Die Vorbereitung

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Rose

Ich sitze auf einer harten Holzbank in einem winzigen Raum und warte darauf, dass ich die letzten Worte an meinem Bruder und meine Freunde richten kann. Wahrscheinlich die allerletzten. Meine beste Freundin Jeanne bricht durch die Tür und fällt mir weinend um den Hals, wobei sie ständig >>Nein, nein, nein.<< murmelt. >>Es ist okay, ich... ich bin naja ich kann versuchen zu...<< Ich stottere irgendetwas vor mich hin und vermeide es dabei ihr in die Augen zu sehen. Doch Jeanne packt mich an den Schultern und dreht mich zu sich um. >>Du schaffst das. Du bist schlau, du kannst klettern, du... du bist unglaublich schnell. Du kannst gewinnen. Du kannst es schaffen.<< Ich kann es nicht schaffen. >>Ich verspreche es. Ich gewinne für dich - und für Ben.... Wo, wo ist Ben?<< Ich schaue ihr in die Augen, doch sie weicht den meinen aus. >>Er ist doch nicht.<<, meine Augen füllen sich mit Tränen. >>Nein nein nein er kann nicht. Nein, er ist nicht gezogen worden.<< Jeanne nickt schluchzend. >>Distrikt 6.<< Ich breche in mich zusammen. Benett darf nicht sterben. Er kann nicht sterben. Die Tränen rinnen mir nun hemmungslos über die Wangen und meine Sicht verschwimmt, während Jeanne mich in den Arm nimmt.

Voller Kraft wird die Tür aufgerissen und Jeanne von mir weg gezerrt. Ich kann mich nicht dagegen wehren, als auch ich vom Boden aufgesammelt und schleifend in die andere Richtung beförderd werde. >>Du musst gewinnen.<< Der verzweifelte Unterton in der Stimme meiner besten Freundin lässt mich zusammenzucken, doch ich kann ihr nicht antworten. Ich bin einfach zu schwach.

Nach ein paar Minuten des Laufens und unzähligen Gängen komme ich in einen riesigen Raum an, der einem Krankenhauszimmer gleicht. Überall stehen Metallliegen und Menschen in Kitteln herum. >>Oh, Rose, da bist du ja endlich - wir haben dich schon erwartet. So leg dich hier hin.<< Die Frau im minzgrünen Kittel deutet auf eine der Liegen und drückt mich mit sanfter Gewalt auf diese hinauf, als ich nicht reagiere. Die nächsten Stunden sind schrecklich. Ewigkeiten wird an mir herumgezupft, gebürstet, geschrubbt und mit Wachs an mir herumgeschmiert, wonach er schmerzvoll abgezogen wird.

>>Ich denke sie ist fertig oder? Unter dieser dreckigen Fassade kommt doch noch ein wunderschönes Mädchen zum Vorschein.<< Ihre Hand streichelt kurz meine Wange, bevor sie mich wieder in die Hände der Friedenswächter übergibt. >>Sie bringen dich jetzt zu Marc. Er wird dich für die heutige Parade fertigmachen. Viel Glück.<< Sie lächelt und auch meine Lippen verziehen sich zu dem Anflug von einem Lächeln. Dann werde ich wieder unsanft am Arm gepackt und weggeschoben. Es kommt mir vor, als würde ich abermals durch den gesamten Palast gelotst werden, bevor ich in einen ähnlichen Raum, wie den vorherigen abgestellt werde. Dort sitze ich nun, wartend und voller Angst, Verwirrung und Wut. Ich sehe mich um. Der Raum ist kahl, trist und nur mit der gleichen Krankenhausähnlichen Liege ausgestattet, wie der erste Raum. Gerade, als ich mich hinsetzen will, wird die Tür sanft aufgestoßen nd ein junger Mann kommt hinein. Er ist vielleicht Mitte zwanzig, mit hellbraunem Haar und einem Maßband in der Hand. >>Hallo, Rose. Ich bin Marc, dein Stylist.<< Er hält mir die Hand hin und ich nehme sie entgegen. >>Du, du bist perfekt für meinen Plan. Klein, zart, blond. Es wird alles augezeichnet verlaufen.<<, lacht Marc glücklich. Er legt das Maßband um meine Hüfte. >>Welcher Plan?<<, frage ich, während er dabei ist, die Länge meiner Arme auszumessen. >>Nun, du wirst das Wasser sein. Die Flut aus Distrikt Vier, die Katniss' Flammen erlischen lässt.<< Meine Augen weiten sich. >>Nein, nein, das kann ich nicht.<< Soll ich sie etwa noch agressiver machen, als sie schon ist? >>Doch, doch Schätzchen, das wirst du.<< Nein, das will ich nicht. Doch ich muss machen, was er sagt. Das ist der Plan. Das sind die Regeln. Und ich darf sie nicht brechen.

Die Tribute von Panem - Das Ende war erst der AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt