Extra Award 2 Einreichungen und Abstimmung 2

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8. Kurzgeschichte

„Myra? Myra?" Scheiße, wo war dieses Mädchen?

An mein Ohr dringt ein leises Schluchzen, was mich noch schneller laufen lässt. Durch den Wald, in das Loch. „Komm da sofort raus!", schreie ich, sie weiß doch genau, dass ich da nicht mehr rein komme „Komm sofort raus".

Ängstlich kriecht sie aus dem hohlen Baumstamm, in dem sie schon als Kind Schutz gesucht hat.

„Sei einfach still" bringt sie hervor, bevor ich überhaupt etwas sagen kann.

„Wieso?" frage ich sanfter, doch sie schüttelt den Kopf, als Zeichen, dass sie noch nicht dazu bereit ist, zu reden.

Wir stehen nicht lange da, als sie schließlich anfängt. „Schau dir diese Stadt an. Jeder denkt, er kennt dich, aber wieviel weiß er tatsächlich? Kennt er genug, um deine Fassade zu durchschauen?

Es ist alles bloß eine Fassade, aufgebaut aus Gerüchten und Lügen. Hast du einmal mit Bobby einen Kuss ausgetauscht? Spinnen wir weiter, du bist keine Jungfrau mehr. Wurdest du bei einer schlechten Tat erwischt? Badboy.

Sie stecken dich in Schubladen, weil sie mit ihren eigenen nicht zufrieden sind. Sie stecken dich in Schubladen, weil sie höher im Regal stehen wollen."

Er lauscht, und die Stille hält nicht lange an.

„Schau dir diesen Wald an. Seine Pfade wirken magisch, als könnte man jeden Moment über Elfen stolpern oder den Zentauren zuhören. Aber tief drinnen sind sie irreführend und verwinkelt. Die Vögel mögen noch so heiter zwitschern, doch findest du nicht hinaus, sieht es dunkel für dich aus. Er sieht so lebendig aus, aber wie viele Geräusche hörst du hier?"

Und wieder ist sie still, und er hört in den Wald hinein. Sie hat Recht, es ist still. Die Stille verschwindet aber schnell wieder, als sie diesmal von ihm unterbrochen wird.

„Rede doch einfach darüber", bricht er heraus, im selben Moment will er sich aber selbst ohrfeigen. „Mit wem? Dir? Wir reden nicht mehr so, wie wir es früher taten". Er muss lächeln, als er an ihre Gespräche dachte. Sie waren lächerlich und am Ende stritten sie sich, aber trotzdem verließen sie den Spielplatz mit einem fetten Grinsen im Gesicht.

„Wir haben uns verändert", meint er. „Wir haben uns verloren", meint sie. „Es ist nicht mehr so wie früher", meint er. „Und du weißt, dass es nie mehr so sein wird", erwidert sie.

„Du weißt, dass das so bleiben wird, Löwenmädchen" meint er. „Du weißt, dass wir nichts verändern können, Wolfsjunge", fügt sie hinzu.

„Wir könnten unseren Tod vortäuschen, untertauchen und einfach von vorn anfangen. Es gibt doch immer eine Lösung!"„Er würde uns finden, er würde uns jagen und uns in den Wahnsinn treiben", und dieser Gedanke lässt sie in Tränen ausbrechen. Er denkt kurz nach, bis er einen Einfall bekommt: „Wir könnten alles verändern. Aussehen ist einfach, und einen gefälschten Ausweis bekommen wir doch auch irgendwo. Und bei den Fingerabdrücken kann man doch auch was machen!"„Du müsstest dir eine dünne Hautschicht abschneiden und dann drüber kleben!"„Das wäre dich wie ein Puzzle. Du hast doch früher gerne gepuzzelt."„Aber dieses Puzzle kann man nicht drehen und wenden, um zu sehen, ob die Teile zusammenpassen. Vergiss es!", schreit sie ihn an „Es ist sinnlos", fügt sie leise hinzu und sinkt zu Boden.

„Es ist doch irgendwie machbar, oder nicht?", fragt er hoffnungsvoll. „Geh und lass mich alleine im Tintenfass" „Mir ist es egal, ob ich da auch mit drinnen stecke" „Mir aber nicht, verdammt noch mal, weil ich dich liebe und er alle in meinem Umfeld verletzt hat und ich nicht will, dass die dasselbe passiert, also geh", bricht es aus ihr aus.

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