Die Eröffnungsparade

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Ich stehe neben einem schwarzen Wagen, vor den Pferde gespannt sind. Auf der anderen Seite ist der Junge, der auch Distrikt 4 zugeteilt wurde. Ich versuche ihn nicht anzusehen, doch nach einiger Zeit kann ich nicht anders, als ihn zu mustern. Er ist ziemlich groß, mit braungebrannter Haut und schwarzen Haaren. Ich würde ihn ungefähr auf siebzehn oder achtzehn schätzen. Kennen möchte ich ihn nicht, denn rgendwann werde ich auch ihn umbringen müssen, um nach hause zu kommen.

>>Rose, du setzt dich vorn auf die Kante des Wagens. Wir werden dich gut sichern, aber du musst dich trotzdem festhalten okay?<< Ich nicke und klettere in dem engen Kleid den Wagen hinauf um mich auf die vordere Kante zu setzen. Marc befestigt ein paar von Weitem unsichtbare Sicherungen um meine Hüfte. >>Sehr gut. Okay ihr beiden werdet diesen Dreizack zusammen hochhalten. Es ist wichtig, dass ihr ihn ganz hoch haltet.<< Der unbekannte Junge neben mir und ich taten, wie uns befohlen. >>Perfekt, so und jetzt noch das hier.<< Marc holt etwas aus seiner Pappschachtel und ich erkenne, dass es eine reichverzierte, glitzernde Schwanzflosse ist. Er streift sie über meine Beine und verbindet sie dann mit Druckknöpfen an dem Kleid. >>Ihr Beide seht toll aus, sie werden euch lieben. Also, immer schon dran denken : Kopf hoch, Lächeln , zeigt ihnen, dass ihr stolz seid, zeigt ihnen, dass euch nichts erschüttern kann, zeigt ihnen, dass ihr gewinnen könnt, dass es sich lohnt eure Sponsoren zu werden. Ihr schafft das.<< Mit diesen Worten verpasst Marc den Pferden einen Klaps und diese setzen sich in Bewegung. Die Pferde ordnen sich hinter den Wägen von Distrikt 1, 2 und 3 ein, während ich den gesamten Raum nacch meinem Bruder absuche. >>Wo ist er nur?<<, murmele ich vor mich hin. Gerade, als ich glaube, ihn gefunden zu haben, setzt sich unser Wagen ruckartig in Bewegung und ich muss mich wieder krampfhaft an der Wagenkante festklammern, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Kurze Zeit später, stoppen wir vor einer riesigen, zweiflügeligen Tür, die mit unzähligen goldenen Ornamenten verziert ist. Ich frage mich, ob es echtes Gold ist (die Ironie dabei wäre, dass in meinem Dorf Menschen verhungern, während hier das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird). Das große Tor öffnet sich und der Wagen von Distrikt 1 fährt hinaus in das gleißende Licht. Wahrscheinlich sind es nur ein paar Minuten, doch mir kommt es wie Stunden vor, in denen ich warte, bis sich unser Wagen auch endlich in Bewegung setzt und wir hinaus in die riesige Halle rollen. Als sich das viel zu helle Licht der Scheinwerfer auf mich richtet, kneife ich die Augen zusammen und senke den Kopf, bevor sich Marc's Worte wieder in meinen Verstand schleichen : >>Kopf hoch, lächeln, zeigt ihnen, dass ihr stolz seid, zeigt ihnen, dass euch nichts erschüttern kann, zeigt ihnen, dass ihr gewinnen könnt, dass es sich lohnt eure Sponsoren zu werden.<< Ich muss gewinnen, ich muss Sponsoren finden. Also tue ich es. Ich richte meinen Kopf nach oben, öffne meine Augen - wobei ich ignoriere, dass diese wie Feuer brennen - und setze mein schönstes und selbstbewusstestes Lächeln auf. Die Menschenmenge jubelt und ich weiß zwar nicht, ob sie es für mich tun, doch viele sehen mich an, oder zeigen mit den Fingern auf mich. Ich lasse meinen Blick durch den Saal gleiten und sehe links und rechts neben der Bahn, auf der sich unsere Pferdewagen bewegen, große Leinwände. Auf den beiden ersten sind die Tribute von Distrikt 1 in ihren langen, auffällig glitzernden Gewändern zu sehen. Die zweite und dritte Reihe von Leinwänden zeigt Aufnahmen der Tribute, die Distrikt 2 und 3 zugeteilt worden. Plötzlich wandert mein Blick auf die vierte Leinwand und ich sehe mein Gesicht - lächelnd und mit einem falschen Strahlen in den Augen. Ich beschließe promt noch eine Schippe auf meinen Auftritt draufzusetzen : So schnell ich kann, rutsche ich in eine Position, in der ich mich auch ohne meine zweite Hand halten kann und ziehe die Sicherungen um meine Hüfte noch einmal fest. Dann - zögernd und so vorsichtig ich kann, löse ich meine Hand und hebe sie hoch in die Luft, um den Zuschauern zuzuwinken. Die Menge flippt aus und viele Leute winken auch mir zu. Wir sind schon fast am Ende der Bahn angelangt und unsere Pferde beginnen langsam in einen Halbkreis zu traben, während die unterlegte Paradenmusik leiser wird. Dann bleiben wir ruckartig stehen und ich kralle meine Hand wieder an den Wagenrand. Den Dreizack lassen wir derweil sinken und wenden unsere Aufmerksamkeit voll und ganz dem Ansagenpult zu. Mit langsamen Schritten tritt sie hervor : Katniss Everdeen. >>Willkommen, Tribute. Wir danken euch, für euren Mut und das Opfer, das ihr bringt. Fröhliche Hungerspiele, Tribute und möge das Glück stets mit euch sein.<<

Die Tribute von Panem - Das Ende war erst der AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt