Sie betraten den Besprechungsraum des irischen Sanktuariums. Valkyrie ging an den bereitstehenden Computer und öffnete eine Datei namens „Lord Vile", die auf dem Whiteboard erschien. Es war eine Karte von der weiteren Umgebung mit mehreren Kreisen.
„Blau steht für Sichtung", erklärte Valkyrie. „Rot für..." Sie pausierte.
„Opfer", sprang Diamond ausdruckslos ein und sah mit ihrem üblichen neutralen Blick auf die Abbildung, den sie immer hatte, wenn sie auf einem Job besonders professionell agieren musste.
Valkyrie nickte. „Seht ihr irgendein System?"
„Nein", gaben sie beide nach einer Weile zu.
„Ganz genau. Nicht nur ist das unvorteilhaft, wenn wir ihn finden wollen, auch ergibt es keinen Sinn. Vile war immer zielgerichtet. Hat nur angegriffen, wenn er eine Bedrohung gesehen hat."
„Vielleicht dreht er bloß durch", schlug Nuce vor.
Sie schüttelte den Kopf. „Das bezweifle ich. Unter anderem, da die meisten Opfer Sterbliche sind. Er hat sich nie für Sterbliche interessiert. Warum jetzt?"
„Wann war sein letzter... Ausbruch?", fragte Diamond.
„Etwa drei Monate bevor ich zurückgekehrt bin."
„Das heißt, sobald ihr zusammen ward ist für zwei Jahre nichts passiert. Und jetzt plötzlich. Was kann das ausgelöst haben?"
„Wir haben uns gestritten", seufzte Valkyrie. „Ich habe herausgefunden, dass Vile immer wieder Kontrolle übernommen hat. Durch Zufall. Er hat mir nichts davon erzählt."
Diamond nickte langsam und verstehend.
„Ich grabe nicht gerne in Ammenmärchen, aber Skulduggery ist berühmt für seine Wut. Purer Hass soll ihn von den Toten auferstehen haben lassen. Vielleicht ist diese Wut wie eine Art... Schalter."
Valkyrie seufzte. Sie wusste, dass er mit Vile Wut verband. Es war scheinbar die treibende Kraft. Aber es passte nicht ins Bild. Nicht dieses Mal. „Er war nicht wütend, an dem Tag. Eher..."
„Schuldig?", warf Diamond ein.
Sie sah sie überrascht an.
„Ich finde es nicht sehr weit hergeholt, dass er Schuldgefühle empfindet, nach allem was passiert ist. Dann hat die Sache mit Darquesse ereignet und du hast im Grunde das gleiche Schicksal erlebt wie er. Weil er dein Partner ist und du durch ihn erst Kontakt mit der magischen Welt aufgenommen hast", erklärte sie. „Du kommst aus Amerika zurück, erholt, die Transformationen hören auf. Du wirfst ihm vor, dass er dir nichts gesagt hat und Vile kommt hervor. Für mich klingt das, als würde eher das der Auslöser sein."
Valkyrie strich sich seufzend durch die Haare. Ein ähnlicher Gedanke war ihr auch bereits gekommen, aber sie hatte gehofft, dass es nicht so war. Wäre der Auslöser für die Ausbrüche wirklich Schuldempfinden, dann konnte man es nicht dämpfen. Man konnte ihn nicht einfach beruhigen und das Problem verschwand.
„Er spielt mit ihm", sagte sie leise. „Vile. Wenn er die Chance hatte auszubrechen, hat er systemlos Menschen getötet, um Schuld auszulösen."
„Und diese Schuld hat ihm geholfen, wieder auszubrechen", hängte Diamond an. „Ein Teufelskreis."
„Also, Sekunde. Wenn ich das jetzt richtig verstehe, wollt ihr damit sagen, dass Lord Vile Skulduggery austrickst um öfter an die Oberfläche treten zu können? Aber er ist Skulduggerys Unterbewusstsein. Sein eigenes Unterbewusstsein versucht ihn zu unterdrücken?" Nuce sah mehr als verwirrt aus.
„Mit Darquesse war es nicht anders", seufzte Valkyrie. „Sie hat ebenfalls versucht mich zu verdrängen, die Kontrolle zu übernehmen. Als sie den Körper meines Spiegelbildes übernommen hat, hat sie sogar versucht mich zu töten."
„Puh", machte Nuce und blies seine Wangen auf.
„Jetzt haben wir aber eine neue Situation", merkte Diamond an. „Die Male davor war er mit anderen Bedrohungen beschäftigt und nach dem Krieg warst du nicht in der Nähe. Aber jetzt bist du in Irland und die ideale Möglichkeit die größte Menge an Schuld auszulösen."
„Du meinst er will sie töten? Warum hat er es noch nicht getan?"
„Ich war immer von anderen umgeben. Die Gefahr, dass ich Skulduggery erreiche und seine Tarnung auffliegt war zu hoch. Vile ist nicht dumm. Wenn dieses Geheimnis ans Licht kommt ist Skulduggery nicht mehr sicher und er somit auch nicht", schloss Valkyrie.
„Wenn wir Valkyrie also auf einem Silbertablett servieren, könnte er eventuell auftauchen", sagte Nuce.
„Eventuell", bestätigte diese.
„Wir müssen es versuchen", sagte Diamond. „Es bleibt nicht mehr viel Zeit."
„Und was ist der Plan?", fragte Nuce skeptisch. „Soll sie sich auf eine Wiese stellen, nach ihm schreien und hoffen, dass er auftaucht?"
Valkyrie schüttelte den Kopf. „Er wird eine Falle wittern."
„Was ist mit Orten, die dich, ihn und Skulduggery verbinden? Du könntest einfach dort hingehen, als ob du in Erinnerungen schwelgen würdest. Vielleicht macht ihn das aufmerksam."
Nuce sah nicht sehr überzeugt aus.
„Das ist zumindest ein Ansatz", sagte Valkyrie. „Die beste Idee seit Tagen. Lasst es uns ausprobieren."
Und das taten sie. Sie begaben sich zu dem Ort, an dem Darquesse Vile und Valkyrie in die Luft gesprengt hatte. Nuce und Diamond versteckten sich hinter einer Hauswand und sie bewegte sich langsam über den Platz. Die Hände in der Hosentasche und mit möglichst hängenden Schultern, versuchte sie ihre geknickte Stimmung nach Außen aufzutragen, um tatsächlich so zu wirken, als wäre sie zur Trauer hier. Sie schlich auf den Platz und blieb irgendwann in der Mitte stehen. Dort drehte sie sich langsam im Kreis, hielt inne, starrte möglichst abwesend auf einen Fleck am Boden.
„Komm schon", murmelte sie und schielte unauffällig in alle Richtungen. Kein Lord Vile.
Sie wartete noch eine ganze Weile, sah hierhin, dahin, versuchte sogar ein paar Tränen hervorzurufen, doch die Anspannung machte es unmöglich. Irgendwann musste sie einsehen, dass er nicht auftauchen würde.
Enttäuscht atmete sie tief aus und begab sich zurück zu Diamond und Nuce. Sie zuckte die Schultern. „Das war nicht sonderlich erfolgreich."
„Vielleicht hat er uns gesehen", schlug Diamond vor.
„Und hatte Angst?", lachte Nuce.
„Das nicht. Aber vielleicht kennt er den Einfluss, den du ausüben könntest, Valkyrie. Er würde dich überraschen wollen. Auf jeden Fall wäre das ein Vorteil, denn dann hättest du scheinbar tatsächlich einen Einfluss."
„Vielleicht interessiert es ihn auch einfach nicht", sagte Nuce.
Diamond warf ihm einen Blick zu.
„Was denn? Es ist eine Möglichkeit."
Dazu sagte niemand mehr etwas. Sie gingen langsam wieder zurück zu Valkyries Auto und begaben sich zurück ins Sanktuarium. Als sie im Besprechungsraum ankamen, stand gerade die Älteste vor dem Whiteboard und sah sich die Karte an. Währenddessen malte ihr Assistent einen weiteren roten Kreis in die Datei.
„Was ist passiert?", fragte Valkyrie geschockt.
China Sorrows drehte sich langsam zu ihnen um und bedachte sie alle mit einem kühlen, musternden Blick. Kurz blieb Diamond der Atem in der Kehle stecken, von der Schönheit die sie traf. Auch Nuce starrte sie mit großen Augen an.
„Vor ein paar Minuten. Wieder ein Sterblicher. Wer ist das?"
Valkyrie holte tief Luft und ihre eine Hand ballte sich. Mit der anderen wies sie auf die beiden Leibgarden. „Unterstützung. Diamond Irie und Nuce Evans."
China nickte und sah aus, als würde sie die Namen erkennen. Ob es an Nuces Verwicklung in die Explosion im Englischen Sanktuarium lag, oder Diamonds Verbindung zu Dexter, wusste sie nicht.
„Dann erwarte ich, dass diese Unterstützung zu Ergebnissen führt", sagte China und ging, oder besser: schwebte aus dem Raum. Nuce sah ihr nach, als hätte gerade die größte Liebe seines Lebens sein Herz gebrochen.
Diamond stieß ihm in die Rippen.
„Ich glaube ich bin verliebt", murmelte er.
„Das denken alle Typen, die sie treffen", erklärte Valkyrie vollkommen humorlos. Sie starrte mit einem leeren Blick auf die Karte.
Diamond legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Wir finden einen Weg."
„Ach ja!?", rief sie plötzlich aus und fuhr herum, schlug die Hand weg. In ihren Augen tobte Wut und noch etwas anderes.
„Du kannst nicht aufgeben..."
„Denkst du das weiß ich nicht? Denkst du, ich würde für eine Sekunde IN BETRACHT ziehen aufzugeben!?"
Diamond versuchte ruhig zu bleiben und die verzweifelte junge Frau nicht noch mehr aufzuregen.
„Valkyrie", sagte sie möglichst sanft. „Ich weiß, dass es schwer ist. Aber..."
„Du weißt gar nichts", zischte sie, diesmal die Stimme bedrohlich gesenkt. „Ihr fühlt euch so toll, was? Die unschuldigen, perfekten Bodyguards. So neutral und fehlerlos. Ihr habt keine Ahnung, wie das ist, wenn man keine Kontrolle hat. Wenn man zusehen muss, wie dieses DING in einem alles kaputt macht."
Diamond erwartete eine giftige Antwort von Nuce, doch der schwieg und sah auf einen Punkt auf den Boden. Sie entschied, dass sie nicht die richtigen Worte finden würde. Und sie wusste, dass sie sich niemals wirklich in Valkyrie oder Skulduggery hineinversetzen können würde. Also schwieg sie und sah sie ruhig an. Hielt ihren Blick fest und wartete einfach.
Irgendwann fuhr sie sich heftig übers Gesicht und sackte ein wenig zusammen.
„Hey", Diamond nahm sie leicht an den Schultern. „Seit wir hier waren, haben wir nur einen Versuch unternommen. Ist doch logisch, dass wir nicht sofort auf Gold stoßen. Wie wäre es, wenn du für heute eine Pause machst, etwas isst, ein wenig schläfst. Und morgen finden wir ihn. Okay?"
„Wir haben keine Zeit für so etwas", widersprach Valkyrie, die Stimme nun jedoch ruhig und erschöpft.
„Wir nehmen sie uns trotzdem. Sieh mal, du kannst ja schon gar nicht mehr geradeaus gucken. Geschweige denn denken. Nur ein paar Stunden und dann sehen wir weiter."
Valkyrie entschied zuhause zu schlafen. Sie wollte heute Abend nicht allein sein. Unter anderen Umständen wäre sie noch wütend. Würde sich schämen über ihren Gefühlsausbruch vor Diamond und Nuce. Doch dafür war sie zu müde. Sie wollte einfach nur noch nach hause.
Sie schloss die Tür auf und entdeckte ihre Mutter, die auf dem Wohnzimmersofa saß und ein Buch las. Diese sah auf, als Val eintrat.
„Stephanie!", rief sie besorgt. „Du siehst ja furchtbar aus!"
Sie zuckte die Schultern und ließ sich auf das Sofa fallen.
Melissa nahm ihren halb getrunkenen Kakao und reichte ihn ihrer Tochter.
„Was ist passiert?", fragte sie, während Valkyrie trank.
„Ich will nicht drüber reden", sagte sie leise.
Melissa war für eine Weile ruhig, dann seufzte sie.
„Steph... Sieh mal, ich weiß, dass du dir ein anderes Leben aufgebaut hast. Ich weiß, dass du dich schon lange von uns entfernt hast. Es hat mich einige Zeit gebraucht es zu verstehen, aber ich akzeptiere es jetzt. Ich verstehe, dass du jetzt eigene Freunde und einen Job hast. Das ist okay."
Val sah auf, um zu sehen, wohin dieser Vortrag führen würde.
„Aber ich bin immer noch deine Mutter", sagte sie und strich ihr über das Kinn. „Du kannst mir alles erzählen. Wenn du Probleme hast. Das weißt du, oder?"
Sie seufzte und nickte aber und merkte dass sie diese Worte rührten. An einem Punkt, der bereits gereizt war und so begannen ihr die Tränen in die Augen zu steigen.
„So", sagte ihre Mutter und zog sie an sich heran, indem sie ihr einen Arm um die Schultern legte. „Und jetzt erzähl mir was los ist."
Das gab ihr den Rest. All die Angst und Anspannung und Aufregungen der letzten vier Tage übermannten sie und sie drückte sich schluchzend an ihre Mutter. Diese streichelte ihr die Haare, bis sie sich ausgeweint hatte.
„Skulduggery?", fragte sie, als Val wieder ruhiger war. Sie nickte.
„Habt ihr euch gestritten?"
Ja, das hatten sie, doch das war nicht wirklich der Grund für ihre Gefühlslage. Oder doch? Sie zuckte mit den Schultern.
„Er ist in Schwierigkeiten", sagte sie schließlich leise. „Aber er schließt mich aus. Ich dachte wir wären offen miteinander, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass... er sich entfernt."
Melissa war kurz ruhig. „Vielleicht glaubt er, dass du es nicht verstehen kannst."
Val seufzte. „Nein. Kann sein. Keine Ahnung..."
„Erzählt er dir diese Dinge denn sonst auch?"
„Bei dem Thema schon", erwiderte Valkyrie, doch dann hielt sie inne. Sie waren bisher ehrlich gewesen, wenn es um Vile oder Darquesse gegangen war, doch hatte er ihr wirklich etwas erzählt? Die einzigen Geschichten von Vile hatte sie von anderen erfahren. Sie wusste bis heute nicht, ob die beiden mental kommunizierten, so wie sie und ihr Alter Ego es getan hatten. Eigentlich wusste sie so gut wie gar nichts.
Ihre Mutter bemerkte ihre Unsicherheit wohl, dann sie tätschelte ihr die Schulter. „Vielleicht fühlt er sich missverstanden. Oder hilflos. Vielleicht weiß er keinen Ausweg und will das nicht zeigen. Er kam mir nie wie ein offenes Buch vor, um ehrlich zu sein."
Da musste sie allerdings zustimmen.
„Vielleicht, wenn er das Gefühl hat, dass es wirklich etwas bringt, dich einzuweihen... Wenn du eine Lösung hast, vielleicht bezieht er dich dann mehr ein", schlug sie vor.
Das kam Valkyrie sogar ziemlich logisch vor. „Ich muss also eine Lösung finden", schloss sie daraus.
Ihre Mutter nickte. „Oder wenigstens etwas das zu einer Lösung führen könnte."
Valkyrie wachte von einem Poltern und hektischen Schritten auf der Treppe auf. Als sie ihre Mutter schreien hörte, sprang sie auf und sprintete los.
Unten im Wohnzimmer stand ihr Vater beschützend vor ihrer Mutter und vor ihnen Lord Vile.
Die Schatten waberten ruhig um seine Rüstung herum, er selbst regte sich nicht, außer um den Kopf zu Valkyrie zu drehen, als sie herunter kam.
Für eine Weile starrten sie sich an, dann trat sie langsam zwischen ihn und ihre Eltern. Strom knisterte an ihren Fingerspitzen.
„Stephanie?", fragte ihre Mutter ängstlich, doch sie ignorierte sie.
„Was tust du hier?", wollte sie wissen.
Vile antwortete selbstverständlich nicht.
„Du willst wirklich so weit gehen? Hier? Mitten in der Nacht, in meinem eigenen Haus?"
Er schickte ein paar Schatten in ihre Richtung, doch sie waren nur schwach, sodass sie sie einfach mit der Hand wegwischen konnte.
„Ich habe keine Angst vor dir", sagte sie bestimmt. „Ich habe keine Angst vor feigen Arschlöchern."
Sie sah die Schatten zucken und schickte ein paar Blitze in seine Richtung. Beides traf sich in der Mitte und verpuffte. Valkyrie grinste.
Dann hörte sie Schritte auf der Treppe. Sie sah herüber und entdeckte Alice, die mit großen Augen am Fuße der Stufen stand. Sie und Vile sahen sich an, dann sprintete sie los.
Sie schmiss sich vor ihre Schwester und spürte die Schatten ihre Haut am Rücken aufschlitzen. Valkyrie schrie und hörte ihren Vater brüllen und Alice kreischen.
Mit Mühe drehte sie den Kopf und wappnete sich, bevor die nächste Runde Dunkelheit in sie hinein krachte. Der Schmerz ließ die Welt rotieren und sie brauchte einen Moment, bis sie sich bewegen konnte. Einen Moment den sie nicht hatte, denn der nächste Angriff würde schnell folgen.
Sie hörte ein lautes Krachen, doch der Schmerz blieb aus. Im nächsten Moment zog jemand Alice aus ihrem Griff. Dann packten sie ihre Hände und zogen sie auf die Füße.
„Valkyrie!", rief eine Stimme, die sie von irgendwoher kannte. Ihre Sicht klärte etwas und sie erkannte etwas Rotes, das sich als Diamonds Haar herausstellte.
Sie blickte über Diamonds Schulter und sah wie Nuce Vile mit einer Explosion nach hinten gegen eine Wand schleuderte.
„Valkyrie, hörst du mich?", fragte das Mädchen vor ihr.
Sie nickte. „Ich bin okay."
Diamond nickte und ließ sie los. Kurz darauf flog Nuce durch den Raum und landete in einer Ecke. Vile bewegte sich auf ihre Familie zu und Valkyrie sandte ihm Blitze entgegen. Seine Rüstung schluckte sie, zitterte und regenerierte sich wieder.
Sie rannte auf ihn zu und setzte zu einem Tritt an, doch schlug ihm stattdessen mit der Faust ans Kinn. Vile taumelte und warf dabei mit Schatten. Valkyrie konnte ihnen ausweichen, doch der zweite Versuch war erfolgreich und sie stolperte zurück.
„Fasst euch an den Händen!", rief Diamond irgendwo und Valkyrie drehte sich rechtzeitig um, um zu sehen, dass Vile ihre Familie attackierte. Doch Diamond war bereits kristallisiert, genau wie ihre Eltern und Alice. Die Schatten prallten bloß an ihr ab und als sie wieder fleischlich war, warf sie eine kleines Messer unter ihrem Arm hindurch.
Mit einer Waffe hatte er nicht gerechnet, wodurch die Klinge ihn zusammen zucken ließen. Valkyrie nutzte den Moment, um Blitze nach ihm zu werfen. Gleichzeitig traf ihn eine Explosion und sandte Vile durch die niedergerissene Haustür.
Er war sofort wieder auf den Beinen, doch griff nicht an. Für einen Moment musterte er alle Anwesenden, dann schlossen sich die Schatten um ihn und schluckten ihn.
Dass ihre Beine weg knickten, bemerkte sie erst, als Nuce sie auffing. Sie hörte ihre Eltern entsetzt aufschreien. Eine Welle des Schmerzes erfasste sie, doch Nuce hielt sie fest, sodass sie auf den Knien aufrecht hocken blieb. Er schloss die Arme um sie und Valkyrie wusste nicht warum, doch sie schloss die Augen und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
Er sprach mit ihr, sie konnte es an den Vibrationen spüren, doch seine Stimme ging in dem Brummen in ihren Ohren unter.
Irgendwann wurde ihr Mund geöffnet und etwas hineingelegt. Sie begann darauf herum zu kauen und das Blatt ließ den Schmerz beinahe augenblicklich verschwinden. Sie nahm nun wahr, dass Diamond leise auf sie einredete, während sie an ihrem Rücken hantierte. Dann waren ihre Finger an ihrem Bauch und den Rippen und tasteten sie ab, während Nuce sie weiter stützte.
„Siehst du, halb so wild", sagte Diamond gerade und Valkyrie meinte zu spüren, dass die Blutung an ihrem Rücken aufgehört hatte. „Nur ein paar Kratzer."
Sie wurde aufgerichtet und Arme umfingen sie, diesmal die ihrer Eltern. „Alles okay", murmelte sie.
Ihre Eltern redeten besorgt und aufgeregt mit ihr doch sie konnte sie kaum verstehen.
„Komm", sagte Diamond und sie wurde wieder weggeführt. „Wir bringen dich in die Dusche. Die Creme die ich aufgetragen habe muss wieder abgewaschen werden."
Nuce sah zu, wie Diamond Valkyrie die Treppe hinaufführte. Er rieb sich seinen schmerzenden Hinterkopf an der Stelle, an der er gegen die Wand geknallt war. Das Schmerzblatt war eigentlich für ihn gedacht, doch Valkyrie hatte es dringender gebraucht, also musste er jetzt wohl die Zähne zusammenbeißen.
„Wer war das?", keuchte Valkyries Vater entsetzt. Er war blass und hielt seine geschockte Frau und Tochter in den Armen.
„Sein Name ist Lord Vile", sagte Nuce. „Er ist Totenmagier und wahrscheinlich einer der mächtigsten und gefährlichsten Magier die je existiert haben."
Desmond schloss den Mund.
„Und wer sind Sie?", fragte Melissa nun.
Er versuchte ein Lächeln und streckte ihr die Hand entgegen. Nach einem verunsicherten Zögern ergriff sie sie, dann ihr Mann. „Nuce Evans", stellte er sich vor. „Meine Partnerin ist Diamond Irie. Wir sind Leibgarden. Wir haben vor dem Haus im Auto Wache gehalten."
Melissa nickte. „Und warum will dieser Mann meine Tochter umbringen?"
Nuce seufzte. „Es ist sehr kompliziert. Aber sie können sich sehr sicher sein, dass das nicht geschehen wird, solange meine Partnerin und ich auf sie aufpassen. Vile ist geflohen weil er mächtig ist, es aber nicht mit drei Magiern auf einmal aufnehmen kann. Zumindest nicht mit uns drei." Es fiel ihm nicht schwer die Theorie überzeugend über die Lippen zu bringen, doch Nuce wusste, dass dies mit Sicherheit nicht der Auslöser war, durch den der Totenmagier verschwunden war. Auch wenn er nicht wusste, was der wahre Grund war.
Melissa begann sich wehmütig in ihrem verwüsteten Wohnzimmer umzusehen.
„Machen sie sich darum keine Sorgen. Gleich morgen rufen wir jemanden an, der das hier innerhalb von Minuten wieder hinbekommt... Hören Sie, ich weiß Sie werden sicherlich nicht schlafen können, aber vielleicht sollten Sie wieder in ihre Betten gehen", schlug Nuce vor. „Diamond kümmert sich um Valkyrie und ich passe hier unten auf. In Ordnung?"
Desmond und Melissa sahen sich kurz an, dann nickte Melissa. „Okay. Er wird nicht wiederkommen, oder? Mit Verstärkung?"
Nuce schüttelte den Kopf. „Sicherlich nicht. Vile arbeitet allein."
Das schien sie einigermaßen zu überzeugen, denn sie machten sich auf den Weg nach oben, ihre jüngere Tochter zwischen ihnen. Nuce seufzte. So viel zu ihrem Plan Vile wieder zur Vernunft zu bringen. Oder Skulduggery besser gesagt. Wie auch immer... Meine Güte war das alles verworren...
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Back in Black (deutsch)
FanfictionAls Valkyrie wieder nach Hause kommt scheinen Dinge zuerst harmonischer als erwartet. Doch dann findet sie eine schreckliche Wahrheit über ihren skelettierten Partner heraus, die sich in ihrer Abwesenheit ereignete. Denn wann ist ihr Leben schon mal...