f o r t y - f o u r

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-6. Januar 2017   

Ich hatte noch nie verstanden, warum Mädchen wegen einem Jungen weinten. 

Ich meine, es war eine Sache, wenn man weinte, als Augustus Waters auf der Strecke geblieben war, als Jack Dawson im Atlantik versunken war, oder als der elfte Doctor sich verändert hatte, nur, um sich in den zwölften Doctor verwandeln zu können, aber es war nochmal eine andere Sache, wenn man nur aufgrund von realen Jungs weinte. Ich selbst weinte auch, wenn meine liebsten Serien- und Filmcharaktere starben und ich weinte, wenn eine Liebesgeschichte mich so sehr berührte, dass ich das viele Wasser, das sich in meinen Augenwinkeln bildete, nicht stoppen konnte.

Kurz gesagt, fiktive Charaktere schafften es unbeschreiblich oft, mir Tränen zu entlocken.

Das war etwas, das ein realer Junge bisher noch kein einziges Mal fertig gebracht hatte.

Bis ich Thaddeus kennenlernte.

Die Tränen liefen mir nur so über meine Wangen, als er wütend wurde, weil ich ihm kein Foto von mir senden wollte. Ich weinte, ich schniefte, ich schluchzte, ruinierte mein ganzes Make-Up und hörte erst auf, als mir meine Tränenflüssigkeit ausging. Ich wusste nicht, wieso er so reagiert hatte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht so schnell darüber hinwegkommen würde - dabei war es nicht mal die Tatsache, dass er mich unter Druck gesetzt hatte oder dass er mich dumm angemacht hatte, die mich so sehr belastete, es war eher die Tatsache, dass ich eigentlich gedacht hatte, ihn nun zu kennen. Ich hätte niemals erwartet, dass er zu so etwas fähig gewesen wäre und war verdammt geschockt, da ich inzwischen eigentlich ganz fest davon ausgegangen war, dass er nicht so einer war.

Aber hey, Menschen können einen wohl anscheinend immer wieder überraschen.  

Nachdem ich ihm gestanden hatte, dass ich noch nicht bereit war, ihm ein Foto zu senden, auf dem ich meinen Körper zur Schau stellen sollte, hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass er mich verstehen könnte. Ich dachte, Thaddeus würde sagen, dass es okay wäre und dass ich auf keinen Fall etwas machen müsste, was ich nicht will. Als er dann aber wegen einer so unbedeutenden Sache so wütend wurde, brauchte ich erstmal eine Weile, um das alles zu realisieren. Ich war traurig und irritiert, verkroch mich dann in meinem Bett und überlegte, was denn so plötzlich in den sonst so liebenswürdigen Jungen gefahren war, spielte dabei mit dem misslichen Gedanken, dass er mir die ganze Zeit vielleicht bloß etwas vorgespielt hatte.

So oder so, ich würde noch eine Weile brauchen, um das alles zu verstehen.

In den nächsten Tagen schaffte ich es zum Glück, mich etwas zu beruhigen - ich weinte ihm nicht mehr hinterher, schaffte es, mich zu fassen, probierte indessen, meinem normalen Alltag nachzugehen. Ich ertappte mich immer noch dabei, hin und wieder mal einige Blicke auf mein Handy zu werfen, in der Hoffnung, dass er mir wieder etwas geschrieben hatte, wurde aber jedes Mal erneut enttäuscht. Ich wusste selbst nicht so wirklich, ob ich eine Entschuldigung oder einfach nur ein kurzes Lebenszeichen erwartete, aber als ich anfing zu realisieren, dass ich weder das eine, noch das andere bekommen würde, bemerkte ich, wie sich in meinem Bauch eine Leere bildete, wie meine Augen wieder wässrig wurden.

Ich konnte es mir nur schwer eingestehen, aber, verdammte Scheiße, ich vermisste ihn. 

Ich vermisste seine Nachrichten und seine blöden Sprüche, ich vermisste es, einen Ton von meinem Handy zu vernehmen, der mir mitteilte, dass er mir geschrieben hatte.

Thaddeus hatte mich verletzt und mir weh getan und trotzdem vermisste ich Idiot ihn.

Fuck.

nudes ❦ taddl ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt