auch einige mir bekannte Gesichter.

Sue winkte mir fröhlich zu, während sie mit der rechten Hand auf einen freien Stuhl neben sich tätschelte.

Grinsend quetschte ich mich zu den hinteren Reihen in dem Saal durch. "Hey, Süße", begrüßte ich sie lächelnd. "Was geht so?"

"Hey Schnuckel." Sie klemmte sich eine braune kurze Haarsträhne ihres Bob's hinters Ohr. "Bei mir läuft alles gut, aber bei dir anscheinend nicht", erwiderte sie belustig und wackelte vielsagend mit ihren Augenbrauen.

Ich runzelte die Stirn, nebenbei ließ ich mich auf den Stuhl fallen. "Wie kommst du denn darauf?"

"Du bist ziemlich spät dran", verschmitzt grinsend zog sie mir leicht an den verwuschelten, blonden Haaren, "hinzukommt, dass du aussiehst, als wärst du durch einen kleinen Tornado gelaufen..."

Entnervt verdrehte ich die Augen. "Sehen meine Haare etwa so schlimm aus?"

Sue sah mich mitfühlend an. "Ein wenig...."

Seufzend verbarg ich den Kopf in meinen Händen. "Na ganz großartig. Eigentlich habe ich sie mir heute morgen extra gestylt."

"Eigentlich finde ich deinen stürmischen Look heute gar nicht so schlimm," gab sie dann verlegen zu.

Überrascht guckte ich zu ihr auf. "Wirklich?"

Sie biss sich auf ihre Unterlippe. "Wirklich."

Ungläubig betrachtete ich ihr Seitenprofil. Aus diesem Mädchen wurde ich irgendwie nicht schlau. Obwohl sie von ihrer Figur und wie ich finde, auch von ihrer Persönlichkeit ziemlich viel hermachte, war sie ziemlich schüchtern zu den anderen Studenten. Und Sue war ein wandelndes Lexikon, was darauf zurückzuführen ist, dass sie ziemlich viel in ihrer Freizeit in der Bibliothek verbrachte.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann ähnelt sie meiner Schwester in gewissen Punkten sehr.

Vielleicht war das auch der Grund, warum ich am Anfang der Uni immer das Gefühl hatte, auf Sue ein wenig aufzupassen. Wirklich nur aus freundschaftlichen Gründen meinerseits. 

Und eine Freundschaft hatte sich in dieser Zeit auch tatsächlich entwickelt, eigentlich machte ich an der Uni immer viel mehr mit Sue als mit den anderen. Nicht, dass ich mit den anderen nicht konnte, eher im Gegenteil. Aber Sue war einfach sympathischer. Außerdem hatte ich ja auch noch meine Freunde, die in der Stadt verteilt waren, deshalb lag es mir hier nicht wirklich am Herzen zwingend neue Leute näher kennenzulernen.

"Wusstest du, dass gestern in der Longfordstreet ein Überfall stattgefunden hat?", fragte sie mich mit ihrer unglaublich weichen und sehr leisen Stimme.

Ein böse Vorahnung beschlich mich, trotzdem hatte ich immer noch die Hoffnung, dass sich meine Vermutung nicht bewahrheitete. Ich richtete mich etwas mehr im Stuhl auf. "Erzähl mehr", bat ich sie neugierig.

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