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Rosa zeigte mir nicht nur mein Zimmer - eine unscheinbare Kammer bestehend aus Bett, einem kleinen Kasten, Stuhl und Tischchen, aber für mich ein kleines Paradies - sondern gleich das ganze Schloss. "Lass dich von den verwinkelten Gängen nicht in die Irre führen.", sagte sie mit einem freundlichen Schmunzeln auf dem Gesicht "Anfangs fühlt man sich hier immer ein wenig verloren, aber du wirst sehen, in ein paar Tagen kennst du das Schloss wie deine Westentasche. Bis auf die Dienstbotenzimmer sind die Gemächer nämlich riesig und besonders die beiden Hauptsälle nehmen viel Platz ein. Aber solltest du dich tatsächlich einmal verlaufen, so frag einfach jemanden nach dem Weg. Den Adeligen und Soldaten sollte man ausweichen, aber die Bediensten sind eigentlich alle sehr freundlich."

Ich nickte dankbar für ihren Rat. Sie hatte Recht, die Gänge waren wirklich sehr verzweigt und schon jetzt hatte ich keine Ahnung mehr wie ich gehen musste um zu meinem Zimmer zurückzugelangen. Dennoch fühlte ich mich an Rosas Seite wohl und der Gedanke, dass ich mich mit ihr vielleicht würde anfreunden können, erweckte ein warmes Gefühl in meiner Brust.

"Bevor wir dann in die Küche gehen möchte ich dir aber noch das königliche Badezimmer zeigen. Amelié war früher dafür zuständig der Königin beim Baden zu helfen, doch ihre Mutter ist vor einigen Tagen schwer erkrankt und deshalb hat Amelié das Schloss verlassen um sie zu pflegen." Sie senkte den Kopf und ich konnte das tiefe Mitleid aus ihrer Stimme hören.

"Das tut mir sehr leid.", sagte ich erschrocken. "Ich hoffe ihre Mutter wird schnell wieder gesund."

"Es ist bestimmt nicht leicht für sie im Moment. Aber unsere Königin hat ein gutes Herz und hat sie mit genügend Geld und Nahrungsmittel nach Hause geschickt. Sie wird sich gut um ihre Mutter kümmern." Rosa seufzte leise. Dann räusperte sie sich und straffte die Schultern, so als würde sie die Traurigkeit die kurz zuvor noch in ihren Augen lagen abschütteln. "Jedenfalls brauchen wir jetzt ein neues Dienstmädchen, dass diese Aufgabe übernimmt und das bist du." Sie tippt mir leicht auf die Schulter und die Geste überraschte mich. An all den Jahren hatte ich mir zwar gelegentlich eine Ohrfeige eingefangen, aber ansonsten hatte mich nie jemand berührt. Schon gar nicht so sanft wie Rosa.

Ich lächelte zaghaft. "Ich?"

Rosa nickte. "Ganz genau, du. Es ist keine sehr schwere Aufgabe, aber sie verlangt Geduld und Ruhe. Ich glaube du bist dafür sehr gut geschaffen, Catlyn. Ich habe hier im Schloss mit vielen Menschen zu tun, Adeligen und Bedienste, aber selten habe ich jemanden getroffen der so eine ruhige Ausstrahlung hat wie du. Es ist angenehm in deiner Gegenwart."

Ihre Worte überraschten mich. Ich wusste nicht recht wie ich mit ihnen umgehen sollte. Mein ganzes Leben lang hatte ich mich selbst als Schatten betrachtet der fleißig durchs Haus schwebte um für andere Menschen das Leben sauberer und leichter zu gestalten. Wenn ich auf meine Hände blickte, dann sah ich nur den Gegenstand den ich gerade polierte, nicht aber mich selbst. Manchmal sprach ich tagelang kein Wort, sondern schrubbte nur Böden, reinigte Fenster und klopfte Staub auf Teppichen. Als Rosa über mich und meine Gegenwart sprach, schien sich mein Blickfeld zu verschieben. Ich starrte nicht mehr auf den blank geputzten Steinboden, sondern auf meine abgewetzten Schuhe in denen meine schmalen Füße steckten. Füße mit denen ich gerade durch mein neues Zuhause lief, das Schloss. Neben Rosa, einer wundervollen Fraue die meine Gegenwart als angenehm empfand. Die mich und meine Gegenwart überhaupt wahrnahm.

Ich sagte bloß "Dankeschön", doch ich hoffte, dass sie in der Art wie ich dieses eine Wort sprach, spürte wie viel mehr ich in diese drei Silben legte. Sie lächelte und erwiderte: "Dann zeige ich dir jetzt mal was zu tun ist, in Ordnung?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 19, 2017 ⏰

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Die Königin der KettenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt