» London - Stadt der Gegensätze

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Das leise Prasseln des Regens brachte Hyunggu dazu langsam aufzuwachen.
Müde rekelte sich der junge Mann im Bett, streckte Arme und Beine von sich um sich zu dehnen, bevor er sich die müden Augen rieb.
Langsam und vollkommen verschlafen drehte er sich auf die Seite und blickte direkt in das schlafende Gesicht seines Freundes.
Automatisch breitete sich ein müdes Lächeln auf Hyunggu's Gesicht aus.
Shinwon sah aus wie Engel wenn er schlief, so friedlich.
Mit einem zufriedenen Lächeln kuschelte Hyunggu sich erneut in seine kuschelige Bettdecke, während er sanft über die Wange seines Freundes strich.
So weich, so perfekt.
Seine Hand wanderte vorsichtig hinauf zu den schwarzen Haaren des Älteren, strich ein paar vereinzelte Haarsträhnen aus seinem Gesicht.
Er könnte Shinwon den ganzen Tag beim schlafen beobachten, doch er hatte Pläne für den heutigen Tag und weder sein Freund - welcher unglaublich süß aussah, während er schlief - noch der Regen, würden Hyunggu von seinen Plänen abhalten.
Seufzend ließ er von seinem schlafenden Freund ab, schlug die Bettdecke nach hinten und setzte sich auf.
Kühle Luft traf auf seine nackte, warme Haut und ließ ihn für einen kleinen Augenblick frösteln.
Trotz, dass es inzwischen Anfang Juni war, war es in London relativ kühl und die letzten zwei Tage schüttete es wie aus Eimern.
Aus diesem Grund hatte das junge Paar die letzten zwei Tage ihre Pläne verschoben, da sie wortwörtlich ins Wasser gefallen waren.
Doch heute wollte Hyunggu etwas unternehmen und nicht den ganzen Tag im Hotel beziehungsweise im Bett zuverbringen.
"Shinwon.", flüsterte er aufgrunddessen in das Ohr des Schlafenden, während er sein rechtes Bein über den Körper seines Freundes hebte, so dass er auf seinem Schoß saß.
Ein genervtes Knurren verließ Shinwon's Kehle, zeigte Hyunggu somit, dass er zumindest geschafft hatte ihn aufzuwecken.
"Komm schon, Babe.", lachte Hyunggu und beugte sich dicht über das Gesicht seines Freunde. "Wach auf. Wir haben Pläne für heute.".
Sanft umschlossen Hyunggu's Hände Shinwon's Wangen, bevor er ihre Lippen verschmelzen ließ.
Ihre Lippen bewegten sich synchron und Shinwon seufzte in den Kuss hinein.
Grinsend löste sich Hyunggu.
"Das ist unfair.", murmelte Shinwon verschlafen, während er versuchte mit geschlossenen Augen nach Hyunggu's Gesicht zugreifen.
Dieser ergriff jedoch seine Hände, verschränkte ihre Finger miteinander.
"Du bekommst noch einen Kuss, wenn...", er ließ seine Lippen über Shinwon's geistern. "Du mit mir in den Tower gehst.".
Genervtes Stöhnen.
"Hyunggu.", murrte Shinwon.
Kurz darauf breitete sich ein schelmisches Grinsen auf Shinwon's Gesicht aus. "Aber nur, wenn du mit mir ins Dungeons gehst.".
Hyunggu ließ von den Händen seines Freundes ab und begann nachdenklich auf seiner Unterlippe zu kauen.
Schon seit fünf Tagen versuchte Shinwon ihn in dieses Gruselkabinett zu zerren und bis jetzt hatte er es erfolgreich abweisen können.
"Also, was sagst du, Gu?".
Seufzend verließ Hyunggu den Schoß seines Freundes und das Bett.
Langsam setzte sich Shinwon auf, öffnete die Augen halb und verfolgte die Bewegungen des Jüngeren.
Dieser raufte sich das schwarze Haar, bevor er seufzend nickte.
Shinwon stieß einen triumphierenden Laut aus, welcher Hyunggu dazu veranlasste ihm einen bösen Blick zu zuwerfen.
Er würde diesen Tag nicht überleben.

Gegen Mittag erreichte das Paar klitschnass den Tower.
Trotz Regenmänteln und Regenschirmen hatte der Regen sie bis auf die Knochen durchnässt.
Doch nicht einmal das konnte Hyunggu's Laune verderben.
Der kleine Sonnenschein sprang voran, während ihm sein griesgrämiger Freund auf einigen Metern Abstand folgte.
Schon Monate vor ihrer Reise hatte Hyunggu gebettelt sich die »Crown Jewels« ansehen zu dürfen.
Shinwon hatte seine Begeisterung für ein paar Juwelen noch nie wirklich verstanden, doch er würde alles tun um seinen Sonnenschein glücklich zumachen, allein aus dem Grund, um dieses herzerwärmende Lächeln sehen zu dürfen.
"Shinwon, komm schon!", rief sein Freund voller Begeisterung und packte kurzerhand den Mantel des Angesprochenen und zog ihn mit sich.
Trotz, dass es schon beinahe gegen ein Uhr war, war der Tower of London verhältnismäßig leer.
Nur vereinzelt standen ein paar Besucher vor den Informationstafeln und alten Reliquien.
Wahrscheinlich war den meisten Menschen das Wetter zu kalt und nass, wodurch sie lieber in ihren Hotelzimmern blieben und sich nur die auf die Straße trauten, welche zur Arbeit mussten.
Doch Shinwon hatte kaum Zeit weiter darüber nach zudenken, denn Hyunggu interessierten die Informationstafeln und die restlichen Ausstellungstücke herzlich wenig.
Er war hier für die Kronjuwelen, für nichts anderes.
Eigentlich hätte Shinwon sich darüber freuen sollen, schließlich wollte er unbedingt das Dungeon besuchen. Doch das ein oder andere Ausstellungstück hätte ihn schon interessiert.
Jedoch würde er wohl kaum mit Hyunggu diskutieren können, denn inzwischen hatten sie das Objekt Hyunggu's Begierde erreicht.
Freudestrahlend stellte er sich auf eines der zwei Fließbänder, welche parallel zu einander an den Hauptkästen vorbei fuhren.
Shinwon reihte sich gegenüber von seinem Freund ein und sah zu, wie die Juwelen und sein Juwel um die Wette strahlten.
Er hätte sich die Kronjuwelen ansehen sollen, hätte er wirklich.
Schließlich hatte er Geld dafür bezahlt.
Doch in diesem Augenblick hatte er nur Augen für den Mann den er liebte.
Wie seine Augen strahlten und sich die Juwelen in ihnen spiegelten.
Wie sein Lächeln so breit war, dass es all seine Zähne entblößte.
Wieso war sein Freund nur so perfekt?

Rund zweieinhalb Stunden später hatten die beiden jungen Männer den Tower of London verlassen, sich auf den Weg zum Dungeons gemacht und dieses betreten.
Hinein gegangen waren ein schelmisch grinsender Shinwon und sein vollkommen verängstigter Freund.
Herausgetreten waren ein zufrieden grinsender Shinwon und sein, einem Nervenzusammenbruch nahem, Freund.
Hyunggu's gesamter Körper zitterte, bebte beinahe.
Seine Beine konnten ihn kaum noch halten und sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
Er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören und wenn er nicht zu beschäftigt gewesen wäre seinen Körper unter Kontrolle zubekommen, hätte er Shinwon wahrscheinlich auf's übelste verflucht - in der Öffentlichkeit.
"Hyunggu, beruhig dich.", lachte Shinwon, während er sich die schwarze Kapuze über den Kopf zog. "So schlimm ist es nicht gewesen.".
So schlimm ist es nicht gewesen?
Hyunggu wäre beinahe gestorben.
Er war einem Herzinfarkt noch nie so nahe gewesen und dann behauptete Shinwon, es wäre nicht so schlimm gewesen?
Empört schnaubte der Jüngere, während er versuchte seine zitternden Hände zu beruhigen.
Einige Besucher und Touristen warfen ihm mitleidige Blick zu, sahen wahrscheinlich wie schlecht ihm nach dieser Erfahrung war.
Oder sie waren gemeinsam mit ihm in dieser Horrorshow gewesen und hatten ihn ohrenbetäubend laut schreien hören, wodurch sein Hals inzwischen langsam begann zu kratzen.
Shinwon hatte während der gesamten Veranstaltung nicht ein einziges Mal mit der Wimper gezuckt.
Er war gelassen gewesen oder zumindest hatte er gelassen auf Hyunggu gewirkt.
Das auch der Kleinere sich desöfteren gefürchtet und einen Schrei unterdrückt hatte, hatte Hyunggu vor lauter Angst kaum mitbekommen.
"Ich will nachhause.", brachte Hyunggu schließlich mit zittriger Stimme hervor, zog sich ebenfalls die Kapuze über den Kopf und trat mit Shinwon an seiner Seite hinaus in den Regen.
Dieser schüttelte augenblicklich den Kopf und deutete auf das London Eye direkt vor ihnen. "Damit fahren wir erst noch.".
Hyunggu sah ihn mit in Falten gelegter Stirn an.
Vor drei Tagen erst, am letzten sonnigen Tag, waren sie mit dem atemberaubenden Riesenrad gefahren und hatten ganz London von oben bestaunt.
"Aber, Won.", begann Hyunggu, blickte zwischen Riesenrad und dem Schwarzhaarigen hin und her. "Damit sind wir doch schon gefahren.".
Seine Aussage wurde mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen, bevor er sich in Richtung des London Eye bewegte.
Hyunggu ließ er allein vor dem Eingang des Dungeons stehen.
Das konnte nicht wahr sein.
Erst schleppte er ihn ins Dungeons, einem Ort des Grauens und des Verderbens, und nun ließ er ihn wortwörtlich im Regen stehen.
Mit noch immer weichen Knien stolperte er seinem älteren Freund hinter her und packte ihn am Mantel.
Ein genervter Seufzer entwich Shinwon's Kehle eh er auf dem Absatz umdrehte und dem Kleineren direkt in die Augen sah.
"Shinwon, du kannst mich doch nicht einfach so stehen lassen.", jammerte Hyunggu. "Weißt du, ich hab auch noch...".
Weiter kam er nicht.
Denn Shinwon hatte es ihm kurzerhand nach gemacht und ihn am Mantel gepackt, nur um ihn an sich heran zuziehen und ihn zu küssen.
Ihre Lippen verschmolzen miteinander, trafen gierig aufeinander.
Vollkommen überrascht von der Tatsache, dass Shinwon sich so etwas in der Öffentlichkeit traute, ließ Hyunggu es geschehen und presste seinen, von durchnässten Sachen umgebenen, Körper gegen den seines Freundes.
Seine Hände fanden den Weg unter Shinwon's Kapuze und vergruben sich dort in dem seidigen, schwarzen Haar.
Dieser Kuss hätte einem dieser kitschigen Romanzen entspringen können, welche Shinwon verabscheute.
Der Regen prasselte auf sie herab, während sie auf einem fast menschenleeren Weg standen mit dem London Eye im Rücken.
Viel zu schnell löste sich Shinwon wieder von ihm.
"Den hast du mir noch geschuldet.", murmelte er gegen Hyunggu's Lippen bevor er sich umdrehte und seinen Weg zum Riesenrad fortsetzte. "Kommst du?".

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