Kapitel 11: Hallo!

4 1 0
                                    

"Komm erzähl uns etwas über dich", forderte der Mann mich auf. "Ähm was... Was möchtet ihr denn wissen?", fragte ich und rieb nervös die Hände unter dem Tisch. "Wie alt bist du?", fragte der Junge von der anderen Seite des Tisches. " Sechzehn", lächelte ich, froh darüber, dass die Frage noch ganz leicht war. Emily seufzte:"Das habe ich auch schon gefragt. Sie kommt außerdem aus einer kleinen Stadt in England, wurde aber zweisprachig erzogen und hat aus diesem Grund keinen Akzent", sie machte eine kurze Pause bevor sie etwas lauter sprach, "Aber sie kennt KEINE Handys!" Ich lächelte schüchtern und hob die Schultern ein wenig. "Weißt du, Liebling", begann die Frau an Emily gerichtet, "in England gibt es kleine Städte, die sich gegen unsere Entwicklung wehren. Die Menschen leben dort noch wie in der frühen Neuzeit, sie fahren mit Kutschen, die Kirche hat das Sagen und so weiter" Dann wandte sie sich zu mir: "Lebst du in einer solchen Stadt, Fly?" Ich nickte, denn ich war froh mir keine eigene Geschichte dazu ausdenken zu müssen. Einen Moment blieb ich still, bevor ich einer Plötzlichen Eingebung folgend zu sprechen begann: "Vor ziemlich genau zwanzig Jahren hat meine Tante - als erste unserer gesamten Gemeinde - unsere Stadt verlassen. Sie ist irgendwie, frag mich nicht wie, nach Deutschland gekommen, wo sie dann bei eurer Nachbarin untergekommen ist" "Frau Ibunly ist deine Tante?", fragte der Junge plötzlich dazwischen. Dafür erntete er einen leichten Schlag auf den Hinterkopf, von seiner Schwester. "Unsere Nachbarin, Frau Mayer, hat uns immer von deiner Tante erzählt und Max hier war immer sehr fasziniert von ihr", sagte sie entschuldigend. "Stimmt gar nicht", sagte Max beleidigt und verschränkte seine Arme. Ich lächelte sie war süß, so als Geschwister. "Also, wie ich gerade sagte, ist meine Tante bei eurer Nachbarin untergekommen. Von dort hat sie dann Informationen gesammelt und ist dann ist sie zurück gekehrt. Vor einiger Zeit hat sie mich gefragt, ob ich nicht auch mal eine Zeit lang hier her möchte. Nun sie hat das alles Organisiert und mir alles über diese Welt erzählt was sie wusste, aber das ist halt zwanzig Jahre her" "Bist du schon aufgeregt, neue Welt, mit ganz anderen Ritualen, Sitten und einem ganz neuen Alltag?", fragte Emilys Mutter. Ich nickte. "Brauchst du nicht, ich zeige dir dein Zimmer", sagte Emily und stand auf und folgte ihr die Treppe hoch. " Links ist da Bad, gegen über ist Max' Zimmer und" sie ging ein paar Schritte nach Rechts, dort war ein Geländer und man konnte ins Wohnzimmer blicken. Sie wandte sich nach links und zweigte auf zwei Türen am Ende des Flures "Links schlafe ich und rechts ist das Gäste Zimmer also deines. Am besten gehen wir gleich Schlafen, es ist schon spät" Sie verschwand in ihrem Zimmer und ich stand alleine im Flur. Ich öffnete die Tür vorsichtig, als könnte darin etwas gefährliches lauern. Doch es war ein normaler Raum. Eigentlich nicht unähnlich den Zimmern zu Hause. Im gesamten oberen Stockwerk waren Teppiche gelegt, so auch in diesem Zimmer. In der Ecke links neben der Tür stand ein großes Bett mit weißer Bettwäsche. Über dem Bette an der Längsseite hingein Spiegel, in der Eck rechts neben der Tür stand ein Kleiderschrank. Gegenüber von der Tür stand ein Schreibtisch mit einem Fenster mit einer wunderschönen Aussicht. Ich stellte mich vor den Spiegel und betrachte mich zum ersten Mal mit Perücke und Kontaktlinsen. Die blonden Haare sahen nicht schlecht an mir aus , sie umrahmten mein Gesicht und ließen es schmaler wirken, ich sollte das auch Zuhause häufiger tragen. Vielleicht durfte ich die Perücke ja behalten. Die Augenfarbe mochte ich auch. Sie passte zu der Perücke und zu meiner momentanen Hautfarbe. Vorsichtig nahm ich die Kontaktlinsen raus und steckte sie in die kleine Schachtel in meiner Hosentasche, damit sie nicht verloren gingen. Danach griff ich mit der Hand in meine "Haare" und zog die Perücke ab. Meine Haare darunter waren mal wieder schwarz. Also kam mein "Denker-Ich", wie ich es liebevoll nannte mal wieder zum vorschein. Auf einmal hörte ich wie sich die Tür mit einem leisen knarzen öffnete. Erschreckt drehte ich mich um und sah wie Mr Clark in das Zimmer trat. "Ich stell den Koffer einfach schnell hier rein", sagte er, den Blick zum Glück auf sein Handy gerichtet. Ich bedankte mich, er verließ das Zimmer und schloss die Tür. Ich atmete erleichtert auf, es war nichts weiter passiert. Ich zog mir noch meine Kleidung aus und stattdessen ein T-Shirt meines Vaters an. Dieses war einfach nur Ur-Gemütlich und erinnerte mich an Zuhause. Ich seufzte. Was wohl noch passieren würde? Morgen? In der nächsten Woche? Wie hier die Schule so sein wird? Emily steckte ihren Kopf durch die Tür: "Hey, ich wollte dir eine gute Nacht wünschen" Ich war froh, dass ich das Licht bereits ausgeschaltet hatte und sie mich so nicht richtig sehen konnte. "Ich dir auch", antwortete ich. Die Tür schloss sich wieder und ich versuchte zu schlafen. Ich hatte es fast geschafft, als ich eine Stimme in meinem Kopf wahrnahm: "Fly" Ich erkannte die Stimme sofort und setzte mich ruckartig auf. Leise flüsterte ich: "Ich bin hier" "Gut, wie läuft es?", fragte Herr Mendax "Ich bin gut angekommen, morgen werde ich mich informieren, wo es einen Bereich gibt in dem die Bedingungen für eine Flant, also feuchte lockere Erde, erfüllt sind" Kurz war es still, dann hörte ich von irgendwo einen gedämpften Wutschrei. " Gut, viel Glück", sagte Herr Mendax. Schließlich schlief ich mit wilden Gedanken an den Wutschrei ein. Diese setzten sich dann in meinen Träumen fort. Ich träumte etwas seltsam zusammengewürfeltes. Erst war da Herr Mendax, er hatte ein Messer aus einem Flantblatt, mit dem er Frau Ibunly die Flügel abtrennte. Diese Flügel klebte er dann irgendwie mir an und ich flog damit bis fast ganz nach Hause. Dann sagte Herr Mendax in meinem Kopf ich solle eine Kette die ich um hatte abmachen, ich wollte das nicht. Darauf hin sagte Herr Mendax ein seltsames Wort und mir fielen die Flügel ab.

Engel ohne Flügel (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt