11. Kapitel

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Während ich sie noch beobachte, seufzt sie im Schlaf und dreht sich unruhig um. Ob sie Albträume hat? Ein Schauder durchläuft ihren Körper, sie friert auf dem kalten Boden. Ich drehe mich auf den Rücken, rutsche näher an sie heran und packe sie leicht an den Armen. Dann ziehe ich sie langsam und vorsichtig auf mich drauf, bis sie einfach ganz grade auf mir liegt, den Kopf auf meiner Brust. Ich vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren. Mein Mädchen, eines Tages werde ich sie so nennen können. Erfüllt von diesem Gedanken schlafe ich auch ein.

Sam POV:

Als ich aufwache, weiß ich erst nicht, wo ich bin. Es ist dunkel und warm, obwohl ich spüre, dass der Raum um mich rum eigentlich kalt ist, und das Bett bewegt sich irgendwie auf und ab. Ein warmer Luftstrom fährt durch meine Haare, begleitet von einem leisen Schnarchen. Ich richte mich vorsichtig ein Stück auf und runzele die Stirn. Ich liege auf... Kenny? Bin ich nicht auf den kalten Matten eingeschlafen? Ich muss mich irgendwie auf ihn draufgewälzt haben im Schlaf, wie peinlich. Erstickt er denn nicht unter meinem Gewicht? Wie, um meine Gedanken zu bestätigen, grunzt er im Schlaf und atmet einmal tief ein, sodass ich auf seinem Bauch durchgeschüttelt werde. Jeder normale Mensch würde jetzt langsam von ihm runtersteigen, um ihn nicht zu wecken; ich nicht. Weil ich mich nicht von ihm losreißen kann, lehne ich mich vorsichtig wieder runter, um ihn gleichmäßiger zu belasten und meine Haare streifen sein Gesicht. Er lächelt leicht im Schlaf und sieht dabei so jung und glücklich aus, dass ich mitlächeln muss.

Es ist aber ein trauriges Lächeln. Nach dem, was er gestern zu mir gesagt hat, scheint es ihm manchmal echt mies zu gehen mit seinen Depressionen. Ich frage mich, was seine Familie damit zu tun hat, was mit Mandy war, ob er sich mir jemals ganz öffnen wird und wenn ja, ob ich ihm überhaupt helfen können werde. Ich frage mich, wie seine Depressionen aussehen. Meine Panikattacken sind immer so offensichtlich, aber was ist, wenn er zwischendurch die halbe Zeit depressiv ist und ich es nur nicht mitbekomme? Mein Kopf beginnt, weh zu tun und mit ihm auch mein Nacken. Gestern nach Kenny's Massage hab ich nichts mehr davon gemerkt aber heute kommt auch der stress wegen dem Auftritt wieder. Was, wenn ich einen Blackout kriege? Was, wenn ich beim Tanzen doof aussehe? Und was, wenn ich nicht bis Kuba komme? Stop, Sam. Du hattest eindeutig genug Panikattacken in letzter Zeit. Konzentrier dich einfach auf Kenny und versuch, noch ein bisschen zu schlafen, bis sie euch finden.

Seufzend lege ich den Kopf in seine Halsbeuge und schließe die Augen. Als ich gerade wieder am Wegdämmern bin, bewegt er sich vorsichtig unter mir und flucht leise vor sich hin. Ich hebe den Kopf. "Morgen Kenny", murmele ich verschlafen. "Oh, hey, Kleine", lächelt er verlegen. "Hab ich dich geweckt? Ich wollte mich nur anders hinlegen weil du auf meiner Blase liegst und ich echt pissen muss grad." Trotz seiner Wortwahl muss ich lachen. Meiner Mutter würden bei dem Wort 'pissen' die Ohren schlackern. Wenn ich mich so ausdrücken würde, würde sie mich wahrscheinlich enterben oder sowas. Kenny sieht mich fragend an.

"Nein, nein ich war schon wach", antworte ich. Einen Moment lang verfallen wir in ein peinliches Schweigen, bis ich mich schließlich vorsichtig aufrappele. "Was meinst du, wie spät es ist?", frage ich ihn. "Ob sie mit den Auftritten schon angefangen haben?"

"Nein, Sam, quatsch. Muss ich dir wirklich nochmal sagen, dass die dich als Vierte in deiner Gruppe brauchen und mich in der Jury? Es wird so um die sechs Uhr morgens sein, also mach dir mal nicht ins Hemd. In ner stunde oder so stehen die alle auf und suchen uns und wenn sie uns dann nicht finden, gehen sie frühstücken und danach in die Proberäume, wo sie dann Generalprobe für die Auftritte machen. Klar finden die uns!" Er dreht sich um, aber ich sehe noch, wie er die Augen verdreht. Ich bin echt nervig, oder? Langsam gehe ich zu ihm.

"Hey, tut mir leid. Ich bins nur so gewohnt, mir wegen allem Sorgen zu machen, ich kann das nicht von heute auf morgen ablegen. Es tut mir echt leid aber ich versprech, dass ich es versuchen werde und..." Kenny dreht sich um und nimmt mich in den Arm. "Kleine, hör auf dich ständig zu entschuldigen. Es ist nicht deine Schuld, dass du Probleme hast und ich versteh das okay? Alles ist gut."

Little Big Secret (Kay One) (on hold)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt