Kapitel 6 (Hailey)

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Mir tat das Herz weh, als ich in die verletzten braunen Augen von Harper gesehen habe. Aber ich kann nichts mit ihr anfangen, meine Eltern würden eine homosexuelle Beziehung niemals dulden.

So kommt es jetzt, das ich an meinem Schreibtisch sitze und auf meinem Stift rumkaue. Ich weiß, das ist nicht gut für die Zähne, aber wen interessiert's?

Mir geht Harper's Gesichtsausdruck einfach nicht aus dem Kopf. Was soll ich machen? Ich wollte sie nicht verletzten, aber hätte ich irgendetwas angefangen, was mich am Ende selbst verletzt, wäre ich schön blöd.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. Verwirrt schaue ich auf mein Handy, um herauszufinden, woher das Geräusch gekommen war. Tatsächlich, ich hab eine Nachrricht bekommen.

Erik (16:19 Uhr): Hey, was machst du?

Erik ist ein Junge, aus meiner Schule. Ich kenne ihn bestimmt schon seit der 4. Klasse. Mit der Zeit hatte er sich in einen richtigen Mädchenschwarm gewandelt.

Ich (16:20 Uhr): Nichts besonderes. Und du?

Antworte ich ihm. Was er wohl will?

Da er nicht sofort antwortet, gehe ich auf Whatsapp und öffne Facebook. Gelangweilt scrolle ich durch die Neuigkeiten und bleibe bei einem Bild von Jade hängen. Darauf zusehen waren sie und Harper. Harper hatte ihren Kopf in Jade's Schoss gebettet und lacht in die Kamera. Anscheinend hab ich sie doch nicht so sehr verletzt.

Vielleicht bringt Erik mich auf andere Gedanken? Ein bisschen Ablenkung kann ja nicht schaden.

Erik (16:25 Uhr): Noch nix. Lust auf Pizza? ;)

Was ist das denn für eine Frage?

Ich (16:27 Uhr): Immer. :D

Erik (16:30 Uhr): Gut, dann treffen wir uns bei Jonny? :)

Ich (16:33 Uhr): Ok.

Ich liebe die Pizzen von Jonny! Der Boden ist dünn und weich, so dass sich die Spitze eines Stücks nach unten biegt und der viele Käse erst! Es gibt nichts besseres, als eine fettige Pizza.

Ich stehe von meinem Schreibtisch auf und laufe in meinen Schrank. Ich hab keine Ahnung was ich anziehen soll. Ohne weiter zu überlegen, ziehe ich eine dunkel blaue Jeans heraus und ein weißes Levis T-shirt.

Nachdem ich mich umgezogen habe, gehe ich noch schnell ins Bad und überprüfe mein Make-up. Sieht alles noch gut aus. Ehrlich gesagt, hab ich jetzt auch keine Lust mich nochmal zu schminken.

Ich gehe aus meinen Zimmer, schließe die Tür hinter mir und laufe die Treppen runter. Aus dem Schuhschrank nehme ich mir meine weißen Nikes und aus der Gardrobe eine schwarze Jacke. Ich nehme meinen Schlüssel vom Hacken und gehe aus dem Haus.

Mit meinem Auto brauche ich ungefähr 15 Minuten, bis zu Pizzerria. Als ich meinen Mini Cooper auf den Parkplatz lenke, sehe ich Erik schon vor der Pizzerria stehen sehen. Schnell parke ich und steige aus, um zu ihm zu gehen.

"Hey.", grinst er. So das man seine vielen Grübchen sehen kann.

Er sieht gut aus. Seine Haare sehen fast schwarz aus und seine blauen Augen strahlen förmlich.

Heute trägt er eine schwarze Jeans, ein schlichtes weißes T-Shirt und flache Vans. Erik ist einer der letzten Jungs, die keine Skinny-Jeans anziehen.

Diese Hosen sind für Frauen, nicht für Männer! Das sieht einfach ungesund bei den Männern aus. Die bekommen bestimmt nach dem tragen einer Skinny-Jeans erstmal drei Tage keinen hoch, weil ihr Penis zu wenig durchblutet wurde.

"Hey. Alles klar, bei dir?", frage ich und gebe ihm eine Umarmung. Ich muss mich auf die Zehnspitzen stellen, da er mehr als einen Kopf größer ist als ich ist.

"Natürlich. Wie geht's dir denn so? Ich hab das mit Carter gehört.", gibt er betroffen zu und erwidert meine Umarmung.

"Mir geht's ganz gut. Ich hab nur hunger.", erkläre ich lachend. Der Bemerkung, dass er das mit Carter gehört habe, ausweichend.

"Dann sollten wir schnell bestellen!" Erik geht vor und hält mir die Tür auf. Ganz Gentleman-like. Ich bedanke mich und gehe hinein.

Die Pizzerria ist relativ voll. Wie immer. Also setze ich mich an den letzten freien Tisch. Erik nimmt mir gegenüber platz.

"Was willst du bestellen? Geht auf mich.", zwinkert er mir zu und ich muss lachen. Er sieht aus wie ein kleiner Junge, als er zwinkert. "Schön, dass ich dich zum lachen bringen kann.", bemerkt er erleichtert.

"Ich nehme eine große Salami Pizza mit extra viel Käse.", beantworte ich seine Frage und übergehe seine letzte Bemerkung.

"Witzig, das wollte ich auch bestellen.", lacht er und winkt den Kellner zu uns an den Tisch. Er bestellt unsere Pizzen und dazu noch zwei große Gläser Cola.

Wir unterhalten uns ein bisschen über unsere Lehrer. Er hat mit seiner Geschichtslehrerin total ins Klo gegriffen.

Mrs. Roland ist so alt, dass man meinen könnte, sie habe die französische Revolution miterlebt. Ihrem Alter entsprechend unterrichtet sie auch. Sie ist vor allem streng.

Als unsere Pizzen kommen, fangen wir sofort an sie zu verputzen. Dabei reden wir fast gar nicht. Was mich überhaupt nicht stört. Erik hat vermutlich verstanden, dass ich keine Lust habe über Carter zu reden.

Nachdem wir fertig gegessen haben, bezahlt Erik und wir gehen raus auf den Parkplatz.

"Wie bist du hier hergekommen?", frage ich ihn.

"Mit dem Bus.", antwortet er schlicht.

"Komm ich fahr dich nach Hause.", biete ich ihm freundlich an.

"Ach, brauchst du nicht. Das ist ein Umweg für dich.", versucht er mich abzuwimmeln, doch ich bin sehr dickköpfig.

"Steig ein, Erik. Mir macht der Umweg nichts aus.", versichere ich ihm.

Er mach wie ich ihm befohlen habe und wir fahren los. Erik wohnt 20 Minuten von der Pizzerria entfernt. Die ganze Fahrt über reden wir nicht sonderlich viel, wie vorhin beim essen.

Es ist aber überhaupt nicht unangenehm, da das Radio läuft und ich mich auf den Straßenverlauf konzentriere. Und ehe ich mich versehen kann, sind wir auch schon vor dem Haus von Erik's Familie.

"Danke für's fahren."

"Kein Problem. Danke, für die Pizza und Gesellschaft.", gebe ich zurück.

"Klar, gern geschehen. Vielleicht gehen wir ja das nächste mal ins Kino.", schlägt er nett vor und ich nicke lächelnd. "Alles klar, man sieht sich. Angenehme Nacht, Hailey." Erik steigt aus und ich fahre los.

Zehn Minuten später bin ich zu Hause und ich schmeiße mich in Schlafsachen, bevor ich mich ins Bett werfe.

Ich denke noch ein bisschen über Erik nach und gehe dann auf Whatsapp, um die Statuse durchzulesen. Wer macht's nicht, wenn ihm langweilig ist?

Bei Harper's Status bleibe ich hängen.

"Ausdauer ist ein wichtiges Element des Erfolges. Wenn man nur lang genug und laut genug ans Tor klopft, wird man schließlich jemanden aufwecken. - Henry Wadsworth Longfellow."

Komischerweise fühle ich mich damit angesprochen. Ich hoffe sogar, angesprochen zu sein. Was ich mir nicht erklären kann. Egal.

Mit dem Gedanken an Harper schlafe ich ein.

Liebe sollte nicht kompliziert sein. | girlxgirl {Abgeschlossen}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt