Ich vermisse dich

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Beerdigungen sind dämlich! Der letzte Dreck. Na klar, man erweist dem Toten die letzte Ehre, aber wozu? Der komische Kerl da vorne auf dem Podest sabbelt hier sicher schon stunden, und das obwohl er Fred nie kannte! Ja, es ist Freds Beerdigung, die Beerdigung von Fred. Ich wollte nie in diese Situation geraten. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass mein Zwilling vor mir sterben könnte. Der Gedanke kam mir einfach nie. Es gab immer nur uns beide. Mich und Freddie. Freddie und mich. Alles haben wir zusammen gemeistert. Ich meine wirklich alles. Von unseren ersten schritten, über Moms standpauken, über Percy und seine Eigenheiten. Von der ersten Fahrt im Hogwarts Express bis zu unserem spektakulären Schulabbruch. Und dann unser mega Highlight, Weasleys Zauberhafte Zauberscherze! Unser Laden. Wie soll ich das bloß ohne Fred schaffen? Ich kann das nicht ohne ihn. Aber ich kann auch nicht einfach hinschmeißen, denn sonst verprügelt Fred mich wenn ich im Jenseits ankommen bin. Wir haben uns so gut wie nie gestritten. Die meisten Zwillinge streiten ständig, aber wir nicht. Wir sind viel mehr als bloß Zwillinge, wir sind beste Freunde, Geschäftspartner, Seelenverwandte, wir sind... ich meine wir waren ... .

Heiße Tränen rollen meine Wangen runter. Ich kann es nicht verhindern, will ich auch gar nicht. Mir egal, wenn mich jetzt alle weinen sehen. Egal wie toll all diese Erinnerungen sind, der Gedanke, dass Fred nicht mehr da ist tut so weh, und ruiniert diese Erinnerungen. Dieser Gedanke legt eine Art Schleier darüber, so dass all das wundervolle das wir erlebt haben, irgendwie nichtig wirkt. Warum musste er so früh gehen? Warum immer die besten Menschen? Fred hat das nicht verdient! Er hätte lange leben sollen, Heiraten und Vater werden. All dieses kitschige Zeug, das doch im grunde jeder möchte. Warum konnte nicht ich sterben? Oder jemand ganz anderes, warum er?

Mom, neben mir, weint bitterlich, Dad der ihre Hand hält, hat auch feuchte Augen. Ginny die im Arm von Harry liegt ist total blass, und Harrys Brille ist vom weinen beschlagen. Ron und Hermine, eine Reihe hinter mir, wirken beide so als wären sie mit einem starken Gedanken beschäftigt, aber man sieht ihnen an das es kein schöner ist. Charlie, der extra aus Romänien kam, weint auch. Bill ist dabei Fleur zu trösten die, obwohl sie Fred fast überhaupt nicht kannte, heuelt was das Zeug hält. Percy hat das Gesicht verzogen als würde er etwas sehr unangenehmes riechen, ich glaube, dass ist einfach seine Art zu trauern. Und unser bester Freund Lee, der auf der anderen Seite neben mir sitzt, starrt ausdruckslos zu dem komischen Typen vorne auf dem Podest. Wir alle trauern, wir alle vermissen Fred. Aber keiner kann das spüren, was ich spüren muss. Diese leere in der Brust, das brennen im Magen, die unerträgliche Sehensucht. Keiner kann verstehen, wie schrecklich es für mich ist, in den Spiegel zusehen. Denn immer dann sehe ich nicht mich, ich sehe Fred. Und immer wenn ich spreche, habe ich das Gefühl ihn sprechen zu hören. Deswegen tue ich es kaum noch.
Fred war mein Zwilling, meine zweite Hälfte. Ohne ihn bin ich nur halb. Ein Schatten, der wage an das erinnert was er einst war. Fred wird nie zurück kommen, ich werde ihn nie wieder sehen. Als ich das zum ersten Mal realisiert habe, habe ich mich gefühlt, als würde ich innerlich sterben. Aber ich bin nicht gestorben, sondern er. Er ist gestorben.
"Freddie, ich vermisse dich"

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