19 - Phil

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PHIL

Übermütig wie lange nicht mehr fuhr ich mit dem Auto meiner Eltern ins Just chill. Sie hatten es mir heute als Belohnung geliehen, da ich die Hauptrolle in Peter Pan ergattert hatte, und auch das bisschen Regen, das auf die Frontscheibe prasselte, konnte meine Stimmung nicht trüben. Ich, Phil McKinley, war auf dem besten Weg nach Hollywood! Okay, wir wollen nicht übertreiben.

Doch obwohl es nur so eine kleine Rolle in irgendeinem dämlichen Schultheaterstück war, war ich total aus dem Häuschen. Die Treppenstufen ins Café hüpfte ich auf einem Bein und wäre beinahe ausgerutscht, hätte mir nicht in letzter Sekunde ein Gast, der das Just chill verlassen wollte, die Türklinke in die Hand gedrückt.

„HEUREKA!", rief ich laut und beachtete nicht die amüsierten und teils entsetzten Blicke der anderen, als ich auf Dex zulief, der sich an einen kleinen Ecktisch gesetzt hatte. Nachdem ich ihm von meinem Erfolg beim Theater erzählt hatte und wie üblich ein kleiner Schlagabtausch zwischen uns folgte, wer die dümmeren Sprüche auf Lager hatte und ich Dex doch wirklich dazu überreden konnte, heute nichts mehr zu rauchen, wurde ich schließlich etwas ernster. „Seit wann kommst du denn auch montags ins Just chill?", fragte ich ihn neugierig.

„Nicht so schnell, mein Kleiner. Erst will ich meinen Kuss haben."

„Natürlich kriegst du den", seufzte ich, verdrehte die Augen und drückte ihm einen fetten Schmatzer auf die Wange. Ich war ja auch noch nicht genug aufgefallen heute mit meinem Verhalten.

„Und jetzt beantworte meine Frage", wiederholte ich und ließ ihn nicht aus den Augen.

„Seit Palma mich mit Kaffee abfüllt und Muffins als Waffe entdeckt hat, um mich mundtot zu machen", antwortete Dex und lachte Palma an, die ihm soeben den Kaffee und die wirklich zum Anbeißen aussehenden Kuchenstücke servierte. Misstrauisch zog ich die Augenbraue hoch und sah Palma wartend an. Sie strich sich ihre Haare hinters Ohr und blickte nervös auf ihre Füße.

„Normalerweise ist sie auch wirklich lustig", ergänzte Dex. „Du verunsicherst sie nur."

„Dass ich nicht lache, haha", meinte ich trocken und wandte mich dann wieder an Palma. „Wie kommt es, dass du ihn so verwöhnst und mich nicht?"

Damit entlockte ich ihr ein Lachen und hatte den Bann, der aus irgendwelchen Gründen zwischen uns geherrscht hatte, gebrochen. Sieh an, wie viel mehr doch immer in Menschen steckt, als es auf den ersten Blick scheint.

„Was möchtest du denn haben, mon petit chou", fragte sie und zwang sich, möglichst ernst zu gucken, so als hätte sie mich nicht soeben einen kleinen Kohlkopf genannt. Doch da hatte sie meine Französischkenntnisse wohl unterschätzt. Ich konnte nach zwei Jahren zwar nicht mehr wirklich viel, doch Schimpfwörter und dumme Sprüche gingen doch immer. Und wie gut, dass Madame Besnier mit uns vor allem Bestellungen in Restaurants oder Cafés wie diesem hier immer wieder geübt hatte.

Je préfère rien", entgegnete ich und nickte bekräftigend, als sie mich anschaute, als hätte ich nichts in der Birne.

„Hallo? Freunde? Ich bin immer noch hier und verstehe eure magische Zaubersprache nicht", mischte sich Dex genervt ein und wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum.

„Er hat nur in wirklich bezauberndem Französisch gesagt, dass er nichts bestellen möchte", beruhigte Pama ihn und der Sarkasmus in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Ich mag sie, beschloss ich in diesem Moment. Sie lässt nichts auf sich sitzen, auch wenn man auf den ersten Blick niemals ahnen würde, was wirklich in ihr steckt.

„Wieso trinkst du nichts?" Dex' Blick war verständnislos, aber anscheinend irritierte ihn mein Verhalten nicht genug, um nicht nach einem der drei Schokomuffins auf dem Teller vor ihm zu greifen und genüsslich in ihn hineinzubeißen.

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