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Am 30. Januar 1971 war Lilys elfter Geburtstag, der auf einen Samstag fiel. Den ganzen Freitagnachmittag hatte Petunia in der Küche gestanden, um Lily den perfekten Geburtstagskuchen zu backen. Lily war wohl in dieser Zeit bei dem Snape-Jungen, mit dem sie in den letzten Jahren Freundschaft geschlossen hatte, obwohl Petunia das nicht gut hieß. Sie mochte die Snapes nicht. Sie waren speziell. Anders. Unheimlich. Die Snapes wohnten in einem kleinen, heruntergekommenen Haus am Ende von Spinners End. Jeder in Cokeworth mied das Snapehaus, denn Tobias Snape schrie und trank die ganze Zeit, und wenn man zu lange vor dem Haus stand, rannte Tobias Snape hinaus und warf mit leer getrunkenen Flaschen von hochprozentigem Alkohol. Seine Frau, Eileen Snape, sah man dagegen selten. Manchmal hörte man ihre Schreie, die den Nachbarn dann zu verstehen gaben, dass sie mal wieder von ihrem Mann geschlagen wurde. Dennoch unternahm niemand etwas, alle verschlossen die Augen und Ohren und achteten darauf, dass ihre Kinder nichts mit einer Person, die den Nachnamen Snape trug, zu tun hatten.

Petunia und Lily wussten dies nun schon eine Weile, und während Petunia sich dementsprechend von jedem Snape fernhielt, traf sich Lily ungeachtet der Meinungen anderer mit Severus Snape – Lily gab ihm sogar den Spitznamen „Sev". Je länger Lily mit Severus „Sev" Snape zu tun hatte, desto mehr hasste Petunia ihn. Er trieb immer wieder und immer weiter einen Keil zwischen die beiden Schwestern. Er sagte Lily, sie sei besonders, anders, eine Hexe. Als Lily das Petunia erzählt und gespannt auf ihre Reaktion gewartet hatte, konnte Petunia nicht anders, als zu lachen. „Als ob so etwas wie Magie existiert", hatte sie gesagt, gefolgt von einem „Du solltest nicht alles glauben, was dieser Snape-Junge dir sagt, er ist komisch." Lily war daraufhin wütend mit Tränen in den Augen in ihr Zimmer gerannt, während Petunia sich kopfschüttelnd, aber immer noch schmunzelnd, ihren Hausaufgaben zuwandte. „Lily ist zehn", sagte sie sich „Sie hat einfach nur zu viel Fantasie."

Seit Lily mit Severus Snape befreundet war, geschahen immer mehr absonderliche Dinge um sie herum. Sie ließ Gänseblümchen aus ihrer Hand wachsen oder flog an der höchsten Stelle von der Schaukel, ohne sich zu verletzen. Ihre Eltern taten es als Geschichte ab und Petunia versuchte, das gleiche zu tun. Zwar glaubte sie Lily nicht, dass sie eine Hexe war, aber unheimlich wurde es ihr schon.

Lily freute sich schon seit Wochen auf ihren Geburtstag. Jeden Abend hatte sie Probleme einzuschlafen. Sie klopfte dann immer an Petunias Zimmertür, weckte sie und kroch letztendlich unter ihre Bettdecke, um Petunia begeistert von ihren Geburtstags­wünschen zu erzählen. Wegen Lilys enormer Vorfreude wollte Petunia Lilys Geburtstag zu etwas ganz Besonderem machen. Auch, um das inzwischen schon nicht mehr allzu enge Band zwischen ihnen zu erneuern und zu festigen. Deswegen stand Petunia an dem Samstagmorgen, auf den sich Lily schon so lange freute, früh auf. Sie wollte sie mit einem Geburtstagsständchen wecken und mit Lily in ihrem Bett frühstücken. Lilys elfter Geburtstag sollte perfekt werden. Also stellte sie sich am Morgen in die Küche und briet Eier mit Speck, nachdem sie beim Bäcker Brötchen geholt hatte.

Sie balancierte Eier, Speck, Brötchen, Butter, Marmelade, heißen Kakao und noch einiges mehr, was Lily gerne aß, mit einem Tablett vorsichtig die Treppe hinauf, um in Lilys Zimmer zu gelangen. Darauf bedacht, ihre kleine Schwester nicht zu wecken, stellte sie das Tablett vorsichtig auf dem Schreibtisch ab, bevor sie anfing, für Lily Happy Birthday To You zu singen, um sie zu wecken. Lily musste noch im Tiefschlaf gewesen sein, denn sie wachte nicht sofort auf, sondern murmelte ein „Noch fünf Minuten", und drehte sich auf die andere Seite. Da es, wie im Januar üblich, sehr kalt war und Lily sowieso immer fror, war das einzige, was neben der Decke zu sehen war, Lilys langes, dickes, rotes Haar, das sich stark von der grünen Decke abhob. Generell war der größte Teil von Lilys Zimmer in grün gehalten, denn Grün war nun mal ihre Lieblingsfarbe. Als Lily wohl langsam aufwachte und realisierte, dass sie Geburtstag hatte, war die Müdigkeit sofort aus ihrem Gesicht gewichen. Die grünen Augen klappten mit einem Mal auf, ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und schließlich setzte sich die nun elfjährige Lily Evans mit einem breiten Grinsen auf. Nachdem Petunia ihr Ständchen beendet hatte, bedankte sich Lily mit einer überschwänglichen Umarmung. Petunia betrachtete die offensichtliche Freude ihrer kleinen Schwester mit einem Lächeln, während sie das Tablett mit dem Frühstück auf Lilys Oberschenkel legte und sich dann neben sie setzte. Während sie die Brötchen, die Petunia besorgt hatte, und den Rest von Lilys Frühstück gemeinsam aßen, kamen ihre Eltern hinein, die in der Zwischenzeit auch aufgewacht waren, und gratulierten ihrer jüngsten Tochter, bevor sie Lily ihre Geschenke überreichten.

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