Second Rose| Kapitel 7

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Langsam schlurfte Chris die Lane-Street entlang.
Unter seinem Arm, der große Karton mit dem Kuchen.

Es war 1:43 Uhr und die Lanestreet, die die Hauptstraße der kleinen Stadt war, schien ausgestorben.

Die Lanestreet endete an einer Kurve, hinter der es steil bergab hinunter zu einem See ging.
Doch diese Kurve war nicht nur das Ende der Lanestreet, sondern auch das Ende von March's Leben.
Das verunglückte, silberne Auto wurde damals an der Kurve zum See gefunden.
Ohne March, ohne Fahrer, ohne eine Spur.
Man vermutete sie seien in den See, der im Meer endet, getrieben worden.

Doch wer wusste das schon?
Chris jedenfalls würde es nie herausfinden, da er eine Spur hatte die falsch war, und die im Nichts endete.

Der Kuchen war nämlich ein Reinfall.
Es war eine riesen Torte mit der Aufschrift 28.05.14
Chris hatte am 10.02. Geburtstag, nicht am 28.05.14.
Und sonst würde es auch nichts besonderes am 28.05.2014 geben.
Es würde wahrscheinlich ein normaler Mai-Tag werden.

Chris verzweifelte und setzte sich an die "Todeskurve".
Langsam aß er den Kuchen und blickte runter auf den See, in dem er sich spiegelte.
Er war so bleich wie der Mond über dem See.
Seine Haare waren zerstrubbelt und seine Augen, unter denen sich schon dunkle Schatten gebildet hatten, waren winzig klein.
Er sah aus wie eine Leiche.
Ein weiteres Opfer der "Todeskurve".

Man nannte sie Todeskurve, weil dort innerhalb von 3 Jahren, 4 weitere Jugendliche auf die gleiche Weise umgekommen waren.
Chris aß schon das 4. Stück des Kuchens, als die Sonne langsam über dem See aufging.

Am Strand war alles so leer, wie er es noch nie gesehen hatte.
Keine kleinen Kinder die ihre Sandburgen bauten.
Keine Eltern die sich bräunten und dabei besorgt die Kinder beobachteten.
Ohne die Eisverkäufer die am Strand mit Kühlboxen herum gingen.
Ohne Möwen die einen ununterbrochen um Essen anbettelten.
Chris war im Sommer früher öfter mit March dort gewesen.
Umso länger Chris darüber nachdachte desto mehr vermisste er sie.
Erneut brach er in Tränen aus.
Sie tropften auf das Stück Kuchen und ließen es beinahe zerfließen.

Als die ersten Autos wieder die Todeskurve passierten, wischte sich Chris die Tränen aus dem Gesicht,  raffte sich auf und ging wieder entlang der Lanestreet, diesmal mit einem halben Kuchen unter dem Arm, nachhause in die Kleinstreet Nummer 85.

Als er zuhause ankam, waren Chris' Eltern schon auf der Arbeit, was er schon gehofft hatte. Niemand sollte ihn so sehen.
Leise schloss er die Tür auf und ging hoch in sein Zimmer.
Er sah den Karton, in dem die 1. Spur war.
Der Kassenbon.
Er führte zur 2. Spur.
Dem Kuchen, der zu nichts führte.

Doch Chris' Gedanken wurden von einem lauten Handy Klingelton aufgeschreckt.
Chris sprang auf und lauschte an seiner Tür.
Das Geräusch kam definitiv aus der Küche.

"Nein ich hab's nicht gefunden." zischte eine wütende dunkle Männerstimme.

Chris sah den Mann nur von hinten, als er die Treppe vorsichtig hinunter blickte.
Er trug einen weißen langen Kittel der hinten die Aufschrift Cla...

Bevor Chris die Aufschrift zuende lesen konnte drehte sich der Mann plötzlich um und blickte auf die Wand hinter Chris.
Ein Schock durchfuhr Chris, der ihn daran hinderte sich zu bewegen.

"Es gibt keinen Brief. Nein auch keinen Hinweis." sagte der Mann jetzt ruhig in sein Handy.
"Ich denke er weiß nichts. Nein, es gibt keinen Hinweis von ihr."
Nun ging der Mann langsam wieder auf die Tür zu und drückte die Türklinke hinunter.
"Ich melde mich später. Ja wir sehen uns im..." das Türknallen übertönte dem Rest des Satzes.

Chris saß nur noch da auf der Treppe, gebannt vom Schock.
Anstatt über diese ganzen Fragen nachzudenken, die man sich jetzt stellte, auf die es sowieso keine Antwort gab, seufzte Chris und ging langsam die Treppe hinauf.

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