Kapitel 4

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Die Wachen umkreisten die Mädchen - und gingen nicht auf den Wunsch von Mary-Lou ein.

Den beiden Prinzen wurde wortwörtlich die Lanze auf die Brust gelegt.

Der Anführer stellte sich hinter die beiden und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Sie sollten sich lieber in Ihre Gemächer begeben. Der Allvater ist schon über das Verlassen des Palastes äußerst erbost.", leicht angeekelt schüttelte sich Madeleine die Hand des Hauptmanns von der Schulter. Sie hasste Menschen. Dieser hier gab ihr grad einen Grund mehr.

„Es ist nicht nur Lous Wunsch, dass die beiden Prinzen uns begleiten würden. Es wäre sehr zuvorkommend.", erhob da Madeleine unterstützend die Stimme. Die des Hauptmanns allerdings zitterte plötzlich, Loki weitete erstaunt die Augen.

„Der Allvater möchte d-d-dass die P-p-p-Prinze- auf ihr- Lady Madeleine!", seine Stimme war rau und dünn. Seine Augen schreckgeweitet.

„Ich wiederhole mich", in ihren Augen lag ein stechender Blick, „Mary-Lous Wunsch war es, dass die Prinzen, besonders Loki, uns begleiten. Ich erwarte, dass diesem Wunsch Folge geleistet wird!", hallte Madeleines Stimme von allen Seiten auf die Gruppe. Auch Thors Augen weiteten sich und Loki begann zu grinsen.

Es war wie er es geahnt hatte, als sie die Worte an den Hauptmann wandte. Sie konnte das, was er kann. Nur viel besser und schneller. Während er Lügen und Betrügen musste, konnte sie nur durch ihre Stimme erreichen, dass man das machte, was sie wollte.

„Natürlich, Lady Madeleine. Wenn Sie uns begleiten möchten?", wandte er sich fragend an die Prinzen.

Diese waren während Madeleines kleiner Ansprache von den Lanzen befreit worden. Mary-Lou sah sich nur erstaunt ihre Freundin an. „Das war der Hammer! Wieso kam deine Stimme plötzlich von überall her? Wie bei Gott, pardon Loki, hast du das gemacht?", löcherte sie sie.

Madeleine sah sich nur ungläubig um. Dann sah sie an sich herunter. Und auf einmal zu Loki, welcher stur auf den Boden sah, als es sich bei seiner Namenserwähnung nicht um ihn drehte. Dann wieder zu Mary-Lou. „Keine Ahnung, aber es war GEIL!"

„Ach, ne.", antwortete das braunäugige Mädchen zynisch. Die Wachen waren wieder auf Abstand gegangen und die Prinzen begleiteten sie nun in engerem Kreise. „Müsstest du nicht jetzt irgendwie neue Klamotten haben? Irgendwas das hierher passt?", die Schritte von Thor und Loki stockten kurz.

Da setzte Thor auch schon an, etwas zu verlauten. „Nein, das ist nicht üblich. Natürlich wird bei starker Magie der Stil den Fähigkeiten angepasst, aber dies ist nicht immer der Fall.", neugierig sahen die Mädchen den jungen Blonden an.

„Bei wem hat es denn das letzte Mal was verändert?", fragen sie unisono.

„Bei Loki.", und vier Augen wanderten zum Genannten. Dieser hasste Thor für einen Augenblick. Es musste doch nicht gleich jeder wissen, da es ihm leicht unangenehm war. Er wollte nicht, dass man ihn als Bedrohung sah. „Doch dies auch nur, weil er mehrerer Magien kundig ist. Zudem waren meine Mutter Frigga und ich selbst im Raum. Frigga und Mjölnir strahlen genug Magie aus, um Loki selbst bei den leichtesten Tricks verwandeln zu können.", Thor versuchte Loki aus dem brennenden Blick der Beiden zu retten.

Bei Madeleine funktionierte es. Mary-Lous Blick ließ sich aber nicht von Loki lösen. Sie fixierte sich, seit sie Asgard betreten hatte, ausschließlich auf den jüngeren Prinzen. Plötzlich musste sie gähnen. Sie hatten inzwischen das Schloss betreten und die ersten Gänge durchquert, sodass sie denn Weg nach draußen nicht mehr finden würden.

Sie lehnte sich beim Laufen leicht an Madeleine, welche mit ihrem Gleichgewicht zu kämpfen hatte und sie darauf gleich wieder wegschubste. „Madeleine?", Mary-Lou sah auf und schwanke langsam weiter. „Mein Kopf ist schwer. Bitte.", flüsterte sie. „Tu was! Mein Kopf ist schwer!", wieder versuchte sie, ihren Kopf auf ihrer Schulter abzulegen.

„Solange er nicht auf dem Boden schleift, kannst du ihn noch selber tragen.", kommentierte sie trocken.

„Och bitte, Madeleine. Biiittee.", doch Madeleine schubste sie einfach zu Loki hinter sich. „Madeleine! Das kannst du doch nicht machen! Er ist ein Prinz!", zischte das betrunkene Mädchen, als sie ihr Gleichgewicht soweit es ging wieder fand und zog das „Prinz" in die Länge. „Ich kann mich doch nicht einfach mit ihm unterhalten! Was wen er - du weißt schon wie - wird? Was sollen wir dann machen? Huh?", meinte sie und blieb stehen. Auch die Wachen stoppten mit den Prinzen. Die jungen Thronfolger wunderten sich immer mehr über das Verhalten der jungen Frauen.

Sie standen vor einer großen goldenen Tür. An ihren Seiten waren kleine Rankenmuster um die Scharniere zu verdecken. Ein Riegel wurde von zwei Wachen geöffnet. Diese trugen allerdings, anders als die Eskorte, goldene Capes. Sie stießen die Tür nach innen auf und stellten sich an die geöffneten Flügel. Mary-Lou, immernoch auf eine Antwort seitens Madeleine wartend, wurde von dieser an der Hand gepackt und mit gezogen, hatte nicht gemerkt dass das größere Mädchen auf sie zugekommen war. Sie war vollkommen benebelt. Loki und Thor betraten mit zögernden Schritten die große Halle. Sie war gespickt mit stützenden Säulen und hatte eine Art Zentrum. Es war eine mit flachen Stufen eingeleitete Mulde. Sie hatte ein offenes Ende - war leicht ellipsenförmig, in Richtung der Stadt, wo sie mit einem leichttiefergelegten Gang auf einem riesigen Balkon endete. Sie gingen langsam auf diese Mulde zu. Gegenüber dem Balkon war eine steile Treppe. Am Ende dieser Treppe stand der Thron. Ein weitausladendes Gebilde mit schlichten Schwingen an beiden Seiten. Dort oben saß Odin, mit strenger Haltung den Stab neben seinen Knien.

„Meine Söhne. Was hat euch dazu getrieben, meinen Befehl zu missachten?", dröhnte seine Stimme durch die Halle, ohne dass sie den Bereich vor dem Thron erreicht hatten. Thor und Loki waren ein paar Schritte vor den Mädchen. Die Wachen hatten die vier an der Tür verlassen. Nun standen Sie vor dem Thron. Die Mädchen leicht abseits. Der Blick von Odin ruhte auf seinen Söhnen.

Die jungen Männer neigten leicht den Kopf und sahen zu ihrem Vater auf. Mit seinem Auge hatte er eine Strenge im Blick, die die Beiden midgardischen Mädchen noch nie erlebt hatten.

„Vater, es war der Gäste Wunsch, dass wir sie begleiten.", verteidigte Loki sich.

„Und die Wachen? Haben sie ihnen nicht ausgerichtet, dass ich euch allein sprechen möchte?", fragte der Allvater überraschend ruhig.

„Sie konnten gegen den Wunsch nichts tun.", warf Thor leise ein.

Odin zog seine Augenbraue hoch. „Ich will sie nicht hier haben. Sie sollen wieder gehen. Alle beide."

„Aber Vater! Es sind Gäste. Wir wissen noch nicht mal, warum sie hier sind. Schließlich hat Midgard schon seit Jahrhunderten keine Boten mehr geschickt.", versuchte Thor seinen Vater umzustimmen.

Odins eines Auge verengte sich. „Geht zu eurer Mutter. Hört, was sie zu sagen hat. Derweil besuchen die Weiber den Kerker und dürfen sich eine Zelle von innen ansehen. Da ihr meinen Platz einnehmen sollt, dürft ihr darauf über ihr Schicksal entscheiden! Und nun geht!", damit stieß Odin den Stab fest auf den Boden und die zwei Prinzen neigten ihre Köpfe. Mit großen Schritten begaben sie sich zu den Midgardinnen. Diese standen da und wussten nicht, was zu tun war.

Erst die Eskorte zum Thronsaal, dann die Abweisung vom Allvater und schlussendlich die Gewissheit im Kerker auf das Urteil zweier komplett gegensätzlicher Prinzen zu warten.

Sie wurden aus ihren Gedanken gerissen, als Thor Madeleine und Loki Mary-Lou am Arm packten und sie aus dem Thronsaal führten. Die schwere goldene Tür wurde aufgestoßen und die Eskorte umringte sie erneut.

„Tyr, wir sollen die Mädchen in die Kerker bringen. Bitte schickt eine Wache zu meiner Mutter. Ich will sie danach in meinem Gemach sprechen. Befehl vom Allvater.", gab Loki den Wachen Instruktionen. Der Hauptmann drehte sich um und gab dem nächsten Wachmann an seiner Seite Lokis Befehl weiter.

Dieser eilte los und verschwand im nächsten Augenblick um eine Ecke. Die Mädchen, geführt durch die Hände an den Oberarmen, folgten widerwillig.

Das Tor zum HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt